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Warum Stephan Harbarth der falsche Präsident des Bundesverfassungerichts ist

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Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwalt Stephan Harbarth soll vom Bundesrat am Freitag, 15. Mai, zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt werden. Die Verbraucher-Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr bereitet derzeit im Fall Harbarth eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 18. März 2020 (Az. 2 BvR 2088/19) die Verfassungsbeschwerde der Kanzlei gegen die Ernennung von Stephan Harbarth zum Bundesverfassungsrichter nicht angenommen. Der Gang ans europäische Gericht ist die letzte Möglichkeit doch noch mit der Beschwerde Gehör zu finden. "Durch die Personalie Harbarth sehen wir die Gefahr, dass Lobbyisten aus der Automobilindustrie direkt Einfluss auf das Gericht ausüben können", begründete Kanzlei-Mitinhaber Ralph Sauer den Gang ans Verfassungsgericht. Die Kanzlei erklärt noch einmal, warum sie die Personalie Harbarth für einen schweren Fehler hält.

Was spricht gegen Stephan Harbarth als Bundesverfassungsrichter?

  1. Vergangenheit bei der Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz SZA
    1. "Durch die Personalie Stephan Harbarth sehen wir die Gefahr, dass Lobbyisten aus der 
       Automobilindustrie direkt Einfluss auf das Gericht ausüben können", begründete Ralph Sauer, 
       Geschäftsführer und Mitinhaber der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, im November 2019 den Gang ans 
       Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Harbarth war in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter in 
       führender Rolle bei der Kanzlei Schilling, Zutt, Anschütz (SZA) in Mannheim als Rechtsanwalt tätig.
    2. Sauer befürchtet die Eventualität, dass Verfahren im Diesel-Abgasskandal, die vor dem 
       Verfassungsgericht landen, auf einen Richter stoßen, der nicht frei von Fremdeinflüssen ist. Die 
       Kanzlei SZA berät die Großindustrie inklusive Automobilindustrie. Gerade deshalb sehen im vom 
       Diesel-Abgasskandal von VW betroffene Verbraucher die Gefahr, dass die Automobilindustrie und der 
       damit zusammenhängende Industriekomplex wie Zulieferer die Möglichkeit erhalten, die Rechtsprechung 
       zu ihren Gunsten zu beeinflussen - und das auf Kosten der Bürger. Die Kanzlei SZA vertritt 
       beispielsweise VW in Aktien-Verfahren.
  2. Doppeltätigkeit als Bundestagsabgeordneter und SZA-Anwalt
    1. Die SZA-Kanzlei führte in ihren Jahresabschlussberichten Stephan Harbarth immer als vollwertiges und
       hauptberufliches Mitglied des Vorstands später als Geschäftsführer. Nach dem Abgeordnetengesetz 
       (Paragraph 44a Satz 1) muss jedoch die Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter im Mittelpunkt des 
       Arbeitslebens eines Abgeordneten stehen. Ist das Mandat ordnungsgemäß ausgeübt worden, konnte 
       Harbarth niemals als Anwalt rechtsberatend tätig gewesen sein, um Einkünfte in Millionenhöhe zu 
       erzielen. Das Abgeordnetengesetz erklärt die "Annahme von Geld oder von geldwerten Zuwendungen" für 
       unzulässig, "wenn diese Leistung ohne angemessene Gegenleistung des Mitglieds des Bundestages 
       gewährt wird" (§ 44a Abs. 2 S. 2 AbgG).
    2. Es besteht somit der begründete Verdacht einer möglichen Fremdbeeinflussung des 
       Bundesverfassungsrichter Stephan Harbarth durch die Automobilindustrie. Damit hat seine Ernennung 
       unmittelbare rechtliche Auswirkungen auf die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche der von der 
       Automobilindustrie im Diesel-Abgasskandal geschädigten Verbraucher. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer 
       vertritt im Skandal zahlreiche Verbraucher unter anderem gegen Volkswagen und Daimler. Insofern sah 
       die Kanzlei in der Verfassungsbeschwerde das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Artikel 19 
       Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz) und dem unabhängigen Richter (Artikel 97 Grundgesetz) gefährdet.
  3. Juristische Reputation als Honorarprofessor fragwürdig
    1. In einem Handelsblatt-Artikel vom 5. März 2020 werden Fragen zur Harbarths fachlicher Reputation 
