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Polizeipräsidium Reutlingen

POL-RT: Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 des Polizeipräsidiums Reutlingen

Reutlingen (ots)

   - Kriminalitätsrate wiederholt deutlich unter dem 
     Landesdurchschnitt-
   - Wohnungseinbrüche auf niedrigstem Stand seit 1984 -
   - Gewalt gegen Polizeibeamte weiter auf hohem Niveau -

Die Kriminalitätsbelastung im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen liegt mit 4.021 Straftaten pro 100.000 Einwohner (2019: 4.471) erneut deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt (BW: 4.852). Das Polizeipräsidium Reutlingen registrierte im vergangenen Jahr 49.867 Straftaten, das entspricht im Vorjahresvergleich einem Rückgang um über neun Prozent (2019: 55.301) und somit der niedrigsten Fallzahl seit über 16 Jahren. Verantwortlich hierfür sind insbesondere deutliche Rückgänge bei den Diebstahlsdelikten und bei den Betrugsdelikten. Auch die Fallzahlen der Wohnungseinbruchskriminalität sanken auf einen historischen Tiefstand.

Mit 30.317 Fällen wurden zwar 1.307 Straftaten weniger aufgeklärt als im Vorjahr (31.624), dennoch konnte die Aufklärungsquote um 3,6 Punkte auf nunmehr 60,8 Prozent gesteigert werden.

Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen ist im vergangenen Jahr auf insgesamt 22.308 (2019: 23.541) erneut gesunken. Der Rückgang erstreckt sich hierbei auf alle Altersgruppen. Die Zahl der tatverdächtigen jungen Menschen unter 21 Jahren liegt mit 4.624 gar deutlich unter dem Vorjahresniveau (2019: 5.320).

Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen war auch im vergangenen Jahr mit 8.899 (2019: 9.705) weiter rückläufig. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen verringerte sich auf 39,9 Prozent (2019: 41,2). Ohne die Verstöße gegen das Aufenthalts-, Asylgesetz oder Freizügigkeitsgesetz EU, die fast ausschließlich nur von Ausländern begangen werden können, ist ein Rückgang der Tatverdächtigenzahlen bei Nichtdeutschen um drei Prozent auf 7.655 (2019: 7.839) festzustellen. Somit sind diese Zahlen im dritten Jahr in Folge rückläufig.

Auch die Zahlen der tatverdächtigen Asylbewerber bzw. Flüchtlinge (ohne Verstöße gegen das Aufenthalts-, Asylgesetz bzw. dem Freizügigkeitsgesetz EU) sind rückläufig. Deren Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 5,5 Prozent auf insgesamt 1.855 (2019: 1.963) gesunken. Dies entspricht einem Anteil von 8,8 Prozent aller Tatverdächtigen (2019: 9,0 Prozent).

Diebstahlsdelikte bilden mit 12.105 Fällen (2019: 14.318) nach wie vor den Großteil aller registrierten Straftaten, haben aber im Vorjahresvergleich um über 15 Prozent abgenommen. Die Rückgänge erstrecken sich auf nahezu alle Erscheinungsformen der Diebstahlskriminalität.

Beim Wohnungseinbruchsdiebstahl reduzierte sich die Zahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent auf 456 Straftaten (2019: 702). Dies entspricht der präsidiumsweit niedrigsten Fallzahl seit 36 Jahren. "Diese erfreuliche Entwicklung wurde natürlich auch durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Die Bürgerinnen und Bürger waren mehr zu Hause, was die Tatgelegenheiten deutlich reduziert hat", so Polizeipräsident Udo Vogel.

Trotz dieser positiven Entwicklung werden die polizeilichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität unter der Federführung des Arbeitsbereichs "Wohnungseinbruchsdiebstahl/Mehrfach-Intensivtäter" bei der Kriminalpolizei auch im Jahr 2021 innerhalb des Polizeipräsidiums Reutlingen konsequent fortgesetzt: "Neben repressiven Maßnahmen und einem hohen Verfolgungsdruck, setzen wir aber auch auf Prävention. In knapp über der Hälfte aller Fälle gelang es den Tätern nicht, in die Wohnung einzudringen oder etwas zu stehlen. Daran zeigt sich, wie wichtig eine wachsame Nachbarschaft und technischer Einbruchsschutz sind. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Reutlingen bietet hier kostenlose Beratungen an" so Präsident Vogel weiter. Das Polizeipräsidium Reutlingen appelliert nach wie vor an die Bevölkerung, bei verdächtigen Wahrnehmungen unverzüglich die Polizei unter 110 zu alarmieren. Dies erhöht die Chancen, Einbrecher auf frischer Tat oder in Tatortnähe festzunehmen und ihnen dann eventuell auch weitere Taten nachzuweisen.

