BKA: Staatsanwaltschaft Stuttgart, Polizeipräsidium Stuttgart und Bundeskriminalamt geben bekannt:
Wiesbaden (ots)
Bundesweite koordinierte Durchsuchungsaktion der Strafverfolgungsbehörden gegen Rechtsextremismus - Tausende CDs und weitere Produkte der rechten Szene beschlagnahmt
Bei einer breit angelegten gemeinsamen Durchsuchungsaktion haben Polizeibeamte heute Morgen (04.03.2009) mehr als 200 Wohnungen und Geschäftsräume mutmaßlicher Angehöriger der rechtsextremen Szene in allen Bundesländern durchsucht und eine Vielzahl von Beweismitteln gefunden. Hierbei beschlagnahmten die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten verschiedener Bundesländer bislang mehr als 45 000 mutmaßlich strafrechtlich relevante Tonträger. Außerdem stellten die Ermittler weitere Gegenstände sicher, darunter über 170 Computer, eine Vielzahl weiterer Speichermedien und rund 70 Waffen bzw. Waffenteile.
Bei Internetrecherchen waren die Ermittler 2007 nach einem Hinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf eine Auktionsplattform gestoßen, die der rechten Szene offenbar zum Vertrieb rechtsextremer Produkte diente, insbesondere von Tonträgern, die Jugendliche in den Bann des Rechtsextremismus ziehen sollten. Als Verantwortlicher gilt ein 34-jähriger Mann aus Baden-Württemberg.
Bei Durchsuchungen im September 2007 beschlagnahmten Polizeibeamte Server, Computerfestplatten und Tonträger rechtsextremen Inhalts und werteten sie über Monate hinweg aus.
Leitender Oberstaatsanwalt Siegfried Mahler, Leiter der Staatsanwaltschaft Stuttgart sagte:
"Rechtsextremisten nutzen die Musik, um Interesse zu wecken und Anhänger zu gewinnen. Mit aggressiven, fremdenfeindlichen, antisemitischen und antidemokratischen Liedtexten verbreiten die Interpreten rechtsextremistische Argumentationsmuster und Feindbilder. Musik ist ein wesentlicher identitätsstiftender Faktor der rechten Szene, sie ist das verbindende Element. Durch die Produktion und den Vertrieb von Tonträgern mit rechtsextremistischer Musik werden jährlich mehrere Millionen Euro umgesetzt, wodurch zudem eine zentrale Finanzquelle der rechten Szene entstanden ist."
Staatsanwaltschaft Stuttgart, Bundeskriminalamt und Polizeipräsidium Stuttgart bildeten für die aufwändigen Ermittlungen eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Seitdem ermitteln die Spezialisten der "AG Netzwerk" gemeinsam gegen die Verantwortlichen und weitere Nutzer der strafrechtlich relevanten Auktionen und Verkäufe, bei denen inkriminierte und indizierte Tonträger vertrieben wurden.
Der Vertrieb über das Internet und besonders eine dort aufrufbare, der rechtsextremen Szene zuzuordnenden Auktionsseite wird von den Behörden als zentrales Medium der Szene und wesentlicher Anziehungspunkt eingestuft, zumal die Auktionsseite von einer Vielzahl unterschiedlicher Versandhändler bzw. angeblicher Versandfirmen genutzt wird.
Allein die Auswertung der im Jahr 2007 sichergestellten Tonträger, Computer-Festplatten und gespeicherten Auktionsdaten von zirka 20 000 Auktionen mit rund 800 angemeldeten Nutzern stellte die Ermittler vor eine Mammutaufgabe: Rund 1 000 verschiedene Tonträger, darunter 250 in den Fremdsprachen Englisch und Französisch, mussten ausgewertet werden.
Dazu der Leitende Kriminaldirektor Carsten Voß, Leiter Politisch motivierte Kriminalität beim Bundeskriminalamt:
"Die heutigen Maßnahmen sind eine konsequente Fortsetzung der polizeilichen Strategie bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Das Internet ist dabei kein rechtsfreier Raum. Das Ziel ist, den Vertrieb und Handel mit rechtsextremistischen Tonträgern auch im Internet einzudämmen sowie illegale Strukturen aufzudecken und zu zerschlagen. Das Bundeskriminalamt konzentriert sich hierbei auf bundesweite Bezüge und die internationalen Aktivitäten der rechten Szene."
Rund 200 Tonträger wurden im Einzelnen von der Staatsanwaltschaft auf strafrechtliche Relevanz geprüft. Bisher haben die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das Bundeskriminalamt und das Polizeipräsidium Stuttgart über 200 Beschuldigte ermittelt und über 220 Objekte durchsucht.
Die heutigen Durchsuchungen haben mit einem vom Polizeipräsidium Stuttgart aus zentral geführten Großeinsatz um 06.00 Uhr begonnen.
"Der erfolgreiche Großeinsatz ist das Ergebnis langwieriger Arbeit und intensiver Ermittlungen von Spezialisten bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Alle beteiligten Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern haben mit der heutigen Aktion dem Internethandel der rechten Szene einen empfindlichen Schlag zugefügt und den Vertrieb einschlägiger Tonträger unterbunden. Wir werden auch künftig mit hoher Aufmerksamkeit, langem Atem und sehr konsequent gegen jegliche rechtsextreme Umtriebe vorgehen", betonte der Ständige Vertreter des Polizeipräsidenten, Kriminaldirektor Norbert Walz vom Polizeipräsidium Stuttgart.
Für den Einsatz ist beim Polizeipräsidium Stuttgart eine gemeinsame Einsatzzentrale eingerichtet worden.
Presseauskünfte erteilen die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das Bundeskriminalamt und das Polizeipräsidium Stuttgart ab 15.00 Uhr unter der zentralen Rufnummer 0711 - 8990 - 2037.
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