Schwäbische Zeitung: Europa ist nichts für Feiglinge - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Es ist alles andere als Zufall, wenn Politiker aller Himmelsrichtungen und Ausrichtungen am Tag der Deutschen Einheit weniger über Deutschland als über Europa reden. Die europäischen Staaten können die Krise alleine nicht mehr meistern - sie haben ihre Ohnmacht gespürt, auch Deutschland.
Der Euro war, wenn man so will, der Preis der Einheit. Mitterrand hat auf der gemeinsamen Währung bestanden, damit das starke Deutschland in Europa eingebunden ist. Doch eine Währungseinheit ohne politische Einheit, das zeigt sich immer mehr, kann nicht die nötige Stärke entwickeln. Nun wünschen sich die Deutschen sehnlichst ein möglichst deutsches Europa, eben ordentlich und finanzstark wie ihr Land. Aber die Franzosen hätten es gerne auch etwas französisch - und von den Briten braucht man erst gar nicht zu reden.
Bundestagspräsident Lammert erinnerte daran, dass aus "Wir sind Deutschland" längst "Wir sind Europa" geworden ist. Er tat dies in München. Wenige Regionen in Deutschland zeigen so anschaulich, wie bereichernd Vielfalt in Einheit sein kann. Was uns vereint, nicht was uns entzweit, darauf muss auch in Europa sehr viel mehr geachtet werden.
Deutschland ist dabei, nationale Souveränität gegen die gemeinsame Kraft eines vereinten Europa einzutauschen. So manchen verlässt dabei langsam der Mut. Doch es gibt keinen Weg zurück, bei dem Deutschlands Wohlstand erhalten bliebe.
Für die Älteren war Europa immer schon die Versicherung des Friedens. Für die Jüngeren ist es aber ganz einfach ihre eigene Zukunft: Die finanzielle, aber auch die soziale und die gesellschaftliche. Um all das geht es, wenn jetzt Politiker beraten, wie Europa gemeinsam gestaltet werden kann. Ein Europa der Werte, der Freiheit und des Wohlstands.
Natürlich sind die Vereinigten Staaten von Europa noch Träumerei. Den Weg dahin zu gestalten, das ist - jenseits aller tagesaktuellen Probleme mit dem Euro, die nicht kleingeredet werden sollen - keine Aufgabe für Feiglinge.
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