POL-GÖ: (97/2025) Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 der Polizei Göttingen: Mehr Straftaten bei leichtem Anstieg der Aufklärungsquote, mehr Gewalt gegen Polizeibeamte, Fahrraddiebstähle erreichen Höhepunkt
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Göttingen (ots)
GÖTTINGEN (vb/jk) - Der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) Kriminaldirektor Oliver Tschirner (Foto) hat am Donnerstag (20.03.2025) die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2024 für den Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Göttingen (PI) vorgestellt.
Die jährlich erscheinende Statistik befasst sich mit den erhobenen Fallzahlen zu angezeigten und bearbeiteten Straftaten.
"Insgesamt ist festzustellen, dass seit dem Corona-Jahr 2020 mit 20.320 Taten wieder ein stetiger Anstieg des Straftatenaufkommens in Stadt und Landkreis Göttingen zu verzeichnen ist. Dieser Trend setzt sich auch im Jahr 2024 mit insgesamt 25.737 Straftaten (2023: 24.286) fort", erklärt der Kripo-Chef.
Die Aufklärungsquote (AQ), verzeichnet seit 2022 (61,75 %) einen Abwärtstrend. Im Jahr 2023 lag sie bei 58,84%. Im Jahr 2024 wurde zwar wieder ein leichter Anstieg auf 59,03% registriert, der Wert liegt aber, wie schon im Vorjahr, erneut unterhalb der AQ des Landes Niedersachen (2024: 62,77%, siehe auch Pressemitteilung zur PKS 204 unter https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/polizeiliche-kriminalstatistik-2024-niedersachsen-weniger-taten-geringere-haufigkeitszahl-hohere-aufklarungsquote-240258.html)
Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 im Überblick - Mehr Straftaten in Stadt und Landkreis Göttingen registriert - Aufklärungsquote leicht gestiegen Kriminalitätsphänomene im Einzelnen - Weniger Tötungsdelikte - Mehr Fälle Häuslicher Gewalt - Kein Anstieg bei Kinderpornographie - Fallzahlenanstieg bei Gewaltdelikten - Messerangriffe auf konstantem Niveau - Mehr Angriffe auf Polizeibeamte und Rettungskräfte - Fahrraddiebstähle erreichen in Göttingen erneuten Höhepunkt - Serie von Kfz-Sachbeschädigungen und Zigarettenautomatensprengungen beschäftigten Ermittler - Weniger Betäubungsmittelkriminalität - Doppelt so viele Kfz-Totalentwendungen - Leichter Anstieg bei Wohnungseinbruchsdiebstahl - Weniger Straftaten durch junge Menschen
Die Kriminalitätsphänomene im Einzelnen:
Tötungsdelikte
In der PI Göttingen wurden im Jahr 2024 drei Tötungsdelikte (2023: 7), davon zwei im Versuchsstadium, im Fachkommissariat 1 des Zentralen Kriminaldienstes bearbeitet. Die Aufklärungsquote betrug hierbei 100%. In zwei der drei geschilderten Fälle kamen Messer zum Einsatz. Im Detail wurde ein Verfahren wegen vollendeten Totschlags (nach § 212 Strafgesetzbuch) eingeleitet, während in zwei weiteren Fällen wegen versuchten Totschlags ermittelt wurde. Unter den Tötungsdelikten dürfte das als Femizid eingestufte Tötungsdelikt im Mai in Göttingen zu erwähnen sein. Der Fall sorgte bundesweit medial und auch in der Bevölkerung für großes Aufsehen. In der Nacht des 5. Mai fanden Beamte nach Eingang eines Notrufes eine 34 Jahre alte Frau leblos und mit schweren Verletzungen in einer Wohnung in einem Mehrparteienwohnhaus im Göttinger Stadtteil Grone auf. Die Göttingerin wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Eine Notärztin konnte nur noch den Tod der Frau und Mutter mehrerer Kinder feststellen. Der mutmaßliche 39 Jahre alte Täter ließ sich seinerzeit vor Ort widerstandslos festnehmen. Das Amtsgericht Göttingen ordnete gegen den inzwischen 40 Jahre alten Mann zunächst die Untersuchungshaft wegen Totschlags an. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Göttingen verurteilte den Angeklagten im Frühjahr 2025 zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes.
