OMV ADAC Rallye (10. - 13. August 2006)
Hinkelsteine dienen der Charakter-Bildung
Der zweifache Rallye Weltmeister Röhrl beantwortet Fan-Fragen
München (ots)
Im Vorfeld des deutschen Weltmeisterschaftslaufes OMV ADAC RALLYE (10. - 13. August) rund um Trier, Baumholder und Saarland stellten zahlreiche Fans der Rallye-Ikone Walter Röhrl (14 WM-Siege, Weltmeister von 1980 und 1982) ihre Fragen. Hier die wichtigsten Antworten des 59-jährigen Regensburgers:
Peter K. aus Florstadt: "Was denken Sie über Weltmeister Sébastien Loeb - und werden Sie ihn persönlich bei der OMV ADAC Rallye beobachten?"
Röhrl:"Sébastien Loeb ist für mich der Prototyp eines Weltklasse-Fahrers, ein großes Naturtalent. Es ist nur schade, dass er außer vom Finnen Marcus Grönholm kaum Gegendruck erfährt. Denn nur unter Druck ist man zu noch besseren Leistungen fähig. Aber ich lasse mich am Rallye-Wochenende persönlich überraschen, ob sich die Wettbewerbssituation nicht doch noch verändert."
Andy R. aus Sprockhövel: "Werden Sie nochmals bei der Rallye Köln-Ahrweiler starten - und wenn ja, mit welchem Fahrzeug?"
Röhrl: "Sicherlich, aber dann auch mit besseren Reifen auf möglichst einem Porsche 911."
Holger H. aus Trier: "Was sagen Sie zu der derzeitigen Situation des Subaru-Werksteams und dessen Topfahrer Petter Solberg?"
Röhrl: "Ich wundere mich nur über den Defekt-Teufel bei Subaru, zumal sie bisher immer zu den Spitzenreitern zählten - aber mehr kann ich aus der Distanz heraus nicht dazu sagen."
Micha B. aus Daun: "Ich bin ein leidenschaftlicher Rallye-Fan und möchte nun nach diversen Fahrer-Seminaren aktiv starten. Raten Sie mir als Anfänger nun zu einem Rallye-Auto mit Front- oder mit Heckantrieb?"
Röhrl: "Ich persönlich habe Hecktriebler immer mehr gemocht, damit bin ich groß geworden. Sie sollten aber mit einem Fronttriebler anfangen, weil der vom Fahrverhalten her den im Spitzensport üblichen Allradlern näher kommt. So würde Ihnen beim Aufstieg in die Topklasse der Umstieg auf einen WRC mit Allradantrieb erheblich leichter fallen."
Gregor M. aus St. Wendel: "Haben Sie sich früher den Aufschrieb auf deutsch oder englisch vorlesen lassen?"
Röhrl: "Natürlich in deutsch, denn damals fuhren wir erheblich längere Etappen als heute, und von daher habe ich meine Kondition nicht noch mit Englisch-Kenntnissen schwächen wollen. Schließlich reagiert der Mensch auf seine Muttersprache selbst im Halbschlaf."
Eric M. aus Merzig: "Ich möchte zukünftig als Beifahrer bei Oldtimer-Rallyes starten - wie kann ich mich als Neuling besser darauf vorbereiten?
Röhrl: "Da kann ich eigentlich nur die ADAC-Beifahrerschule empfehlen, weil einem dort das gesamte Aufgabenspektrum kompakt beigebracht wird."
Patrick S. aus Nürnberg: "Wie unterscheiden sich die WM-Rallyes von vor 25 Jahren und heute?"
Röhrl: "Bei früheren Rallyes wurde mehr Wert auf Zuverlässigkeit und Ausdauer gelegt - wir fuhren erheblich längere Strecken und mehr Prüfungen. Heute sind die WM-Läufe eine Aneinanderreihung von mehreren Mini-Rennen, wo eher Sprinter-Qualitäten gefragt sind. Die Rallye-Autos von heute sind untereinander ziemlich gleich wertig und für jede Rallye speziell abgestimmt. Früher mussten wir eine mangelhafte Fahrwerksabstimmung oder andere Nachteile auf Schotter bzw. Asphalt mit unserem Fahrtalent ausgleichen, das ist heute nicht mehr möglich."
Markus N. aus Kerpen: "Welche wird die schwierigste Etappe oder Prüfung bei der diesjährigen OMV ADAC RALLYE sein?"
Röhrl: "Die Weinberg-Prüfungen an der Mosel und die schnellen Asphalt-Pisten im Saarland haben zweifellos ihre Reize, doch Baumholder halte ich nach wie vor für die schwierigste Etappe. Ich weiß auch, dass viele Fahrer-Kollegen von heute über die so genannten Hinkelsteine nörgeln, doch diese Betonrandsteine gehören einfach zum Rallyesport. Hirnlose Helden werden dadurch schnell eingebremst und lernen, eine sauberere Linie zu fahren. Von daher dienen diese Hinkelsteine sogar einer gewissen Charakter-Bildung des Fahrers."
Alexander Z. aus München: "Wo bleibt der deutsche Nachwuchs? Fehlt es an Geld oder mehr an Talenten?
Röhrl: "Geld hat immer gefehlt, das war zu meinen Anfängen nicht anders als heute. Dank der aktuellen Förderprogramme für den Nachwuchs - auch seitens des ADAC - blitzt auch das ein oder andere Talent durch. Doch oft habe ich das Gefühl, diese Buben kämpfen nicht konsequent genug für ihren Erfolg - vielleicht sind wir alle zu bequem geworden und haben dabei den Biss verloren."
Marc S. aus Hamburg: "Warum wird bei der Rallye-WM nicht mehr im Dunkeln gefahren?"
Röhrl (Seine bravourösen Nacht- und Nebel-Bestzeiten quittierten Mitbewerber damals mit dem Hinweis, dass der Bayer wohl Röntgen-Augen haben müsse.): "Die Nachtfahrten von früher sind ein Mosaikstein mehr, den man mit der Modernisierung hin zu Sprint-Rallyes entfernt hat. Die Rallye-Nacht ist heute zum Schlafen und nicht zum Gucken da, was ja durchaus auch eine angenehme Seite hat."
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