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Schwäbische Zeitung: Der Bürger kann mehr erwarten - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Mag die Opposition hadern oder auch nicht: Die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 rückt näher. Im Landtag lief für Grün-Rot alles nach Plan. Das sogenannte Kündigungsgesetz ist weder plötzlich noch unerwartet gescheitert, die Regierung kann es nun, wie von 68 der Abgeordneten beantragt, dem Volke vorlegen. Mit Begeisterungsstürmen seitens des Souverän ist allerdings nicht zu rechnen. Denn mag der Wunsch nach demokratischer Mitbestimmung auch noch so groß sein, das Katz-und-Maus-Spiel von S-21-Gegnern und -Befürwortern belastet die Geduld vieler Bürger über Gebühr. Eines eint die Konfliktparteien: Sie haben sich derart in das Thema S 21 verbissen, dass sie den Blick für die Lebenswirklichkeit der Menschen in Baden-Württemberg zu verlieren scheinen.

Bahnhof oben oder unten? - ein Luxusproblem für viele Gemeinden im Land, die seit Jahren vom Schienenverkehr abgehängt sind. Fahrzeitverkürzungen im Minutenbereich - der Landbewohner muss sowieso mit dem Auto fahren, wenn er nicht stundenlang auf der Strecke sein will. Und ganz abgesehen von den "verkehrlichen" Problemen - ein Modewort in Politikerkreisen: Trotz S21 soll es nach wie vor Menschen geben, die sich mehr für die Bildung ihrer Kinder und den Ausbau von Betreuungsangeboten interessieren als für das Gezänk um den Bahnhof.

Wenn die S-21-Konfliktparteien diese Menschen für den 27. November motivieren wollen, sollten sie sich mehr einfallen lassen als das tägliche Hau-den-Gegner-Spiel. Immerhin geht es um eine Volksabstimmung, die den Steuerzahler an die zehn Millionen Euro kostet. Dafür könnte er mehr erwarten als das bislang Gebotene. Zum Beispiel konkrete Informationen, wie teuer das Ganze werden soll, wenn's gebaut wird. Sachdienlich wäre es auch, die Höhe der Ausstiegskosten zu erfahren, bevor darüber abgestimmt wird. Ministerpräsident Kretschmann und sein Vize Schmid hatten einen Abstimmungsknigge angekündigt, um trotz aller Kontroversen anständig zu bleiben. Es wird Zeit, dass sich alle Beteiligten daran halten.

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