Schwäbische Zeitung: Rente: Darüber reden reicht nicht - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Es geht um Gerechtigkeit, wenn in der Diskussion um Altersarmut und Zuschussrente die Wellen hochschlagen. Diesmal aber nicht nur um Arm und Reich, sondern auch um Alt und Jung. Das deutsche Rentensystem ist nach den Erfahrungen des Währungszusammenbruchs umlagefinanziert. Es basiert auf einem Generationenvertrag. Die, die arbeiten, zahlen für die, die in Rente sind. Aber natürlich können sich diejenigen, die heute in Rente sind, darauf berufen, dass auch sie ein Leben lang für andere gezahlt haben.
Doch was ist, wenn immer weniger Junge immer mehr Älteren gegenüberstehen? Theoretisch muss dann der Rentenbeitrag immer mehr steigen, das würde junge Arbeitnehmer überbelasten und Arbeitsplätze gefährden. Deshalb wird die rapide Alterung in der Rentenformel berücksichtigt, die Renten werden langsam sinken. Doch hat man an der Formel zu sehr geschraubt? Die Rentner müssen nach wie vor von ihren Renten leben können. Daran, dass sie das auch in Zukunft können, gibt es nun immer stärkere Zweifel.
Die Zahlen sind schon lange bekannt, aber kein Spitzenpolitiker hat bisher so beherzt "Achtung" gerufen wie Arbeitsministerin von der Leyen. Kanzlerin Merkel mahnt zur Behutsamkeit. Doch behutsam tut sich hier gar nichts. Es muss endlich - und das schnell - darüber gesprochen werden, mit wie viel Steuergeldern zusätzlich man eingreifen muss, wie man private Zusatzversicherungen einfacher und besser macht, welche Anreize man setzen kann, ob andere Mittel (wie Mindestlöhne) gegen Altersarmut helfen. Es muss in diesem Zusammenhang auch endlich klar auf den Tisch, welche Pensionslasten auf die Länder zukommen. Und dass manche nicht wissen, wie sie die überhaupt schultern sollen.
Die Zahlen sind ernst. Am Ende geht es nicht darum, ob von der Leyen sich durchsetzt oder nicht. Sondern darum, der Wahrheit ins Auge zu blicken und Berechnungen über zehn oder zwanzig Jahre hinaus anzustellen. Das ist man der jungen Generation genauso schuldig wie der alten. Schließlich müssen die einen zahlen, die anderen leben können.
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