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POL-AK NI: "Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, wir müssen von ihr lernen" - Bewegender Vortrag des Shoa-Zeitzeugen Tswi Herschel an der Polizeiakademie Niedersachsen

POL-AK NI: "Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, wir müssen von ihr lernen" - Bewegender Vortrag des Shoa-Zeitzeugen Tswi Herschel an der Polizeiakademie Niedersachsen
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Nienburg (ots)

Nienburg Tswi Herschel wurde 1942 als Kind jüdischer Eltern in Zwolle, Niederlande, geboren. Im Alter von nur vier Monaten versteckten ihn seine Eltern bei einer holländischen Familie. Kurze Zeit später wurden seine Eltern im Vernichtungslager Sobibor von den Nationalsozialisten ermordet. Die neue Familie nahm ihn auf wie einen eigenen Sohn, doch auch dieses Glück währte nur kurz. Gleich nach dem Krieg entriss ihn seine eigene Großmutter dieser Pflegefamilie und untersagte ihm jeglichen Kontakt. Erst mit acht Jahren fand Herschel das Tagebuch seines Vaters und erfuhr so von seiner eigenen Familiengeschichte.

Diese bewegende Geschichte schilderte Tswi Josef Herschel im Rahmen einer Besuchswoche mit mehreren Veranstaltungen an der Polizeiakademie Niedersachsen, darunter auch zwei am vergangenen Montag und an diesem Donnerstag am Studienstandort Nienburg vor mehreren hundert Zuschauern. Darunter 360 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter sowie einige Schülerinnen und Schüler, die von der Stadt Nienburg Ende Januar als Botschafterinnen und Botschaftern der Erinnerung ernannte wurden.

In seinen Vorträgen berichtet der Shoa-Zeitzeuge vom Gefühl des Alleinseins und wie es ist, in der Schule, auch nach dem 2.Weltkrieg, als "Saujude" beschimpft zu werden. Zentrale Themen sind dabei das persönliche Erleben von Diskriminierung und Antisemitismus. In seinen Schilderungen geht es auch um die unvorstellbare Liebe seiner Eltern zu ihm und darum, seinen Weg zu gehen. "Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, wir müssen von ihr lernen." Das ist die Botschaft, die Tswi Herschel in seinem Vortrag an die Zuhörerinnen und Zuhörern vermittelt.

Auf seiner Reise begleitet ihn seine Tochter Natali. Schon früh fragte sie ihren Vater nach den Großeltern, die sie nie vom Kindergarten abholen kamen. Diese Lücke, die der Holocaust im Familienstammbaum der Herschels hinterlassen hat, betrifft damit auch die nachfolgenden Generationen. In ihrem Vortrag berichtet Natali über die damit verbundenen Traumata und die weiterhin aktuellen Formen der Ausgrenzung und Stigmatisierung von jüdischen Menschen.

"Zeitzeugen wie Sie, Tswi Herschel, erinnern nicht nur an die damalige Ausgrenzung, Entrechtung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden, sie machen die NS-Schreckensherrschaft und den Versuch der Auslöschung eines ganzen Volkes schmerzhaft erlebbar. Ihre Geschichte ist für uns alle Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Sie mahnt außerdem zur Bedeutung gesellschaftlicher Toleranz, mehr noch zum Respekt und zur gelebten Zivilcourage", sagt der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, Carsten Rose.

Die Polizei Niedersachsen hat es sich zum Ziel gesetzt, die Widerstandskraft gegen demokratiegefährdende Erscheinungen zu stärken und das freiheitlich-demokratische Selbstverständnis der Menschen in der Polizei zu bewahren. Im Bachelorstudium an der Polizeiakademie Niedersachsen erwerben die Berufsanfängerinnen und -anfänger bereits umfangreiche fachliche Kompetenzen und werden darin bestärkt, sich kritisch mit Ihrer Rolle als Polizistin bzw. Polizist in der demokratischen Gesellschaft auseinanderzusetzen.

An den beiden Veranstaltungstagen an der Polizeiakademie Niedersachsen hatten die Studierenden die Möglichkeit sich mit den gesellschaftlichen Herausforderungen beim Thema Antisemitismus und Ihrer Rolle als Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte im Zusammenhang mit Diskriminierung auszutauschen. Darüber hinaus konnten sie die Gelegenheit nutzen, Fragen an den anwesenden Shoa-Zeitzeugen Tswi Herschel und an seine Tochter zu formulieren.

Am Ende seines Vortages wurde Tswi Herschel noch einmal deutlich: "Nie wieder! Daran müssen wir jeden Tag arbeiten. Sonst hatte es keinen Sinn", appellierte der Shoa-Überlebende an die Teilnehmenden in der Aula der Polizeiakademie.

Einen besonderen Moment für die Familie Herschel und die Stadt Nienburg gab es am Montag während der Veranstaltung an der Polizeiakademie. Nienburgs Bürgermeister Jan Wendorf, der von dem Besuch erfuhr, begrüßte Tswi und Natali Herschel, begleitet vom Sprecher des "Arbeitskreis Gedenken", Thomas Gatter, im Rathaus. Dort trug sich der Shoa-Überlebende in das Goldene Buch der Stadt ein. Eine Ehre für den Zeitzeugen als auch für die Stadt Nienburg.

Hintergrund

Die Polizei Niedersachsen setzt sich aktiv für den Schutz und den Erhalt der Demokratie ein und legt hierauf einen klaren strategischen Schwerpunkt. Im Bewusstsein der Stärke unserer Demokratie und der besonderen Rolle der Polizei gilt es, sich der Schrecken und verheerenden Folgen für Millionen von Menschen zu erinnern und dadurch auch die Widerstandskraft gegenüber demokratiefeindlichen Bewegungen zu stärken.

Weiter sind und bleiben Angriffe auf die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit dauerhafte Herausforderungen für die Gesellschaft. Aufgabe staatlicher und zivilgesellschaftlicher Institutionen, aber auch Aufgabe und Verantwortung einer/eines jeden Einzelnen ist es, jeglichen Ausprägungen von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Missachtung der fundamentalen Werte unseres Grundgesetzes entschieden entgegen zu treten.

Deshalb richtet die Polizeiakademie Niedersachsen nach dem ersten Besuch von Tswi und Natali Herschel im Sommer 2022 eine erneute Besuchswoche der Herschels im Zeitraum vom 27.02. bis 03.03.2023 aus. Enden wird diese besondere Woche mit einem Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Rückfragen bitte an:

Polizeiakademie Niedersachsen
Soeke Heykes
Telefon: 05021 844 1024
E-Mail: soeke.heykes@polizei.niedersachsen.de
http://www.pa.polizei-nds.de

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