POL-H: Kriminalstatistik für das Jahr 2007 Hannover Polizei registriert leichten Anstieg der Straftaten
Hannover (ots)
Die Polizeidirektion Hannover musste im Jahr 2007 einen leichten Anstieg bei der Zahl der Straftaten registrieren. 125.812 Taten wurden im Jahr 2007 gemeldet, das sind 1646 Delikte mehr als im Jahr 2006 - die Steigerung liegt damit bei 1,33 Prozent. Im Fünf-Jahres-Vergleich wird ein Anstieg noch deutlicher erkennbar, denn im Jahr 2003 wies die Kriminalstatistik der Polizeidirektion Hannover lediglich 112.490 Taten aus, also 13.322 weniger als im vergangenen Jahr.
Allerdings relativiert sich dieser Trend doch sehr deutlich mit einem gesonderten Blick auf das Delikt "Erschleichen von Leistungen": Wurden im Jahr 2003 noch 3.945 so genannte Schwarzfahrer bei der Polizei angezeigt, so waren es 2006 schon 16.599 - und im vergangenen Jahr wurde diese Zahl nochmals auf 17.801 gesteigert. "Hannover hat damit in Deutschland seine Stellung als Hauptstadt der Schwarzfahrerkontrollen gefestigt", betonte Polizeipräsident Uwe Binias am Freitag bei der Präsentation der Kriminalstatistik 2007. Die Polizei begrüßt laut Binias ausdrücklich die immer stärkere Intensität der Kontrollen besonders durch die Üstra - auch um den Preis, dass durch ständig steigende Fallzahlen im Deliktfeld "Erschleichen von Leistungen" die polizeiliche Jahresbilanz belastet wird. Inzwischen, so betont Binias weiter, liegt der Anteil der Leistungserschleichung am Gesamtstraftatenaufkommen bei 14,15 Prozent (nach 13,37 Prozent im Jahr 2006 und 3,51 Prozent im Jahr 2003) - und damit auch deutlich über den Werten aller anderen deutschen Großstädte.
Doch sollen die zunehmenden Schwarzfahrerkontrollen und ihre Folgen für die Kriminalstatistik nicht den Blick verstellen auf einige besorgniserregende Trends des vergangenen Jahres. Die Polizeidirektion Hannover musste 2007 einen spürbaren Anstieg (um 5,8 Prozent) bei den so genannten Rohheitsdelikten (Raub/Körperverletzung/Bedrohung) zur Kenntnis nehmen. Eine Steigerung gab es außerdem bei der Zahl der Wohnungseinbrüche (plus sieben Prozent). Für Hannovers Polizeichef ist es angesichts der zunehmenden Zahl der Rohheitsdelikte ,,offenkundig, dass die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft weiter zunimmt. Alle staatlichen Organe und gesellschaftlichen Institutionen sind aufgefordert, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Die Polizei allein kann diese Aufgabe nicht bewältigen." Einen Ansatzpunkt sieht Binias in der Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs, besonders unter Jugendlichen. Im Jahr 2007 wurden laut Kriminalstatistik 8.388 Straftaten (also 6,67 Prozent aller Delikte) unter Einfluss von Alkohol begangen. Bei einzelnen Deliktfeldern spielt Alkohol im Verhältnis eine noch größere Rolle: So wurden im vergangenen Jahr 9.659 Fälle von Körperverletzung registriert, davon wurden 3.133 (32,44 Prozent) unter Einfluss von Alkohol begangen. Der Vergleichswert von 2006 liegt bei 26,17 Prozent. Auch bei Minderjährigen spielt der Alkohol eine immer größere Rolle. Im Jahr 2003 ermittelte die Polizei noch 146 jugendliche Tatverdächtige zu Körper-verletzungsdelikten, die zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss standen. Diese Zahl ist kontinuierlich angestiegen, über 184 im Jahr 2006 auf 249 im vergangenen Jahr.
