Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
vzbv-Anwälte: Zweiter Verhandlungstermin in der VW-Musterfeststellungsklage wird es in sich haben
"Es muss um Fakten gehen"
Besteht Anspruch auf Schadensersatz für rund 470.000 Verbraucher?
Das Warten hat ein Ende. Für etwa 470.000 Teilnehmer der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die VW AG steht im Dieselskandal am kommenden Montag die zweite mündliche Verhandlung am Oberlandesgericht in Braunschwieg an. "Es wird dieses Mal um Fakten gehen müssen", ist sich Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll aus Lahr sicher. "Gegenstand der Verhandlung wird die Begründetheit der Klage sein", ergänzt Prof. Dr. Marco Rogert aus Köln seinen Kollegen. Beide sind Mitinhaber der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die die Klage im Diesel-Abgasskandal für den vzbv führt. Es geht also - aus Sicht der Geschädigten endlich - um das Bestehen der möglichen Ansprüche auf Schadenersatz.
Seit über drei Jahren beschäftigen sich die Gerichte mit dem größten Autoskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte. 13 der 24 Oberlandesgerichte haben Volkswagen bisher wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Verbrauchern verurteilt und den Konzern zu Schadensersatz verurteilt. Dabei hat auch ein Umdenken in der Rechtsprechung der Gerichte stattgefunden. Einige Oberlandesgerichte haben sich noch nicht festgelegt, ob Sittenwidriges bei VW vorlag. Auch Landgerichte entscheiden immer häufiger für den geschädigten Verbraucher und gegen Volkswagen. Derzeit verurteilen laut dem Projekt "Dieselskandal" der Universität Regensburg 97 von 115 Landgerichten VW wegen des manipulierten Motors EA 189 zu Schadensersatz.
Am ersten Termin der Klage bestritt VW, dass den Käufern der manipulierten Fahrzeuge ein Schaden entstanden sei. Da wird dieses Thema sicherlich intensiv am Montag in Braunschweig diskutiert werden. Zumal der Vorsitzende Richter am ersten Termin deutlich machte, dass er die Schadensargumentation der Oberlandesgerichte für zweifelhaft halte. Das ist bemerkenswert, da sich die Oberlandesgerichte auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen können. Gleichwohl will das Gericht "sehr ernsthaft" den Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung überprüfen.
Der Bundesgerichtshof hat der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung Auftrieb gegeben. In seinem Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 (VIII ZR 225/17) ist die Manipulation der VW-Motors EA 189 als Sachmangel eingestuft worden. Daraufhin wurde VW vor Landgerichten zur Rücknahme und Neulieferung von Fahrzeugen verurteilt, ohne dass eine Nutzungsentschädigung an den Konzern stattfand.
Wie sieht der Schaden aus, der den Verbrauchern entstanden ist?
Auch diese Frage will das OLG Braunschweig in der Musterfeststellungsklage klären. Hier liegen mittlerweile zahlreiche Gutachten vor. Das Landgericht Gera (Az. 3 OH 56/16) hatte 2018 aus eigenem Antrieb für einen VW Caddy ein Gutachten beim TÜV Thüringen in Auftrag gegeben. Der Caddy war sogar mit einem Software-Update von VW ausgestattet worden. Für den TÜV lag der Fall nach seiner Überprüfung klar auf der Hand: Selbst nach dem durchgeführten Software-Update entsprach das getestete Auto nicht der Typengenehmigung Euro 5 und weiteren gesetzlichen Vorschriften.
Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß konnten bei der Überprüfung die Normen nicht einhalten. Beides lässt sich nach Meinung des TÜV mit derzeit am Markt befindlichen Systemen nicht beheben. Dadurch fand eine Wertminderung des Autos statt. Zumal Fahrzeuge mit Euro 5 Motoren von vielen Fahrzeughändlern derzeit nicht aufgekauft werden.
Daneben gibt es noch weitere spannende Fragen, die auf Antworten warten. Wer wusste zum Beispiel in der Führungsetage bei VW von den Manipulationen am EA 189? Warum hat der Konzern die Manipulation am EA 189 in den USA zugegeben? Interessant wird auch sein, wie sich VW angesichts der Einforderung von Vergleichsbereitschaft durch den Senatsvorsitzenden positionieren wird.
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