Schwäbische Zeitung: Gefährliches Spiel mit dem Feuer - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Sie hat Europa völlig unerwartet getroffen: die Idee von Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou, sein Volk über das vergangene Woche ausgehandelte Rettungspaket abstimmen zu lassen. Nach einem Gipfel, der Hoffnung gemacht hat, dass die Eurozone die Krise in den Griff bekommen könnte, ringen dieselben Politiker mühsam um Fassung. Politiker, die seit Wochen gegen die Pleite Griechenlands kämpfen, fühlen sich brüskiert - und zwar zu Recht. Es geht nicht um die Frage, ob bei so weit reichenden Entscheidungen das Volk als Souverän einbezogen werden muss, es geht um das Vorgehen Papandreous: Dass er ein Referendum ankündigt, ohne sich mit den Partnern abzustimmen, ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich um Griechenland bemühen.
Papandreou spielt zudem auf gefährliche Art und Weise mit dem Feuer. Die Griechen sollen über die Sparauflagen abstimmen, die die Gegenleistung für das zweite Griechenlandpaket darstellen - Auflagen, die den aktuellen und schon jetzt nicht akzeptierten Sparkurs verschärfen. Die griechischen Politiker, die ihr Land in der Eurozone halten wollen, setzen darauf, dass die Mehrheit der Griechen versteht, dass ein Großteil ihres Wohlstandes in den vergangenen Jahren auf Pump finanziert war und dass die drastischen Sparmaßnahmen nötig sind. Sehr wahrscheinlich ist das nicht.
Das Referendum gleicht damit einer Abstimmung über die Euro-Mitgliedschaft: Wenn die Griechen den Auflagen nicht zustimmen, werden sich die Retter - Euro-Länder und seit Mittwoch auch private Gläubiger - nicht mehr an ihre Zusagen zur Rettung Griechenlands gebunden fühlen. Das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone wäre wohl die Folge. Für Angela Merkel und ihre Partner erhöht sich der Druck nun aufs Neue: Durch das Referendum ist wahrscheinlich geworden, was keiner ernsthaft diskutieren durfte: die Pleite eines Euro-Mitglieds. Jetzt rächt sich, dass ein möglicher Alternativplan zur Rettung Griechenlands nie erarbeitet worden ist.
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