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Schwäbische Zeitung: Leitartikel - Stabile Vernunftehe

Leutkirch (ots)

Die Freude ist riesig: Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt Russland als "herausragenden Partner". Und der russische Präsident Dmitri Medwedew sieht im Gegenzug eine "helle Zukunft" für sein Land, aber auch für die europäischen Staaten. Grund für die feierlichen Worte ist die neue Erdgas-Pipeline Nord Stream, die gestern teilweise eröffnet worden ist. Nach endgültiger Fertigstellung 2012 kann sie rund 26 Millionen Haushalte in Deutschland, Frankreich und anderen Staaten mit Gas aus Sibirien versorgen. Das Milliarden-Projekt ist ein Gewinn für Russland und Europa gleichermaßen. Der russische Monopolist Gazprom verfügt nun über die lang ersehnte Direktverbindung zur westlichen Kundschaft und ist nicht mehr von - politisch schwierigen - Transitländern wie Weißrussland und der Ukraine abhängig. Und die gashungrigen Europäer können durch die Pipeline ihre Versorgungssicherheit merklich erhöhen.

Dass Nord Stream die Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas erhöht, stimmt nur bedingt - denn diese bestand schon lange vorher. Vor allem für Deutschland ist der Energieträger Gas auf Jahrzehnte hinaus unverzichtbar. Schließlich will man bald ohne Atomkraft auskommen und trotzdem den CO2 Ausstoß immer weiter verringern. Umso wichtiger ist es für die europäischen Staaten, dass sie ihre Energieversorgung weiter diversifizieren. Eine Möglichkeit bieten alternative Gas-Anbieter in Nordafrika, dem Nahen Osten und Zentralasien. Aber auch der vermehrte Einsatz regenerativer Energiequellen trägt dazu bei.

Übertriebene Sorgen müssen sich die europäischen Kunden freilich nicht machen, denn Russland braucht die Einnahmen aus dem Erdgas-Geschäft ebenso sehr wie man hierzulande die Energie braucht. Die europäisch-russische Vernunftehe dürfte sich demnach als ausgesprochen stabil erweisen. Allerdings sollte es für beide erlaubt sein, sich auch nach anderen Partnern umzuschauen. Bedingungslose Treue ist in Energie-Beziehungen ein denkbar schlechtes Prinzip.

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