Schwäbische Zeitung: Reform braucht klare Vorgaben - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Grün-Rot in Baden-Württemberg hat den Bildungsaufbruch versprochen, doch aktuell liefert die Koalition in erster Linie Bildungsfrust. Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, Schulversuch mit neunjährigen Zügen bis zum Abitur, Gemeinschaftsschule - zahlreiche Veränderungen wurden angestoßen, allerdings ohne einen festen Rahmen durch eine Regionale Schulentwicklungsplanung zu setzen. So haben aktuell jene Schulstandorte die besten Zukunftschancen, die schnell Gemeinschaftsschule werden. Die Schulart ist von Grün-Rot gewollt, Schulen bekommen bereitwillig die Zusage auf Umwandlung und werden entsprechend mit zusätzlichen Stunden unterstützt. Doch hier geht es nicht um das Recht des Stärkeren oder Schnelleren. Das Bildungssystem ist kein Urwald. Es wäre Aufgabe der Politik, steuernd einzugreifen und für ein ausgewogenes Bildungsangebot im ganzen Land zu sorgen. Der Grundgedanke ist richtig: Das Schulsystem in Baden-Württemberg muss reformiert werden. Umso dringender, als sich Schwarz-Gelb über Jahre vor einem solchen Mammutprojekt gedrückt hat. Bis 2030 werden es 25 Prozent weniger Schüler im Bundesland sein. Das mehrgliedrige Schulangebot ist nicht zu halten, wenn es auch im ländlichen Raum in jeder Kleinstadt eine weiterführende Schule geben soll. Darüber hinaus müssen die Lehrer pädagogische Konzepte an die Hand bekommen, um mit immer größeren Leistungsunterschieden der Schüler innerhalb einer Klasse umzugehen. Gerade diese Stuttgarter Landesregierung, die immer Transparenz und Bürgerbeteiligung propagiert, muss ihre Ideen besser verkaufen. Grün-Rot muss zudem den Schulträgern klare Vorgaben machen, wann eine Schule groß genug ist, um fortzubestehen und ein pädagogisch sinnvolles Angebot zu liefern. Zögert die Landesregierung zu lange, wird das Projekt Bildungsaufbruch scheitern.
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