Häusliche Gewalt
Die Bearbeitung von Delikten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt erfolgt in Göttingen originär im 1. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes durch speziell geschulte Ermittlerinnen und Ermittler. Auch hier lässt sich im Bereich der PI Göttingen von 2023 (1.282) zu 2024 (1.378) ein Fallzahlenanstieg um 7,49 % feststellen.
Häusliche Gewalt findet täglich in Partnerschaften bzw. im häuslichen Bereich in allen gesellschaftlichen Schichten statt. Sie kann unterschiedliche Formen haben und wird z.B. als Hausfriedensbruch, Nachstellung, Bedrohung, Körperverletzung, Diebstahl oder als Sexualdelikt bei der Polizei angezeigt.
Ein Grund für den weiteren Fallzahlenanstieg ist das veränderte Anzeigeverhalten von Opfer und Zeugen, durch vermehrte Aufklärung. Dies führt zu einer Erhellung des Dunkelfeldes. Zum anderen beinhaltet der Begriff nach neuer Definition nicht nur die Partnergewalt, sondern auch Gewalt innerhalb der Familie. Frauen sind dabei weitaus häufiger als Opfer betroffen, als Männer.
In zahlreichen Fällen wurden 24-stündige Platzverweise für die Wohnanschrift des Opfers oder 10-tägige Wegweisungen von der eigenen Wohnung gegen die Beschuldigten ausgesprochen. Das sind Maßnahmen, die den Opferschutz stärken und dem Opfer Gelegenheit bieten, die persönliche Situation zu reflektieren und dem Leben ggfs. eine neue Richtung zu geben. Häufig werden die 10 Tage der Wegweisung genutzt, bei Gericht eine Gewaltschutzanordnung zu erwirken, die in der Regel dem/der Antragsgegner/-in untersagt, sich dem/der Antragsteller/-in und seiner/ihrer Wohnung auf eine Entfernung von weniger als 50 Meter zu nähern oder sonstigen Kontakt zu ihm/ihr aufzunehmen. Wenn Kinder derartige Gewalt beobachten oder selbst erleben, wird stets das zuständige Jugendamt darüber in Kenntnis gesetzt bzw. das Jugendamt um sofortige Entscheidung über den Verbleib des Kindes gebeten.
"Auch wenn das Dunkelfeld groß ist und derartige Gewalterfahrungen oft im Verborgenen bleiben, wird Gewalt vom Staat nicht toleriert und ist strafbar, denn jeder Mensch hat ein Recht darauf, gewaltfrei zu leben," so Kriminaldirektor Oliver Tschirner.
Im Jahr 2024 wurden drei Hochrisikofälle bekannt, zu denen insgesamt vier Fallkonferenzen durchgeführt worden sind. Die bestehenden Kooperationsstrukturen bei Hochrisikofällen haben sich bewährt, so dass zeitnah schnelle Absprachen mit der Staatsanwaltschaft Göttingen, dem Jugendamt, der Beratungs- und Interventionsstelle etc. gewährleistet und zu treffende Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden konnten.
Dazu die Polizeipräsidentin der Polizeidirektion Göttingen Tanja Wulff-Bruhn: "Gewalt zeigt sich aber eben nicht nur auf der Straße, sondern gerade im scheinbar sicheren Umfeld des eigenen Zuhauses: Wieder über 200 Taten mehr im Kontext häuslicher Gewalt sind nicht hinnehmbar. Leider sind im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Göttingen auch im vergangenen Jahr zwei weibliche Todesopfer zu beklagen: Eine Frau, die von ihrem Ehepartner, sowie ein Mädchen, das von ihrer Mutter getötet wurde. Klar ist: Wir werden auch in Zukunft alles tun, um häusliche Gewalt zu verhindern und da, wo geschehen nachhaltig zu verfolgen. Jeder einzelne Fall wird sehr akribisch analysiert, Maßnahmen mit Zielrichtung der Täter zum Schutze der Opfer konsequent umgesetzt. Der Einsatz einer sogenannten elektronischen Fußfessel beim Täter ist für mich dabei ein wichtiges Instrument zur Verhinderung weiterer Taten. Daher begrüße ich die geplanten Änderungen im niedersächsischen Gefahrenabwehrrecht sehr."
