Kommentar in der "Frankfurter Rundschau" vom 17.12.2020: Es ist gut, dass sich die SPD in der Debatte über bewaffnete Drohnen für eine eigene Position entschieden hat.
Deutschland (ots)
Wer anderen die Moral abspricht, sollte sie selbst nicht mit Füßen treten. Annegret Kramp-Karrenbauer verhält sich, als hätte sie davon noch nie etwas gehört. Und nicht nur sie.
Die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin setzt sich für die Anschaffung von Kampfdrohnen ein. Sie glaubt, dass der größtmögliche Schutz deutscher Soldatinnen und Soldaten die Bewaffnung der unbemannten Flugkörper erfordere. Das ist ihr gutes Recht, und wer nicht so unseriös argumentieren will wie sie, sollte ihr abnehmen, dass das ehrlich gemeint ist.
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Die Vorstellung, dass es in Fragen wie dieser zwei moralisch gleichwertige, legitime Anschauungen geben kann, ist offenbar im politisch-medialen Diskurs ins Hintertreffen geraten. Die SPD ist daran nicht ganz unschuldig: Bei ihrem Verhalten in den großen Koalitionen der vergangenen Jahre war ja oft tatsächlich schwer zu unterscheiden, was Überzeugung war und was koalitionspolitische Rücksicht. Aber tut es nicht gerade deshalb der gesamten Debatte gut, wenn die Sozialdemokratie dem Zweifel an einem Projekt mal mehr Gewicht beimisst als der Treue zum Regierungsbündnis?
Diese Betrachtungsweise eröffnet den Blick auf zwei Aspekte, die in den gut neun Monaten bis zur Bundestagswahl noch eine bedeutende Rolle spielen dürften.
Erstens: Wo Unterschiede zwischen den beiden immer noch größten Parteien deutlich benannt werden, kann in der Sache endlich für alle nachvollziehbar gestritten werden. Vorausgesetzt natürlich, auch CDU und CSU wären bereit zur sachlichen Debatte, woran es offensichtlich mangelt, siehe oben.
Zweiter Aspekt: Die Drohnen-Entscheidung der SPD-Fraktion zeigt, dass sich eben doch etwas geändert hat mit der Parteiführung unter dem Duo Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans und mit Rolf Mützenich an der Spitze der Fraktion.
In der Sache ist es keineswegs so, dass die Drohnenfrage ausdiskutiert wäre, wie die Befürworter:innen behaupten. Zwar hat das Verteidigungsministerium Diskussionen und Anhörungen veranstaltet. Daraus entstand im Juli ein Papier, in dem die Anschaffung gefordert wurde.
Und das soll ernsthaft das Ende der Debatte sein? Ein Blick in die Unterlagen der "Stiftung Wissenschaft und Politik", die aus dem Haushalt des Bundeskanzleramts finanziert wird, legt einen anderen Schluss nahe. Die Vorbildwirkung des jetzt zur Debatte stehenden Systems für andere neue Waffensysteme erfordere "die Fortsetzung der unabgeschlossenen gesellschaftlichen Diskussion", heißt es in einem Papier der Stiftung vom September.
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Das heißt: Das vorläufige Nein der SPD ist sachlich gut zu begründen. Parteipolitisch lässt es hoffen, dass der Wahlkampf zu ernsthaften Bemühungen um eine Profilierung als Alternative zur Union führt. Das wäre nur dann "fahrlässig", wenn es statt ehrlicher Überzeugung ausschließlich taktischem Kalkül geschuldet wäre. Dafür aber spricht hier nichts. Die Unterstellung, die SPD gefährde "fahrlässig" Menschenleben, ist so plump, dass sie hoffentlich auf ihre Verursacherin zurückfällt.
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