Frankfurter Rundschau: Kommentar zur Debatte über Günter Grass
Frankfurt (ots)
der Literatur- und Sozialwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht. Er schrieb jetzt in der Welt, "dass mit dem Brechen des Schweigens von Grass ... eine für den Nazismus typische Mentalität zum Ausdruck kommt". "Für den Nazismus typisch" wären damit nicht alte Nazis, die sich nach dem Krieg im Schutz von CDU-Politikern wie Kanzler Kiesinger versteckten. Wir reden hier nicht nur über die Vergangenheit. Ihre Wahrnehmung beeinflusst immer auch das Klima der Gegenwart. Um Grass geht es dem neuen Konservatismus am wenigsten. Er deutet die Aufbrüche zu mehr Freiheit, Toleranz und sozialer Gerechtigkeit aus sehr gegenwärtigen Gründen ins Negative um: Diese Werte nämlich wollen zu einem Weltbild nicht passen, das eher auf aggressive Intoleranz (etwa gegenüber Muslimen) setzt und die soziale Frage weitgehend ignoriert. Der größte Fehler des Günter Grass war sein maßloses Poltern gegen Israel. Sein zweitgrößter Fehler war es, den Geschichtsrevisionisten von heute eine gefährliche Steilvorlage zu liefern.
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