Kinderpornographie
Mit der Bearbeitung von Fällen der Kinderpornographie sind in der PI Göttingen 14 Mitarbeitende im Bereich der Ermittlungen und der Forensik betraut. Dieser hohe personelle Ansatz in Verbindung mit dem Einsatz einer Software, basierend auf Künstlicher Intelligenz, dient der Abarbeitung aller Delikte in diesem Phänomenbereich. Die Fallzahlen bewegen sich im Jahresvergleich auf einem nahezu gleichbleibenden Niveau (2023:226; 2024: 222).
ZKD-Leiter Oliver Tschirner:
"Zu den Aufgaben der ermittelnden Personen zählt neben Durchsuchungen und Vernehmungen, vor allem die Auswertung von sichergestellten oder beschlagnahmten Datenträgern. Diese Tätigkeit stellt für Ermittlungsbehörden eine große Herausforderung dar. Die Massen an Daten und insbesondere die inkriminierten zu sichtenden Inhalte fordern den eigensetzten Kräften eine hohe Professionalität und Belastbarkeit ab."
Gewaltdelikte
Im Berichtsjahr 2024 wurden in der PI Göttingen 825 (2023: 794, 2022: 778, 2021: 633) Gewaltdelikte verzeichnet. Damit sind die Fallzahlen in diesem Deliktsfeld im vierten Jahr in Folge erneut gestiegen. "Gewaltkriminalität" umfasst u. a. die Deliktsbereiche: Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung mit Todesfolge, Gefährliche und schwere Körperverletzung. Darunter fallen somit neben den bereits unter "Tötungsdelikten" dargestellten Fällen, u. a. 60 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen (2023: 46) sowie 2.676 Körperverletzungen (2023: 2.528). Von diesen wiederum sind 632 Taten (2023: 606) den schweren und gefährlichen Körperverletzungen zuzuordnen.
"Die Entstehung von Gewalt ist durch diverse Faktoren begründbar. Kriminologischen Erkenntnissen nach, spielen Abgrenzungsdynamiken durch Perspektivlosigkeit, Desintegration, Verunsicherung und soziale Ungerechtigkeit eine zentrale Rolle. Diese treten durch gesellschaftliche Herausforderungen, wie die Inflation, den Krieg in der Ukraine, die Klimakrise oder die Nachwirkungen der Corona-Pandemie verstärkt zu Tage", erläutert Oliver Tschirner.
Das Phänomen der Messerangriffe wird seit 2020 gesondert erhoben. Seitdem pendeln sich die Fallzahlen in der PI Göttingen bei etwa 100 Taten (2024:101; 2023:97) pro Jahr ein.
Behördenleiterin Tanja Wulff-Bruhn:
"Der seit einigen Jahren anhaltende Negativ-Trend zur Ausübung von Gewalt als legitimes Mittel zur Konfliktlösung ist leider immer noch ungebrochen. Gewaltdelikte steigen erneut, die Zahl der Messerangriffe bleibt auf einem anhaltend gleichen, viel zu hohen Niveau: 422 Taten im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Göttingen - das ist mehr als ein Angriff pro Tag, 577 Menschen wurden dabei - teils schwer - verletzt. Wir werden uns deshalb mit den Kommunen weiter intensiv über Waffenverbotszonen austauschen und besonders gefährliche Orte auch als solche deklarieren, um intensiv kontrollieren zu können. Die Aufklärungsquote dieser Taten konnte auf dem hohen Niveau des Vorjahres 2023 stabilisiert werden und liegt deutlich über dem Landesschnitt. Genau wie bei der Gesamtaufklärungsquote, die sich nach wie vor auf hohem Niveau bewegt, werden wir auch hier nicht nachlassen, die Täterinnen und Täter zur Verantwortung zu ziehen, damit die Bürgerinnen und Bürger weiterhin sicher leben können."
