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Polizei Presse A 49: Pressekonferenz anlässlich des Polizeieinsatzes zum Weiterbau der BAB 49 - Polizei zieht positive Einsatzbilanz zum Schutz der Arbeiten

Giessen (ots)

Nach rund vier Wochen Einsatz im Dannenröder Forst hat die hessische Polizei heute im Rahmen einer Pressekonferenz eine vorläufige Bilanz über ihren Einsatz gezogen. Von einem erfolgreichen Einsatzkonzept, Rettungsaktionen in schwindelerregenden Höhen, aber auch von gewalttätigen Angriffen auf Einsatzkräfte, zahlreichen Strafverfahren sowie auch von eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Beamtinnen und Beamte berichteten die beiden Polizeisprecher Sylvia Frech und Jochen Wegmann.

Der Einsatz wurde in den letzten vier Wochen von Thomas Seidel (Direktor des Abteilungsstabes im Polizeipräsidium Frankfurt am Main) geleitet. Er resümiert: "Unsere Einsatzstrategie ist aufgegangen. Wir hatten sie bewusst nach den Regeln der Deeskalation ausgerichtet. Die Polizei konnte das Recht in der heiklen Rodungsphase sicher durchsetzen und dabei die freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und die freie Berichterstattung gewährleisten."

Polizeihauptkommissarin Sylvia Frech leitete die Pressekonferenz mit folgenden Worten ein: "Wir waren als Sprecher des Polizeieinsatzes täglich vor Ort und haben gesehen, mit welcher Ruhe und Besonnenheit unsere Kolleginnen und Kollegen gearbeitet haben. Immer stand die Prämisse im Vordergrund, dass niemand bei den Einsatzmaßnahmen verletzt wird. Formen des demokratisch legitimierten Protestes wurden gewährleistet, gleichwohl aber auch konsequent gegen Straftaten vorgegangen."

"Wir können nach vier Wochen im Dannenröder Forst von einem erfolgreichen Einsatzverlauf sprechen", bilanzierte Kriminaldirektor Wegmann. "Neben friedlichem Protest mussten wir auch im Vorfeld mit Sabotageaktionen und gewalttätigen Angriffen auf die Einsatzkräfte rechnen. Diese Prognose bewahrheitete sich leider. Wir mussten beispielweise miterleben, wie Fäkalien und Steine auf Einsatzkräfte geworfen wurden und Pyrotechnik auf die Kolleginnen und Kollegen gerichtet gezündet wurde. Darüber hinaus wurden Einsatzkräfte mittels Zwillen beschossen, was eine erhebliche Gefährdung darstellte. Mehrere hundert Ermittlungsverfahren, darunter wegen Verdachts der versuchten Tötung zum Nachteil von Polizeibeamten, wegen Landfriedensbruchs, Beleidigung, Nötigung und Sachbeschädigung, wurden gegen Ausbaugegnerinnen und Ausbaugegner eingeleitet."

Insgesamt hat die Polizei im Zusammenhang mit Protesten gegen den Lückenschluss der A49 über 450 Straftaten und rund 1.550 Ordnungswidrigkeiten festgestellt. Dazu zählen beispielsweise 46 Fälle von Landfriedensbruch, 41 Fälle von Sachbeschädigungen - unter anderem durch Brandstiftung, sechs Fälle von Zerstörungen wichtiger Arbeitsmittel (Sabotage) und 39 Fälle von gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr. Zudem wurden 65 Widerstandshandlungen gegen Polizistinnen und Polizisten und vier tätliche Angriffe auf Polizeibeamte registriert. Zusätzlich besteht in zwei Fällen der Verdacht wegen der versuchten Tötung zum Nachteil von Polizeibeamten. In einem dieser Fälle wurde ein Bauwerk (ein sogenannter Twopod) auf Polizeibeamte umgestürzt. Die Beamten konnten sich nur knapp in Sicherheit bringen. In dem anderen Fall wurde ein Beamter des Höheninterventionsteams beim Versuch, eine Person in fünf Metern Höhe aus einem Baum zu bergen, mit dem Fuß an den Kopf getreten.

"In den vergangenen Wochen hörten wir immer wieder den Vorwurf, dass die Polizei zur Eskalation beitrage. Diesem Vorwurf möchte ich entschieden entgegentreten", erklärte Jochen Wegmann. Er führte aus, dass die Polizei ihr Handeln immer transparent machte, sich im Kontakt mit allen Beteiligten befinde sowie stets kommunikativ und kooperativ agierte. Bereits Monate vor den Einsatzmaßnahmen habe ein Kontaktpolizist den Austausch mit den Ausbaugegnerinnen und -gegnern gesucht und diesen über die gesamte Dauer aufrechterhalten. Während der Einsatzmaßnahmen wurden Gespräche geführt, die dem gegenseitigen Verständnis dienten. Von der Polizei werde daneben auch ein konsequentes Handeln erwartet, wenn Regeln, trotz kommunikativer Aufforderung, weiter verletzt werden. Ein Anspruch, dem die Einsatzkräfte unter stetiger Abwägung der Verhältnismäßigkeit nachgekommen seien. "Der Einsatz eines Wasserwerfers mag allein aufgrund seiner Größe und Ausgestaltung besonders beeindruckend erscheinen, doch die Abwehr von Angriffen mit einer Beregnung ohne harten Wasserdruck nach mehrfacher Ankündigung sind ein milderes Mittel als der Einsatz von Pfefferspray oder Schlagstock", führte Wegmann beispielhaft aus. "Doch auch diese Einsatzmittel als Formen des unmittelbaren Zwangs mussten teilweise zum Einsatz kommen. Dabei haben wir sehr genau differenziert, wann welches Mittel erforderlich war." Das transparente, kooperative, differenzierte wie konsequente Vorgehen habe angekündigte, gewalttätige Auseinandersetzungen und längere eskalative Entwicklungen aktiv verhindert, die Bauarbeiten effektiv geschützt.

