Schwäbische Zeitung: Die alten Lager leben noch
Ravensburg (ots)
Fast exakt vor zehn Jahren, am 2. Dezember 2004, stand das Ergebnis fest.
60,6 Prozent der 81000 CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg hatten Günther Oettinger zum Nachfolger Erwin Teufels als Ministerpräsident bestimmt. Auf die innerparteiliche Konkurrentin Annette Schavan entfielen 39,4 Prozent. Vorausgegangen waren sechs Regionalkonferenzen - und eine Schlammschlacht der Sonderklasse. Die gipfelte darin, dass Schavan in Tuttlingen öffentlich erklären und versichern musste, sie hege keine gleichgeschlechtlichen Neigungen. Es war ein erbärmliches Schauspiel.
So schlimm ist es bei der jetzt anstehenden Kür des Spitzenkandidaten noch nicht gekommen. Aber wer geglaubt hatte, mit dem fairen Wahlkampf, den Thomas Strobl und Guido Wolf versprochen hatten, sei eine gegenseitige Samthandschuh-Behandlung gemeint, der lag von vornherein daneben. Beide Kandidaten sind Kämpfer, für beide geht es um viel, und im innerparteilichen Wettstreit sind Zähne und Klauen bisweilen wichtiger als in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner.
Insofern: Es ist eher logisch als verwunderlich, wenn nun mit echten oder vermeintlichen Tricks und kleineren Fouls gearbeitet wird. Thomas Strobl hat als Chef den Parteiapparat quasi in der Hand, und er ist Profi genug, den auch geschickt einzusetzen. Es gab in den vergangenen Wochen kaum ein Thema, zu dem er sich nicht geäußert hat. Guido Wolf hat dafür die Landtagsfraktion weitgehend hinter sich, und die CDU-Abgeordneten werden in ihren Wahlkreisen für ihn trommeln. Alles kein Grund zu großer Aufregung.
Interessant ist etwas Anderes - und damit wären wir wieder im Jahr 2004: Die beiden Lager innerhalb der CDU, die sich damals verbissen bekämpft hatten, haben sich allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz nie ganz aufgelöst. Jetzt sind sie revitalisiert. Wer damals für Schavan war, ist heute für Wolf. Die Oettinger-Anhänger stehen hinter Strobl. In dieser Lagerbildung lauert unabhängig vom Ausgang des Mitgliederentscheids eine echte Gefahr für die Christdemokraten.
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