Gewalt gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte Ein erhöhter Anstieg von 16% ist im Bereich der Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen (PVB) und -beamte (2024: 648; 2023: 432) sowie Rettungskräfte (2024: 39; 2023: 30) von 619 auf 719 zu verzeichnen. Im Jahr wurden 2024 hierbei 71 PVB verletzt und waren insgesamt 312 Tage nicht dienstfähig. Beim Silvestereinsatz 2023/2024 wurden im Göttinger Stadtteil Grone aus dem Schutz einer ca. 30 bis 50 Personen großen Gruppe heraus Einsatzkräfte massiv und gezielt mit Pyrotechnik beworfen und auch beschossen. Dreizehn Polizeibeamtinnen und -beamte erlitten u. a. Knalltraumen sowie Abschürfungen hauptsächlich an den Extremitäten. Im Zusammenhang mit dem Geschehen konnte die Polizei noch in der Nacht fünf Tatverdächtige ermitteln und strafprozessualen Maßnahmen unterziehen. Die Ermittlungen wegen Tätlichen Angriffs und Landfriedensbruchs richteten sich gegen zwei Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren sowie drei 28-, 31- und 43 - jährige Männer. Alle kamen aus Grone. Nur wenige Tage später wurden vier Einsatzkräfte bei einem Polizeieinsatz anlässlich des Rewe-Junior-Cups an der Göttinger Lokhalle durch eine gemeinschaftlich agierende größere Personengruppe attackiert und verletzt.
Polizeipräsidentin Wulff-Bruhn:
"Angriffe gegen Polizei- und Rettungskräfte sind im vergangenen Jahr auf den höchsten Stand im Zehn-Jahres-Vergleich geklettert. Dabei wurden insgesamt 1.704 Einsatzkräfte verletzt. Als Teil der Blaulichtfamilie bleibt diese Entwicklung für uns unerträglich. Dass Menschen, die sich täglich für Wohl und Sicherheit ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen, Opfer von Angriffen werden und dann aufgrund von zum Teil schweren Verletzungen tage- oder wochenlang im Polizei-, Feuerwehr- sowie Rettungsdienst oder in ihren Berufen als Ehrenamtler ausfallen, führt neben der körperlichen und psychischen Beeinträchtigung der Opfer zu einem nicht bezifferbaren gesamtgesellschaftlichen Schaden. Diese Abwärtsspirale muss daher auch gesamtgesellschaftlich gestoppt und abgewendet werden. Täter müssen zudem konsequent bestraft werden."
Fahrraddiebstahl
Für die PI Göttingen lässt sich seit Jahren eine Steigerung im Bereich des Fahrraddiebstahles feststellen. Im Stadtgebiet von Göttingen ist es im Jahr 2024 zu 2.803 (2023: 2.599) Fahrraddiebstählen inkl. unbefugter Ingebrauchnahmen von Fahrzeugen gekommen. Die Schadenssumme betrug 4.753.246 EUR (2023: 3.894.112 EUR; 2022: 2.411.999 EUR).
Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsfeld lag 2024 bei 10,06 % und verzeichnete damit eine leichte Steigerung zu den beiden Vorjahren (2023: 8,00%; 2022: 9,59%).
Als Reaktion auf die Entwicklung wurde zum 01.01.2024 eine sechsköpfige Sonderkommission (SoKo) gegründet, die sich speziell mit allen Ermittlungstätigkeiten rund um den Fahrraddiebstahl befasst. Seitdem wurden 1.624 Delikte wurden von der Sondereinheit bearbeitet. Insgesamt ist festzustellen, dass die Gesamtzahl der Fälle mit einer Steigerung von 160 Delikten im Jahr 2024 erneut einen traurigen Höhepunkt erreicht hat.
"Trotz bereits erzielter örtlicher, aber auch überörtlicher Ermittlungserfolge in diesem Phänomenbereich, bleibt die Bekämpfung der nach unseren Erkenntnissen zumeist organisiert agierenden Täter im Fokus unserer polizeilichen Arbeit", sagt dazu Oliver Tschirner, und weiter: "Fahrraddiebstähle bilden insbesondere in Göttingen einen besonderen polizeilichen Schwerpunkt. Das Phänomen führt zudem zu einer spürbaren, großen Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt, das wissen wir, nehmen wir sehr ernst und lassen wir nicht außer Acht. Zur weiteren Eindämmung der Taten werden die eingerichtete Sonderkommission und auch die Polizei in Göttingen insgesamt ihre initiierten Maßnahmen weiter forcieren und konsequent und beharrlich fortsetzen", sagt Kriminaldirektor Tschirner.
