ZEIT: Kurt Sontheimer antwortet Norbert Frei: "Studentenrevolte war keine Nachgeschichte der NS-Zeit"
Hamburg (ots)
Der prominente Politikwissenschaftler Kurt Sontheimer widerspricht in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT der Behauptung des Historikers Norbert Frei, "man müsse 'Achtundsechzig' als eine 'Nachgeschichte des Nationalsozialismus' verstehen".
Sontheimer: "Mir ist aus meiner eigenen Erfahrung an der FU Berlin nicht bekannt, dass die 68er, von Einzelfällen abgesehen, sich ernsthaft mit der Vergangenheit und ihrer Geschichte beschäftigt und auseinander gesetzt hätten ... Die 68er waren zwar schnell fertig mit dem Wort, wenn sie die Generation der Herrschenden als Nazigeneration diffamierten, aber an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Vergangenheit waren sie nicht interessiert und haben dafür auch nichts geleistet."
Weiter schreibt Sontheimer, den 68ern sei es mit der Zeit gelungen, in der Bundesrepublik "ein rundum positives Bild von der Bedeutung ihrer Revolte für die Entwicklung und Modernisierung der deutschen Demokratie und Gesellschaft zu verbreiten". Bezeichnend sei es auch gewesen, daß in dem bekannten Interview, das der Studentenführer Rudi Dutschke 1968 mit Günter Gaus im Deutschen Fernsehen führte, von der deutschen Vergangenheit überhaupt nicht die Rede war.
Für Sontheimer hatte der Protest vielmehr ideologische Wurzeln. Diese Ideologien "trieben die 68er in den Kampf gegen den bürgerlichen Staat mit kapitalistischer Wirtschaftsordnung, und zwar ganz unabhängig davon, ob ehemalige Nationalsozialisten in ihm ein Unterkommen gefunden hatten oder nicht. Das System der westlichen Demokratie war falsch und sollte darum mit allen Mitteln bekämpft und überwunden werden."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 07/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 8. Februar 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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