Schwäbische Zeitung: Alleingang mit Kollateralschäden - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Peter Altmaier überrascht: Mit seinem Alleingang zur Strompreisbremse hat der als Konsenssuchmaschine und Stillstandsverwalter verspottete CDU-Umweltminister selbst seinen FDP-Kollegen Philipp Rösler aus dem Wirtschaftsressort überrumpelt. Dem blieb nicht viel mehr übrig, als die Pläne offen zu loben und sich insgeheim über das weggenommene Thema zu ärgern.
Altmaiers Botschaft für den Bundestagswahlkampf ist klar: Die Deutungshoheit über die Energiewende ist Sache der Union. Sie kämpft als Anwalt der Verbraucher gegen explodierende Strompreise und nimmt Industrie und Erzeuger in die Pflicht - eine wohl platzierte Botschaft exakt an jenem Tag, an dem die SPD mit dem Thema soziale Gerechtigkeit in den Wahlkampf zieht.
Scheitert der Altmaiersche Aktionsplan wie erwartet im rot-grün dominierten Bundesrat, kann der Minister dem politischen Gegner die Schuld an weiter steigenden Strompreisen zuschieben. Lassen sich einzelne SPD-Ministerpräsidenten jedoch auf Gegengeschäfte ein - zum Beispiel bei Netzausbau, Solarförderung oder Offshore-Windparks - kann die Regierung endlich nach langer Durststrecke einen energiepolitischen Etappensieg vermelden.
Altmaiers Befreiungsschlag auf der Berliner Bühne bringt unterdessen große ökonomische Kollateralschäden mit sich: Seit Jahren leiden Unternehmen und Verbraucher unter den ständigen Volten in der deutschen Energiepolitik. Mit dem vom Minister ins Spiel gebrachten Energie-Soli für bestehende Anlagen und einem unklaren Vergütungsstart für künftige Windräder und Solaranlagen würden Investitionen in erneuerbare Energien endgültig zum Vabanquespiel. Und wenig verabscheuen Banken und Investoren mehr als unplanbare Risiken.
Altmaier darf hoffen, dass der rasante und für den Verbraucher teure Ausbau der Erneuerbaren Energien gebremst wird. Leider nicht dank einer in sich schlüssigen Gesetzes-Reform, sondern durch die Verunsicherung einer Branche mit Hunderttausenden Mitarbeitern.
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