Ermittlungserfolge (Beispiele) Durch einen Zeugenhinweis wurde der Polizei am 20.04.2024 der Transport von mehreren entwendeten Fahrrädern von Göttingen in Richtung Osteuropa bekannt. Der beschriebene Transporter konnte im Zuge einer grenzübergreifenden Fahndung in Tschechien von der dortigen Polizei gestoppt werden. Die Kontrolle führte zum Auffinden von sieben Fahrrädern und zwei E-Scootern. Bis auf ein Rad stammten alle Fahrräder und auch die beiden Scooter aus Diebstählen. Am 09.06.2024 nahm die Göttinger Polizei nach Zeugenhinweisen vier Personen beim Beladen eines Transporters fest. Die Durchsuchung des Fahrzeugs führte zum Auffinden von 26 hochwertigen Fahrradrahmen, welche Diebstahlstaten aus den Bereichen Göttingen, Katlenburg-Lindau, Nordhessen und Paderborn zuzuordnen waren. Der Wert der in Verwahrung genommenen Fahrräder betrug mindestens EUR 70.000,00. Gegen alle vier Beschuldigten ergingen Untersuchungshaftbefehle.
Sachbeschädigungen an Kfz
Der Trend der ansteigenden Fallzahlen im Zusammenhang mit Sachbeschädigungen an Kfz hat sich insbesondere im ersten Halbjahr 2024 fortgesetzt. Hier muss letztlich eine Zunahme von 721 (2023) auf 1.039 Taten (2024) verzeichnet werden. Der große Anstieg um 44 % ist auf eine Serie von Taten zuzuführen, die sich bis August 2024 hinzog und schließlich mit der Inhaftierung eines örtlichen Täters schlagartig beendet werden konnte.
Neun Serien mit 900 Taten in Göttingen
Im Zeitraum von August 2023 bis August 2024 kam es in Göttingen zu neun Sachbeschädigungsserien im nahezu gesamten Stadtgebiet Göttingen. Hierbei wurden insgesamt mindestens 900 Fahrzeuge mittels eines spitzen Gegenstandes zerkratzt. Der verursachte Gesamtschaden betrug nach derzeitigen Schätzungen über zwei Millionen Euro. Bei einer der Tatserien konnte ein Tatverdächtiger auf frischer Tat festgestellt werden. Zudem wurde derselbe Mann während einer der folgenden Serien von einer Videokamera erfasst. Polizeiliche Maßnahmen und weitere Ermittlungen führten letztlich zur Erhärtung des Tatverdachts gegen den Göttinger. Zuletzt wurde der 39-Jährige nach erfolgter Tatbegehung im unmittelbaren Tatortbereich angetroffen. Aufgrund der rechtlichen Voraussetzungen konnte der Mann lediglich für 10 Tage in den polizeilichen Langzeitgewahrsam überführt werden. Sämtliche anderen Möglichkeiten der Freiheitsentziehung mussten, in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Göttingen, zunächst verworfen werden. Inzwischen befindet sich der Göttinger aufgrund der Täterschaft zu einer Brandlegung in einem Göttinger Wohnkomplex in Haft.
Zigarettenautomatensprengungen
2024 begann eine bis dato anhaltende Serie von Zigarettenautomatensprengungen, die sich von der PI Göttingen bis in die benachbarte PI Northeim erstreckt. Mit 24 registrierten Sprengungen wurde der Großteil der Taten im Bereich der PI Göttingen begangen. In allen Fällen sprengten die Täter die Automaten mittels sog. Polenböller auf und stahlen den Inhalt. Die Ermittler der Polizeien in Northeim und Göttingen gehen von einer aus mehreren Personen bestehenden Tätergruppierung aus, die die landkreisübergreifenden Taten begeht und sich hierbei auch verschiedener Fluchtfahrzeuge bedient. Die Sprengungen erfolgten an verschiedenen Wochentagen, die jeweiligen Tatzeiten lagen jedoch in den meisten Fällen zwischen 00:30 Uhr und 03:30 Uhr in der Nacht. Im Zusammenhang mit der Serie konnten bereits vier Tatverdächtige festgenommen werden. Die Höhe des entstandenen Gesamtschadens wird im unteren sechsstelligen Bereich angenommen.
