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Schwäbische Zeitung: Baustelle Suhrkamp - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Die Meldung klingt zunächst dramatischer als sie ist: "Der Suhrkamp Verlag ist zahlungsunfähig. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat das Insolvenzverfahren eröffnet." Das war zu erwarten, seit die Suhrkamp Familienstiftung unter Führung von Ulla Unseld-Berkéwicz im Mai das sogenannte Schutzschirmverfahren angestrebt hat. Das Ziel ist es, mit einem juristischen Trick, den Minderheitengesellschafter Hans Barlach kaltzustellen. Denn in einer veränderten Gesellschaftsform hätte Barlach dann kaum mehr Einfluss auf das operative Geschäft. Das mag eine undramatische juristische Spitzfindigkeit sein. Das eigentliche Drama aber liegt in der Vermischung von Eitelkeiten und Eigeninteressen.

Die Verlagswelt insgesamt ist durch die digitale Revolution im Umbruch. Suhrkamp jedoch hat noch ein paar Baustellen mehr. Siegfried Unseld war nicht nur der Kopf, er war auch das Herz des Verlags. Schon als Lehrling der Buchhandlung Aegis in seiner Heimatstadt Ulm hat er viele Schriftsteller kennengelernt. Als er die Geschäfte von Peter Suhrkamp übernommen hatte, begann eine literarische Erfolgsgeschichte. Das Verlagsverzeichnis liest sich wie die Bestenliste der deutschen Nachkriegsliteratur.

Nach dem Tod des Patriarchen im Jahr 2002 war nichts mehr wie vorher. Erfahrene Lektoren verließen das Haus. Der eigene Sohn, Joachim Unseld, kam mit seiner Stiefmutter Ulla Berkéwicz und ihrem Konzept nicht klar, gründete selbst einen Verlag und verkaufte seine Anteile. Auch an Hans Barlach. Suhrkamp zog von Frankfurt nach Berlin. Prominente Autoren, darunter Martin Walser, kehrten dem Verlag erbost den Rücken. Andere kämpfen trotzig für Suhrkamp. "Ein Abgrundböser" sei dieser Hans Barlach, meint Peter Handke. Solche Verteufelungen werden die Richter nicht beeindrucken. Aber zu wünschen wäre, dass sich die Streithähne zusammenraufen. Sonst ist es aus mit der "Suhrkamp Kultur". Ein halbes Jahrhundert deutscher Literaturgeschichte würde geopfert auf dem Altar der Eitelkeiten und des Mammons.

Pressekontakt:

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Telefon: 0751/2955 1500
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