Bei den Betrugsdelikten bildete auch im vergangenen Jahr die Bekämpfung des sogenannten "Callcenter- bzw. Telefonbetrugs" einen polizeilichen Handlungsschwerpunkt. Bei diesem bundesweiten Kriminalitätsphänomen werden massenhaft gezielt ältere Menschen von Kriminellen angerufen, die sich als Polizeibeamte, verdeckte Ermittler oder auch als Staatsanwälte ausgeben und mittels einer konstruierten Lügengeschichte versuchen, an Geld oder Wertsachen der Angerufenen zu gelangen. Dabei werden die Angst vieler Senioren vor Einbrechern und das hohe Vertrauen in die Polizei schamlos ausgenutzt. Die Täter treten gewandt, sicher und bestimmt aber auch zunehmend aggressiv auf und vermitteln durch geschickte Gesprächsführung den Eindruck, dass ihre Opfer ins Visier von Einbrechern geraten sind und nun schnell handeln müssten. Zum Schutz ihres Eigentums werden die Opfer aufgefordert, ihre kompletten Wertsachen der "Polizei" zu übergeben.

Mitunter treten die meist unbekannten und aus dem Ausland agierenden Täter auch als angebliche Enkel oder nahe Verwandte auf, die sich angeblich in einer akuten Notlage befinden und dringend Geld zur Abwendung einer Haftstrafe benötigen. Aber auch Gewinnversprechen, für deren Auszahlung zunächst eine vierstellige Bearbeitungsgebühr fällig wird, sind eine gängige Masche der dreisten Betrüger.

Im vergangenen Jahr sind im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen nach einer internen Statistik 2.877 (2019: 2.743) Fälle des Callcenter- bzw. Telefonbetrugs, davon 108 (2019: 90) vollendete Taten mit einem finanziellen Gesamtschaden von über 2,2 Millionen Euro (2019: knapp 1,6 Millionen Euro) bekannt geworden. Damit ist die Schadenssumme bei nur leichtem Anstieg der Fallzahlen weiter angewachsen. Obwohl die allermeisten Angerufenen den Betrugsversuch erkennen, finden die Täter immer noch Opfer, die bereit sind, ihre Wertsachen den vermeintlichen Polizeibeamten oder angeblichen Boten ihrer Angehörigen zu übergeben. In über 70 Prozent der Fälle gaben sich die Betrüger als Polizeibeamte aus. Beim Polizeipräsidium Reutlingen ist eine dauerhaft eingerichtete, kriminalpolizeiliche Ermittlungsgruppe auf die Bekämpfung dieses Phänomenbereichs spezialisiert. Aber auch im Bereich der Prävention haben wir mit unseren Bemühungen nicht nachgelassen. So wurden neben den Senioren gezielt die Bankmitarbeiter angesprochen und entsprechend ermutigt, gerade ältere Menschen beim Abheben hoher Geldbeträge auf einen möglichen Betrug anzusprechen. Dies verhinderte bereits in mehreren Fällen die Vollendung der Taten im letzten Moment. Analog zur "Bäckertütenaktion" in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen im Vorjahr, wurde im Jahr 2020 in Kooperation mit den Netzwerkpartnern "Verein kommunale Kriminalprävention", dem Kreisseniorenrat, dem Weißen Ring, der Bäckerinnung und der Firma BÄKO auch im Zollernalbkreis mit Aufdrucken auf etwa 150.000 Bäckertüten vor dem Phänomen "Falsche Polizeibeamte" gewarnt. Des Weiteren wurden ab Mitte Oktober 2020 allen Apotheken in den vier Landkreisen Plakate zum Aushang und Präventionsbroschüren zur Aushändigung an ältere Mitbürgerinnen und Mitbürgern übergeben. Die zwischenzeitlich eingegangenen Nachbestellungen von weiteren Broschüren bestätigen die gute Annahme dieses Angebots. Aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen klären im privaten Bereich im eigenen Familien- und Freundeskreis über diese Deliktsform auf. "Die Eindämmung dieser perfiden Straftaten hat beim Polizeipräsidium Reutlingen eine hohe Priorität. Die Polizei wird nie bei Ihnen anrufen, um Sie über Ihr Vermögen auszufragen oder Sie zur Übergabe von Geld oder Vermögenswerten auffordern. Bitte legen Sie bei solchen Anrufen sofort auf und wählen sie unter 110 den Polizeinotruf!", erläutert Polizeipräsident Vogel.

Die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stark beeinträchtigenden Fälle der Straßenkriminalität sind nun im dritten Jahr in Folge rückläufig. Die Zahlen belaufen sich auf insgesamt 7.089 Fälle (2019: 8.402), was einen Rückgang um 1.313 Fälle bzw. 15,6 Prozent ausmacht.

Die ebenfalls die Bevölkerung stark beunruhigenden Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind entgegen der landesweiten Entwicklung 2020 um nochmals fast fünf Prozent auf insgesamt 826 (2019: 869) gesunken. Bei den Sexuellen Belästigungen fiel der Rückgang mit 20,8 % deutlicher aus. Hier sank die Fallzahl um 37 von 178 (2019) auf 141 Straftaten.

