Schwäbische Zeitung: "Vertrauen ist nicht zu bezahlen" - Leitartikel zum Scala-Prozess der Sparkasse Ulm
Ravensburg (ots)
Die Sparkasse Ulm ist nicht zu beneiden: Sie sitzt auf Uralt-Verträgen, deren mögliche Zinserträge ein gewaltiges finanzielles Risiko in sich bergen und das Institut in eine Schieflage bringen könnten. In Niedrigzinsphasen wie derzeit müssen die Ulmer fast vier Prozent Zinsen zahlen. Dass hier ein Vorstand die Notbremse ziehen will, ist verständlich. Dennoch muss gelten: "Pacta sunt servanda", "Verträge sind einzuhalten". Dass am Freitag das Landgericht Ulm wiederholt und eindeutig zu Gunsten der Scala-Sparer urteilte, wirft die Frage auf, wann der Ulmer Sparkassenvorstand die Botschaft endlich versteht.
Ein Blick in die Geschichte kann lehrreich sein. "Opel, der Zuverlässige" hieß es vor 50 Jahren noch - übrigens zu Recht. Es war eine Zeit, als der auf Hochglanz polierte Mercedes-Stern noch einsam strahlte, die Deutsche Bank unangefochten für die Deutschland AG stand und die Kirchen mit Autorität aus 2000 Jahren die christliche Botschaft verkündeten. Schon damals verteilten die Sparkassen ihr rotes Sparbuch, zur Taufe oder spätestens zur Konfirmation und in der Hoffnung auf langjährige Kundentreue. Das Vertrauen ins Sparbuch pflegen die Deutschen bis heute. Das Vertrauen in Opel, Mercedes, die Deutsche Bank und die Kirchen aber ist weitgehend verloren.
Es ist an der Ulmer Sparkasse, dass den deutschen Sparkassen nicht Ähnliches widerfährt. Das Vertrauen in Stabilität, Nähe zu den Menschen und Kenntnis der Märkte ist deutschlandweit das Markenzeichen der Institute mit dem roten S, ihr Markenkern. Die Sparkassen sind zwar etwas teurer als die Konkurrenz und vielleicht nicht so sexy wie die Direktbanken. Aber der Berater ist erreichbar, hat Namen und Telefonnummer, wo sich Internet-Banker hinter Mailboxen und Callcentern verbergen.
Der Blick der deutschen Sparer und Banker wird sich auf Ulm richten und genau beobachten, wie die Sparkasse ihre Verträge einhält. Überall sind Zinsen niedrig und der Druck groß, aus Verträgen auszusteigen. Doch langfristig ist das Vertrauen der Kunden das einzige Kapital der Sparkassen - und unbezahlbar.
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