Ein Teil des Anstiegs bei Straftaten unter Alkoholeinfluss dürfte auf die seitens der Polizei immer konsequenter genutzten Möglichkeiten des Computersystems NIVADIS - also auf größere statistische Genauigkeit - zurückzuführen sein. "Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Alkoholmissbrauch gerade unter jungen Menschen ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft darstellt. Alkohol hat ohne Frage enthemmende Wirkung und fördert Gewaltbereitschaft", betont Binias. Das konsequente Einschreiten der Landeshauptstadt Hannover und anderer Kommunen gegen so genannte Flatratepartys in Diskotheken und Gaststätten begrüßt der Polizeipräsident daher ausdrücklich.
Die Polizeidirektion Hannover wird sich ihrerseits sofort an den am Donnerstag durch Innenminister Uwe Schünemann angekündigten Alkoholkontrollen beteiligen. Bereits an diesem Wochenende sollen im gesamten Raum Hannover gezielt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene angesprochen und kontrolliert werden, sofern sie in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren oder alkohol-bedingte Ausfallerscheinungen zeigen. In der Innenstadt bereitet die Polizei eine Schwerpunktaktion vor, die in der Nacht zu Sonntag stattfinden wird. Binias dazu: "Die Polizeidirektion Hannover wird die landesweite, konzertierte Aktion sofort mit starken Kräften unterstützen."
Weitere Anstrengungen sind auch angesichts der wieder gestiegenen Zahl der Wohnungseinbrüche erforderlich, betont der Polizeichef. Hier setzte sich ein erfreulicher Trend der vergangenen Jahre nicht fort. Im Jahr 1998 hatte die Polizei in der Landeshauptstadt und im Umland noch 6.843 Wohnungseinbrüche registriert. Diese Zahl sank stetig bis auf 3.341 im Jahr 2005 - dem Tiefststand der letzten Jahre. Dann allerdings drehte sich der Trend, 2006 wurden wieder 3.434 Taten aufgenommen, im vergangenen Jahr ergab sich abermals ein Anstieg um gut sieben Prozent auf 3.677 Fälle. "Angesichts der deutlich höheren Fallzahlen Ende der neunziger Jahre sollten wir die jüngste Entwicklung nicht dramatisieren. Es ist aber unser Ziel, die Zahl der Wohnungseinbrüche wieder zu senken", versichert der Polizeipräsident. Denn bei einem Wohnungseinbruch bleibe es oft nicht nur beim materiellen Schaden. "Viele Opfer haben noch jahrelang psychisch darunter zu leiden, dass ein Fremder mit Gewalt in ihren privaten Lebensbereich eingedrungen ist." Allerdings räumt Binias ein, dass der Polizei bei der Bekämpfung dieses Deliktes auch Grenzen gesetzt sind. Die Aufklärungsquote liegt hier schon seit Jahren bei 25 bis 30 Prozent - gerade in einem großstädtischen Bereich sei es extrem schwer, diesen Wert zu steigern. Daher setzt die Polizei besonders auf Prävention. Der Polizeipräsident weist auf die Beratungsstelle der Polizei hin, die unter Telefon (0511) 1 09 11 14 zu erreichen ist. Hier kann jeder Bürger ein kostenloses Beratungsgespräch in seinem Haus oder in seiner Wohnung vereinbaren. Oft lasse sich eine Wohnung schon mit relativ geringem finanziellen Aufwand erheblich besser gegen Einbrüche absichern, betont Binias.
Die Kriminalstatistik 2007 offenbart aber auch positive Entwicklungen. So ist die Zahl der vorsätzlichen Tötungsdelikte (versuchte und vollendete Taten) gegenüber dem Vorjahr um 22 auf 51 Taten zurückgegangen (minus 30 Prozent). Um 6,7 Prozent sank die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung: 879 Fälle gab es 2006, im Jahr 2007 waren es noch 820 Fälle. An Raubstraftaten registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 1.086, im Jahr 2006 hatte es noch 1.126 Raubdelikte gegeben. Zurückgehende Fallzahlen gab es auch bei den Fahrzeugdiebstählen (minus 18,74 Prozent) und bei den Diebstählen aus Kraftfahrzeugen (minus 1,16 Prozent). Erstmals seit 2002 sank auch wieder die Zahl der Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte: 533 Fälle waren es 2006, vergangenes Jahr sank diese Zahl auf 500.
