Schwäbische Zeitung: Weg mit den Altlasten! - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Der Standort eines atomaren Endlagers taugt gewiss nicht zur Tourismuswerbung. Der Gedanke an so eine Einrichtung in unmittelbarer Nähe ängstigt die Bevölkerung und ruft Proteste hervor. Alles ist dokumentiert im niedersächsischen Gorleben. Der Rest der Republik lebte aber trotz aller mit dem Streit um die friedliche Nutzung der Kernenergie verbundenen gesellschaftlichen Verwerfungen nicht schlecht mit der Lage im Wendland.
Und jetzt? Die deutsche Politik hat sich neu aufgestellt. Nach Fukushima. Nach der endgültigen Absage an die Atomkraft. Sie hat sich auf einen Konsens geeinigt, in einem ganz neuen Verfahren jene Region zu finden, in der bis zur Mitte dieses Jahrhunderts der hochradioaktive Müll aus deutschen Meilern eingelagert werden soll. Sie muss endlich frühere Versäumnisse aus der Welt schaffen, zu denen alle Parteien beigetragen haben. CDU und FDP hielten lange unbeirrt an Gorleben fest. Rot-Grün ordnete zwar einen Erkundungsstopp in dem Salzstock an. Vielmehr als diesen Stillstand steuerte die Regierung Schröder aber auch nicht zur Problemlösung bei.
Ein weiße Landkarte soll Basis sein für den Neubeginn - an irgendeinem Standort in Deutschland. Das ist richtig, dazu müssen sich alle Verantwortlichen bekennen. Parteiengezänk sollte deshalb ausbleiben. Es verstellt nur den Blick aufs Wesentliche. Im Stuttgarter Landtag ist das aber noch nicht bei allen angekommen. Da wirbt ein Grüner wie Winfried Kretschmann um den Konsens und kann guten Gewissens eine lange Liste an CDU-Politikern benennen, die das über Parteigrenzen hinweg ausgehandelte Paket mittragen. CDU und FDP im Land geben sich dennoch der Versuchung hin, Ängste zu schüren. Die früheren Atombefürworter wechseln also gewissermaßen die Seiten.
Ein Endlager muss her. Ein sicheres für ganz Deutschland. Nur dort? Auf keinen Fall hier? Reflexe dieser Art haben bisher Lösungen verhindert. Der Aufgabe, eines zu finden, werden sie jetzt erst recht nicht gerecht. Altlasten gehören entsorgt. Auch in der Debattenkultur.
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