Im Rahmen der vorbeugenden Bekämpfung von Sexualstraftaten wurde im vergangenen Jahr neben jungen Frauen wiederholt auch die Zielgruppe der Kinder in den Fokus der Präventionsmaßnahmen genommen. Im Rahmen des Projekts "Präventionstasche" wird regelmäßig entsprechendes Präventionsmaterial u. a. für Eltern zum Thema "Ansprechen von Kindern - sexueller Missbrauch von Kindern" für die Zielgruppe der Vorschulkinder verteilt. Bei den Straftaten gegen das Leben wurde mit insgesamt 55 Fällen ein Fünfjahreshoch erreicht. Zwölf Delikte mehr als im Vorjahr (43) bedeuteten eine Zunahme um 27,9 %. In diesem Deliktsbereich sind die absoluten Fallzahlen gering, jedoch handelt es sich um die gravierendsten Straftaten. Von den 55 Tötungsdelikten (darunter insbesondere 15 Fälle des Mordes, 28 Totschlagsdelikte, acht Fahrlässige Tötungen) wurden 16 vollendet. Über 90 Prozent der Fälle konnten aufgeklärt werden.

Bei sehr geringer absoluter Zahlenbasis von präsidiumsweit 53 Jugendschutzdelikten wurden im Jahr 2020 insgesamt 13 Fälle mehr (+32,5 %) erfasst als 2019 (40) und damit ein Fünfjahreshoch erreicht. Der Anstieg lässt sich durch 21 Fälle von "Verbreitung pornografischer Schriften an Personen unter 18 Jahren" sowie 13 Fälle von "Verbreitung von Gewaltdarstellungen an Personen unter 18 Jahren" an einer Schule erklären.

Eine Steigerung um 47 Fälle bzw. 7,6 % auf 663 Fälle ergab sich beim Computerbetrug § 263a StGB, der mit einem Anteil von über 80 % zur Computerkriminalität zählt. 245 Fälle wurden aufgeklärt. Dies entspricht einer Aufklärungsquote von 37%. Die Schadenssumme des Computerbetrugs nach § 263a StGB stieg zwar im direkten Vergleich zum Vorjahr um 52.131 EUR auf 535.269 EUR an - in den Jahren 2017 (425 Fälle / 802.422 EUR) und 2018 (515 Fälle / 791.541 EUR) war diese bei niedrigeren Fallzahlen jedoch deutlich höher.

Entgegen allgemeiner Erwartung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der landesweiten Entwicklung wuchsen die Fälle häuslicher Gewalt im Bereich des PP Reutlingen nicht an, sondern verringerten sich um 13,4 %, von 1.128 (2019) auf 977 Straftaten. Allerdings spiegelt die Statistik nur die angezeigten Fälle wider.

Seit Jahren erstmals leicht rückläufig sind die Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte. Im Vergleich zum Vorjahr (466 Fälle) wurden im Jahr 2020 mit 446 insgesamt 20 Fälle weniger (-4,3%) erfasst, somit verharren die Fallzahlen weiter auf hohem Niveau. Bei der Aufklärungsquote von 99,6 % konnten bis auf zwei Fälle alle Taten geklärt werden. 2020 wurden 208 (2019: 207) Polizistinnen und Polizisten verletzt, einer davon schwer. Die häufigsten Verletzungen entstanden durch Schläge (32) und Tritte (41). Nicht selten stehen die Täter dabei unter Alkohol- oder Drogenbeeinflussung. Polizeipräsident Vogel: "Tätliche Angriffe auf unsere Kolleginnen und Kollegen sind Angriffe auf den Rechtsstaat und auf unsere Gesellschaft. Hiergegen gehen wir entschieden vor und werden auch künftig alle Straftaten konsequent zur Anzeige bringen - dies gilt auch für Übergriffe auf Rettungskräfte, Ordnungsdienste der Kommunen und Feuerwehrleute. Wer sich tagtäglich für die Gesundheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger einsetzt, verdient Respekt und Anerkennung."

Ergänzende Information für die Redaktionen:

Der komplette Kriminalitätsbericht 2020 des Polizeipräsidiums Reutlingen ist auf der Homepage des Polizeipräsidiums unter dem Reiter "Statistik" (https://ppreutlingen.polizei-bw.de/statistiken/) abrufbar. Dort finden sich neben der präsidiumsweiten Kriminalitätsentwicklung auch die Statistikzahlen der einzelnen Landkreise (Esslingen, Reutlingen, Tübingen, Zollernalb) sowie einzelne ausgewählte Bereiche, die im Detail beleuchtet werden.

Bei Rückfragen zu dieser Pressemeldung:

Michael Schlüssler (mws), Tel. 07121/942-1100

Rückfragen bitte an:

Polizeipräsidium Reutlingen

Telefon: Mo. - Fr./7:00 bis 17:00 Uhr: 07121/942-1111
außerhalb dieser Zeiten: 07121/942-2224
E-Mail: reutlingen.pp.pressestelle@polizei.bwl.de
http://www.polizei-bw.de

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