Eine besondere Betrachtung verdient stets die Entwicklung der Drogenkriminalität. Hier registrierte die Polizei im abgelaufenen Jahr 5.638 Straftaten, und damit gegenüber 2006 einen Anstieg um 8,4 Prozent. Diese Entwicklung dürfte zum großen Teil durch die gestiegene Kontrollintensität zu erklären sein. Die Polizei hat im Jahr 2007 wieder deutlich mehr Personal für die Bekämpfung der Drogenkriminalität einsetzen können als im WM-Jahr 2006. Allerdings ist auch die Zahl der Drogentoten angestiegen: 2005 waren es 18, 2006 dann 23, und 2007 wurden 24 Drogentote festgestellt. Vor diesem Hintergrund spricht sich Polizeipräsident Uwe Binias dafür aus, das Projekt der kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige nicht einzustellen. "Nicht zuletzt zur Eindämmung der so genannten Beschaffungskriminalität wäre es wünschenswert, dieses Projekt sogar noch auszuweiten."
Die Polizeidirektion hat im vergangenen Jahr exakt 47.000 Tatverdächtige ermittelt, dieser Wert liegt um 3,64 Prozent über dem des Vorjahres. Die Altersstruktur unter den ermittelten Tatverdächtigen hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. 2007 waren vier Prozent der Tatverdächtigen Kinder, zehn Prozent Jugendliche und 86 Prozent Erwachsene. Die Zahl der ermittelten minderjährigen Tatverdächtigen stieg leicht von 6.599 im Jahr 2006 auf 6.690 im Folgejahr.
Im Jahr 2007 wurden 36.650 Tatverdächtige mit deutscher Staatangehörigkeit registriert. 10.350 Tatverdächtige hatten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen liegt damit bei gut 22 Prozent, der Ausländeranteil der Bevölkerung liegt bei 10,44 Prozent. Die besondere Problematik des Migrationshintergrundes wird noch deutlicher, wenn man bei dieser Betrachtung noch die Aussiedler hinzuzieht. Hier bestätigte sich ein Trend, der sich durch die verbesserte Computererfassung der niedersächsischen Polizei schon Mitte des vergangenen Jahres abzeichnete. Der Anteil der Aussiedler unter allen Tatverdächtigen liegt bei 6,14 Prozent, der Anteil der Aussiedler bei den Tatverdächtigen zu Tötungsdelikten sogar bei 18 Prozent. Der Anteil der Aussiedler in der Bevölkerung der Region Hannover liegt nach Angaben der Einwohnermeldeämter bei rund 3,7 Prozent. Bei den Tötungsdelikten hat mindestens die Hälfte der insgesamt 72 ermittelten Tatverdächtigen einen Migrationshintergrund. "Es hat keinen Sinn, vor diesen Fakten die Augen zu verschließen", erklärt Hannovers Polizeipräsident. "Die Gesellschaft muss sich diesem Problem stellen und alle Anstrengungen unternehmen, um Zuwanderer besser zu integrieren und sie mit den hiesigen Gesetzen und Wertvorstellungen vertraut zu machen."
Die Aufklärungsquote in der Polizeidirektion Hannover liegt auf einem konstant hohen Niveau, im vergangenen Jahr wurden 58,86 Prozent aller angezeigten Straftaten aufgeklärt. Dieser Wert ist laut Uwe Binias "ein Beweis für die gute und engagierte Arbeit, die in der Polizeidirektion Hannover geleistet wird". sw
Die grafische Präsentation zur Kriminalstatistik 2007 der Polizeidirektion Hannover ist von Freitagnachmittag an auf der Internetseite www.polizei.niedersachsen.de/dst/pdhan/ abrufbar.
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