Betäubungsmittelkriminalität
Politische Entscheidungen führten zu einer, in Teilbereichen, erheblichen Liberalisierung des Betäubungsmittelrechtes, insbesondere im Bereich der Cannabisprodukte. Mit der Einführung des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) und der damit einhergehenden Straffreiheit bestimmter Delikte, die zuvor noch dem Betäubungsmittelgesetz unterlagen, ist hier systemimmanent ein erheblicher Rückgang von Straftaten erwartbar gewesen und auch eingetreten. In diesem Kontext ist der Rückgang der Gesamttaten im Drogenbereich auch zu betrachten. Wurden in 2023 noch 744 Rauschgiftdelikte bearbeitet, sank diese Zahl auf 503 im Jahr 2024. Der größte Rückgang ist hier im Bereich der nicht mehr strafbewährten Verstöße im Zusammenhang mit Cannabisprodukten feststellbar. Hier liegt der Rückgang der allgemeinen Verstöße teilweise bei 50 % bis 60 %.
Kfz- Diebstahl
Die nahezu Verdoppelung der Taten im Bereich der Kraftfahrzeug-Totalentwendungen von 28 (davon 4 Versuche) im Jahre 2023 auf 52 (davon 9 Versuche) in 2024 weist eine grundsätzlich negative Entwicklung auf. Nach einem Höhepunkt im Jahr 2018 mit insgesamt 108 (davon 29 Versuche) bekannt gewordenen Fällen und einem deutlichen Rückgang, insbesondere in den Jahren der Coronapandemie, ist im Jahr 2024 erstmals wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Belastbare Erklärungsansätze für die Zunahme der Taten liegen der Polizei Göttingen nicht vor. Möglicherweise spielen eine zufällige Auswahl der Tatorte oder aber die günstige Nähe zur Autobahn hier eine Rolle.
Wohnungseinbruchdiebstahl
Der leichte Anstieg der Fallzahlen im Bereich des Wohnungseinbruchdiebstahls von 214 im Jahre 2023 auf 251 im Jahr 2024 liegt in der Gesamtbetrachtung weiterhin weit unter den Zahlen der Jahre 2015 - 2020. Im Jahr 2024 wurde eine Einbruchsserie im PI-Bereich bearbeitet, für die erneut eine Tätergruppierung kriminalistisch, aber letztlich nicht in allen Fällen nachweisbar, verantwortlich gemacht wird. Nach erfolgter Festnahme eines Tatverdächtigen auf frischer Tat im hiesigen Bereich, aber auch infolge von Festnahmen in Hessen, riss die Serie nahezu ab. Weitere Ermittlungen ergaben Bezüge untereinander und zu weiteren Personen, die im Jahr 2018 bereits im selben Phänomenbereich polizeilich in Erscheinung getreten waren. Hierbei handelte es sich ebenfalls um eine Einbruchserie mit über 300 Taten.
Straftaten durch junge Menschen (Jugenddelinquenz) Die Gesamtzahlen der bekannt gewordenen Fälle im Bereich der Straftatenbegehung durch Kinder (0-unter 14 Jahre), Jugendliche (14- unter 18 Jahre) und Heranwachsende (18-unter 21 Jahre) ist von 2023 (2.316 Taten) zu 2024 (2.231 Taten) marginal gesunken. Die Aufklärungsquote liegt mit 59,03 % auf einem hohen Niveau. Die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen ist insgesamt von 1.839 auf 1.999 gestiegen. Die Senkung der Fallzahlen liegt u.a. im Wegfall der Verstöße nach dem Betäubungsmittelgesetz. Hier ist ein Rückgang von 38,43 % zu verzeichnen. Dies dürfte, wie bei den erwachsenen Täterinnen und Tätern, auf das Inkrafttreten des KCanG vom 01.04.2024 zurückzuführen sein. Wenngleich Kinder- und Jugenddelinquenz in allen Gesellschaftsschichten vorkommt und entwicklungsbedingt ist, so haben sich die drei Bereiche Rohheitsdelikte, Sexualdelikte und Sachbeschädigungen in der PI Göttingen herauskristallisiert, die in 2024 einen Zuwachs erfahren haben.
