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Börsen-Zeitung: Zeichen der Ermüdung, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Liebhaber von Statistiken kommen dieser Tage
ganz auf ihre Kosten. Denn die Märkte tun genau das, was sie von 
ihnen erwarten. Der Dax ist mit Verlusten von in der Spitze 3,7% in 
seinen traditionell schwächsten Monat gestartet, in dem er im 
historischen Durchschnitt 2,2% eingebüßt hat. Auch der feste 
Goldpreis, der wieder an der Schwelle von 1000 Dollar anklopft, 
schickt sich an, die Norm zu erfüllen. Die durchschnittliche 
September-Performance des Edelmetalls beläuft sich auf +2,9%.
Allerdings haben diese Bewegungen wenig mit dem Start des 
Septembers und den historischen Durchschnitten dieses Monats zu tun. 
Ursache ist vielmehr die Wette der Märkte auf eine schnelle und 
nachhaltige konjunkturelle Erholung, die jetzt zurückgefahren wird. 
Die entsprechenden Kursbewegungen zeigen vor diesem Hintergrund nun 
Ermüdungserscheinungen. Es passt ins Bild, dass neben den Aktien auch
der Ölpreis und die Notierungen für Industriemetalle zuletzt 
zurückgefallen sind, sich die Credit-Spreads seit Beginn des Monats 
ausgeweitet haben, der Dollar Stabilisierungstendenzen zeigt und die 
zehnjährige Treasury-Rendite den tiefsten Stand seit Mitte Juli 
erreicht hat.
Als Ermüdungssignal der Erholungs-Rally kann auch die Reaktion auf
erneut positiv überraschende Daten gewertet werden. Der viel 
beachtete US-Konjunkturindex des Institute for Supply Management für 
die verarbeitende Industrie stieg erstmals seit Anfang 2008 wieder 
über die Schwelle von 50 Zählern, die abnehmende Aktivität und 
Wachstum voneinander trennt, und das wesentlich deutlicher, als von 
den Marktteilnehmern erwartet worden war. Dennoch gingen die Kurse 
bei den Aktien und Rohstoffen unter dem Druck von Gewinnmitnahmen 
zurück.
Die Marktkorrekturen lassen sich jedoch nicht nur durch 
Positionsbereinigungen erklären. Auch von fundamentaler Seite erhält 
der Markt Signale, bezüglich der Erholungserwartungen noch etwas 
zurückhaltend zu sein. Die beiden wichtigsten Notenbanken, die 
Federal Reserve und die Europäische Zentralbank, haben durchblicken 
lassen, dass sie Märkten und Wirtschaft noch über eine geraume Zeit 
mit sehr niedrigen Zinsen und unkonventionellen monetären Maßnahmen 
helfen werden. Präziser wäre wohl: Die Währungshüter sind der 
Auffassung, dass die Lage trotz der Stabilisierung immer noch so 
prekär ist, dass die Nothilfen aufrecht erhalten werden müssen.
Bestätigt werden sie von den realen US-Daten, die zuletzt im 
Unterschied zu den Stimmungsindikatoren nicht mehr ganz so positive 
Signale gegeben haben. Dazu zählt neben den hinter den Erwartungen 
zurückgebliebenen Industrieaufträgen insbesondere der Arbeitsmarkt. 
So hat sich die Verlangsamung des Stellenabbaus entgegen den 
Befürchtungen von Teilen des Marktes im August zwar fortgesetzt. Die 
Arbeitslosenrate überraschte jedoch durch einen Anstieg auf 9,7%, was
dem höchsten Stand seit mehr als einem Vierteljahrhundert entspricht.
Dass die Rally an den Aktien-, Rohstoff- und Credit-Märkten ein 
zumindest vorläufiges Ende gefunden hat, ist angesichts des 
derzeitigen Umfelds und der nach wie vor mit erheblichen Risiken 
behafteten Aussichten weit weniger erstaunlich, als es eine 
Fortsetzung der Rally gewesen wäre.
Im Zweikampf zwischen Optimisten und Pessimisten werden demnächst 
wieder die Unternehmen den Schlüssel in die Hand nehmen. In den USA 
beginnt bald die Phase der Vorankündigungen, die bereits einen 
Vorgeschmack auf die Berichtssaison geben werden. Die Sommer-Rally 
wurde von der Berichtssaison zum zweiten Quartal losgetreten, die 
weit weniger schlimm ausfiel als befürchtet, weil die Analysten ihre 
Gewinnschätzungen unter dem Eindruck des konjunkturellen Absturzes 
vom vierten Quartal 2008 und vom ersten Quartal 2009 zu stark 
zurückgeschraubt hatten. Mit den Berichten zum dritten Quartal rückt 
nun eine besonders kritische Phase heran. Denn üblicherweise werden 
bei dieser Gelegenheit auch die Ausblicke auf den kommenden Turnus 
gegeben. Fallen die Ausblicke pessimistisch bzw. zu vage aus, werden 
sich die Zweifel an der Erholung deutlich weiter verstärken.
(Börsen-Zeitung, 5.9.2009)

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