       aufgeworfen. Im Juni 2018 wurde Harbarth in den Kreis der Herausgeber der renommierten "Zeitschrift 
       für Gesellschaftsrecht" (ZGR) aufgenommen. Zuvor wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte 
       aus dem Herausgeberkreis herausgedrängt. Dagegen klagte Hirte. Eine rechtskräftige Entscheidung 
       steht dazu noch aus.
    2. Bei der Zeitung für Gesellschaftsrecht wird ein Plan für die Aufnahme des künftigen 
       Verfassungsrichters Harbarth hingegen bestritten. Peter Hommelhoff, ehemaliger Rektor der 
       Universität Heidelberg und Mitherausgeber der ZGR sagt: "Den übrigen Herausgebern war bei Berufung 
       von Herrn Harbarth im Juni 2018 nicht bekannt, dass er Ende 2018 zum Bundesverfassungsrichter 
       berufen würde." Hommelhoff ist übrigens der Doktorvater von Stephan Harbarth.
    3. In dem Artikel äußert sich Rechtsanwalt und CDU-Mitglied Claus Schmitz aus Köln skeptisch über die 
       Berufung Harbarths zum Honorarprofessor der Uni Heidelberg im März 2018. Schmitz hatte auch 
       Verfassungsbeschwerde gegen die Ernennung von Harbarth zum Verfassungsrichter eingelegt. Seine 
       Beschwerde wurde wie die von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer nicht angenommen. Ohne eine Professur 
       wäre Harbarth als Verfassungsrichter nicht durchsetzbar gewesen. Deshalb vertritt Schmitz die 
       Ansicht, dass die Uni Heidelberg den Weg für Harbarth geebnet hat.
    4. Anwalt Schmitz hat sich an die Universität gewandt, um zu klären, warum und durch wen Harbarth dort 
       Honorarprofessor wurde. Doch die Universität verweigert ihm die Namen der zwei externen Gutachter, 
       die die Professur stützen, sowie Einsichtnahme in die Gutachten. Auch dem Handelsblatt gegenüber 
       beruft sich die Universität auf Vertraulichkeit - "im Interesse des offenen Wortes in den 
       akademischen Berufungs- und Bestellungsverfahren." Gespräche im Vorfeld der Ernennung seien der 
       Juristischen Fakultät "nicht bekannt". Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich jedoch, dass der 
       ehemalige Heidelberger Uni-Rektor, aktueller ZGR-Mitherausgeber und Harbarths Doktorvater Peter 
       Hommelhoff bei der Ernennung zum Honorarprofessor Pate gestanden haben soll. War Hommelhoff 
       womöglich einer der Gutachter? War der andere ein ehemaliger SZA-Anwalt, der jetzt als Professor 
       lehrt, wie es auf Twitter geflüstert wird?
  4. In der Summe dieses Puzzles wird letztlich der Eindruck erweckt, Harbarth ist von seinen ehemaligen Mandanten und seiner Kanzlei Richtung Bundestag und Bundesverfassungsgericht geschickt worden. Alleine wie er in kürzester Zeit im März 2018 Honorarprofessor und im Juni 2018 Mitherausgeber der ZGR wurde, ist verblüffend. Im April schrieben die ersten Zeitungen, dass Harbarth als Verfassungsrichter und damit später als Präsident des Gerichts im Gespräch sei. Im Herbst 2018 wurde er dann zum Verfassungsrichter gewählt.
  5. Auch seine Wahl zum Bundestagsabgeordneten im September 2009 hat einige Besonderheiten. Bereits im Frühjahr 2008 war klar, dass Harbarths Vorgänger im Wahlkreis Rhein-Neckar, Bernd Schmidbauer, nicht mehr für die Bundestagswahl 2009 kandidieren werde. Posten wie ein mögliches Bundestagsmandat werden in der Regel schon Monate vor der Wahl ausverhandelt. Und genau 2008 schied Harbarth als Partner der internationalen US-Sozietät Shearman & Sterling aus. Für die hatte er seit 2000 gearbeitet. US-Kanzleien haben strenge Richtlinien bei Verbindungen mit aktiven Politikern. Harbarth wechselte zu Schilling, Zutt & Anschütz, die sich im April 2008 aus der Kanzlei Shearman & Sterling wiederausgegliedert hatten. 2000 waren beide Kanzleien am Standort Mannheim zusammen gegangen. Bei SZA übernahm Harbarth 2008 einen Vorstandsposten. Interessanterweise wurde er 2018 Geschäftsführer als die SZA AG in eine GmbH umgewandelt wurde - also in dem Jahr, in dem sein Aufstieg Richtung Bundesverfassungsgericht begann.

Dr. Stoll & Sauer führte Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG und verhandelten einen 830-Millionen-Euro-Vergleich aus. Damit haben die beiden Inhaber Rechtsgeschichte geschrieben. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

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