Gewaltdelikte waren insgesamt die häufigsten Delikte, welche junge Tatverdächtige 2024 begangen haben. Bezogen auf das letzte Jahr ist im Bereich der Körperverletzungen ein massiver Zuwachs zu verzeichnen, nachdem im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 das Niveau gesunken war. 484 junge Tatverdächtige konnten in 2024 ermittelt werden, was einen Anstieg von 30,81 % bedeutet. Davon konnten 312 junge Tatverdächtige bei vorsätzlich leichten Körperverletzungen ermittelt werden. Hier ist ein Anstieg von 41,18 % zu verzeichnen. Bei den gefährlichen/ schweren Körperverletzungen konnten 199 Junge Tatverdächtige ermittelt werden. Auch hier ist ein leichter Anstieg von 17,75 % zu verzeichnen. Ein möglicher Erklärungsansatz liegt im Bereich der zunehmenden psychologischen Belastungen, die u.a. eine Auswirkung der Einschränkungen zu Zeiten den Corona-Pandemie darstellen. Gruppenzwänge, das Erkunden und Austesten von Grenzen, Leistungsdruck, gewaltverherrlichende Videos im digitalen Raum oder auch Schwierigkeiten im sozialen Umfeld, sind Faktoren, die dazu führen, dass Kinder und Jugendliche, gerade unter Gleichaltrigen, eher gewalttätig werden.
Der Deliktsbereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung impliziert unter anderem die Tatbestände der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung, die sexuelle Belästigung, als auch den sexuellen Missbrauch. Im Vergleich zum Vorjahr ist hier ein Anstieg von 6,82% zu verzeichnen. Zu den Sexualdelikten zählen auch die Straftaten im Zusammenhang mit der Verbreitung pornografischer Inhalte, inklusive Kinder- und Jugendpornografie. Diese sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Trotz des leichten Rückgangs bleibt dieses Delikt im Bereich der Jugenddelinquenz ein eher wachsendes Deliktsfeld. Gruppenchats über WhatsApp, Snapchat oder vergleichbare Portale sind beliebte Kommunikationsmittel bei Jugendlichen, wobei nicht nur alltägliche Dinge ausgetauscht werden, sondern auch schnell unzulässige Inhalte mit vielen Freunden unbedacht geteilt werden können. Dabei ist vielen nicht bewusst, dass es sich um Straftaten handelt.
Im Bereich der Sachbeschädigung ist ein Anstieg von 27,42 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Darunter fallen Vandalismus oder auch blinde Zerstörungswut. Sachbeschädigungen werden oft aus der Gruppe heraus ausgeübt. Dabei entstehen dynamische, unkontrollierte kollektive Verhaltensweisen, die durch Alkoholeinfluss oft noch verstärkt werden. Auch die Brandstiftung, als spezielle Form der Sachbeschädigung, war besonders an Schulen stark verbreitet. Ende letzten Jahres erfuhren Sachbeschädigungen durch Feuer einen Aufwind. Besonders eine weiterführende Schule in Göttingen war davon stark betroffen, was temporär zu Beeinträchtigungen des Schulbetriebs und einer zunächst hohen Verunsicherung in der Schule führte. Tatverdächtig hierzu sind Schüler, die aus der Gruppe heraus agierend Papierkörbe der Schultoiletten oder Spindinhalte entzündet haben. Als Motiv wurden Langeweile und das Erlangen von Aufmerksamkeit bekannt.
"Die Beschäftigten der Polizei Göttingen geben täglich ihr Bestes, um für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Sorge zu tragen. Dies wird durch die hohe Arbeitsbereitschaft im beruflichen Alltag, trotz vermehrter Gewalt gegen Einsatzkräfte regelmäßig deutlich. Dem spürbar steigenden Arbeitsvolumen begegnen wir durch die Ausschöpfung der Möglichkeiten der Digitalisierung und mit einer strategischen Schwerpunktsetzung. Ziel ist es arbeitsökonomischer zu handeln, um noch präsenter für die Bürgerinnen und Bürger und deren Belange zu sein," sagt Kriminaldirektor Oliver Tschirner abschließend.
Grafiken im Anhang (siehe unter Download) Übersicht Fallzahlen und Aufklärungsquote
Grafiken zu Fallzahlen Häusliche Gewalt, Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, Gewaltdelikte, Diebstahlsdelikte, Fahrraddiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl
Links:
Pressemitteilung PKS 2022 Polizeiinspektion Göttingen: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/119508/5470058
Pressemitteilung PKS 2023 Polizeiinspektion Göttingen: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/119508/5736226
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