Frankfurter Rundschau: Über 2015 hinausdenken
Frankfurt (ots)
Chemnitz bleibt ein Reizthema für die Republik, obwohl es doch aus Sicht vieler Medien und Politiker um eine simple Frage geht: Pro Neonazis - oder dagegen? Dass das zu einfach gedacht ist, zeigen Leserbriefe, Online-Kommentarspalten und Äußerungen wie die von FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki: Hinter dem Krawall stecke die Entfremdung von einer Flüchtlingspolitik des "Wir schaffen das" von 2015. Diese Lesart ist falsch. Schon zu den Pegida-Demos kamen 2014 Zehntausende nach Dresden. In Hoyerswerda beteiligten sich 1991 Hunderte Anwohner an Angriffen auf Ausländer und Polizei. Neonazis und Gewalt gegen Zugewanderte gibt es auch im Westen. Dass es aber so viele Normalbürger nicht stört, ihre Wut an der Seite von Gewalttätern und Nazis auf die Straße zu tragen, nicht. Wer die Wurzeln des Krawalls in Chemnitz ergründen will, muss weiter blicken als bis 2015. Es ist nicht die erste Chance, über Versäumnisse im Osten zu reden. Wer nur Populismuspunkte sammeln will, vergibt sie.
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