Schwäbische Zeitung: Eine nette Studie zur Integration - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Wenn Politiker Studien in Auftrag geben, dann soll als Ergebnis nicht nur ein Zugewinn an Erkenntnis stehen, es soll möglichst auch eine frohe Botschaft transportiert werden können. Die klingt im vorliegenden Fall so: "Die hohe Zustimmung für die in der Studie genannten Integrationsmaßnahmen ist eine Bestätigung für unsere Politik." Da klopft sich jemand auf die Schulter, es ist die baden-württembergische Integrationsministerin. Ihr Haus hat die Untersuchung angestoßen. Und jetzt hat es Bilkay Öney schwarz auf weiß: Sie macht die richtige Politik, und ihr Ministerium ist ein für die Zukunft bedeutsames.
Und der Erkenntnisgewinn? Er hält sich in Grenzen. Das liegt vor allem an der harmlosen beziehungsweise unscharfen Fragestellung. Es fehlt beispielweise die sehr grundsätzliche Klärung, was sich die Menschen unter Integration überhaupt vorstellen. Assimilation? Multikulturalismus? Gaststatus? Schmelztiegel? Oder: Wenn 92 Prozent der Baden-Württemberger der Meinung sind, es wäre begrüßenswert, Migranten mit praktischen Tipps zu helfen, dann hat das fast schon banalen Charakter. Oder: 80 Prozent schätzen die kulturelle Vielfalt. Was ist damit gemeint? Der Döner und die Pizza - oder das Kopftuch und die Moschee? "Wir reden mit Muslimen auf Augenhöhe", sagt die Ministerin, nur: Wer soll sich auf wessen Augenhöhe begeben?
Es ließen sich noch viele solcher Beispiele anführen. Dennoch hat die Studie auch ihr Gutes. Man könnte das so formulieren: Aus mehrheitlicher Sicht der Menschen im Südwesten ist in Sachen Integration keineswegs Hopfen und Malz verloren. Es gibt eine sehr grundsätzliche Einsicht, dass ein gedeihliches Zusammenleben von Migranten und Aufnahmegesellschaft für alle Beteiligten anzustreben sei. Und es gibt die ebenso grundsätzliche Bereitschaft, daran mitzuwirken. Die klar gesetzten Grenzen dieses guten Willens sind nicht erstaunlich: Kulturell motivierte Gewalt wird beispielsweise ebensowenig akzeptiert wie die Zwangsehe.
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