Dennoch sei nicht immer alles rund gelaufen, erklärte Frech. "Polizistinnen und Polizisten sind auch nur Menschen, die Fehler machen können." So ermittle beispielsweise die Staatsanwaltschaft Gießen nach dem Durchtrennen eines Seiles und des Sturzes einer Aktivistin von einem Tripod wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung gegen einen Polizisten. Konkrete Vorwürfe gegen Einsatzkräfte werden ernst genommen, jeder habe die Möglichkeit, polizeiliches Handeln überprüfen zu lassen, erklärten die Polizeisprecher, die pauschale Vorwurfslagen im Gegenzug als nicht zielführend zurückwiesen.

"Das polizeiliche Vorgehen war stets auf Kommunikation und flexibel im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ausgerichtet. Bei Tageseinbruch wurde ein Sicherheitsbereich eingerichtet, den Polizeikräfte umstellten. Unsere Kommunikatoren sprachen im Sicherheitsbereich befindliche Personen an. Jeder hatte die Möglichkeit, den Bereich freiwillig zu verlassen. Anschließend begannen die Räumungen der Personen, die unseren Aufforderungen zum Verlassen des Sicherheitsbereiches nicht nachkamen. Sowohl unsere Kräfte, die die Absperrungen bei widrigsten Wetterbedingungen stellten, als auch unsere auf die Höhenrettung spezialisierten Einheiten, leisteten gute Arbeit. Es wurden insgesamt mehrere hundert Ausbaugegnerinnen und Ausbaugegner sicher aus der Höhe zum Boden begleitet. Nach den Räummaßnahmen konnten die Baufirmen bis zum Einbruch der Dunkelheit unter dem Schutz der Polizei die Rodungsmaßnahmen durchführen", erklärte Sylvia Frech.

"Unsere Einsatzkräfte haben in den letzten vier Wochen über 500 Barrikaden, Baumhäuser und Strukturen geräumt. Mehr als 1.000 Personen wurden in Gewahrsam genommen, entsprechende Platzverweise ausgesprochen und Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet", summierte Sylvia Frech. "Der logistische Aufwand hinter diesem Einsatz ist ebenso immens." Von der Unterbringung der Polizistinnen und Polizisten aus anderen Bundesländern und dem Bund über die Anmietung von technischem Gerät bis hin zur Verpflegung der Einsatzkräfte unter den aktuell notwendigen Hygienestandards musste Vieles entsprechend bedacht werden. "Die in diesem Zusammenhang bisher entstandenen Kosten des Einsatzes lassen sich derzeit noch nicht beziffern", führte Jochen Wegmann aus. "Wir prüfen aber in jedem Einzelfall, inwieweit die einzelnen Waldbesetzer für die Kostenübernahme ihrer individuellen Räumung herangezogen werden können."

Die Polizeisprecher gaben auch einen Ausblick wie es mit den polizeilichen Einsatzmaßnahmen weitergeht. "'Sicherheit vor Geschwindigkeit' ist auch weiterhin der der Grundsatz der polizeilichen Einsatzstrategie. Wir wissen auch, wie herausfordernd die Einschränkungen in den vergangenen Wochen gerade für alle Anwohnerinnen und Anwohner waren, auch durch den nötig gewordenen Kräfteansatz der Polizei. Der stete Barrikadenbau im Wald erforderte die hohe kontinuierliche Präsenz. Wir sind auch weiter für den Schutz der Bauarbeiten zur Stelle. Da jedoch die Blockaden im Wald geräumt sind, wird dies künftig in deutlich geringerer Präsenzstärke möglich sein", gab Jochen Wegmann einen Ausblick.

Medienvertreter erhalten weiterhin Informationen über die Presse-Hotline unter der Tel.: 0641 - 7006 2058. Darüber hinaus stehen mobile Pressesprecherteams der Polizei im Einsatzraum zur Verfügung.

Das Bürgertelefon für Fragen rund um den Weiterbau der BAB 49 ist weiter unter der Tel.: 0641 - 7006 5445 geschaltet. Servicezeiten: Montag bis Freitag, zwischen 08:00 Uhr und 16:00 Uhr.

Rückfragen bitte an:

Polizeipräsidium Mittelhessen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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35394 Gießen
Telefon: 0641-7006 2058
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