Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V.
Zwischen Romantik und Fake-News
Zwei Branchen, ein Dialog: Scheunengespräch zu Erwartungen, Erfahrungen und Enttäuschungen im Spannungsfeld von Stadt - Land - Mensch
Krefeld (ots)
Vertreter von Medien und Landwirtschaft miteinander ins Gespräch zu bringen - so lautete das Ziel des Scheunengesprächs im Rahmen des Projekts "Zwei Branchen, ein Dialog" von DIALOG MILCH am 11. September 2018. Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Familie Schulte-Althoff in Haltern am See trafen sich dazu die Journalistin und Rundfunk-Moderatorin Steffi Neu, die Journalistin Anke Gellert-Helpenstein, der Filmemacher Rüdiger Spott, der ehemalige Verleger Konstantin Neven DuMont und die drei Milchviehhalter Cornelia Flatten, Paul-Christian Küskens und Benedikt Langemeyer.
Ein Fazit des sehr gut angenommenen Dialogformats: Enormer Zeit- und Lieferdruck aufseiten der Journalisten trifft auf sehr komplexe Sachverhalte und "kommunikative Unsicherheit" aufseiten der Landwirte: Das gepaart mit zum Teil festen Bildern oder sogar Vorurteilen in manchen Köpfen stehe mitunter einem erfolgreichen und vor allem auch fairen Dialog entgegen. Steffi Neu brachte ihre Sicht als Moderatorin der Dialogrunde auf den Punkt: "Ich habe hier wieder erlebt, dass die landwirtschaftliche Produktion von der Liebe zum Tier, zum Lebensmittel und zur Natur getragen wird, sonst wäre ein Leben mit Arbeit an sieben Tagen die Woche und 365 Tagen im Jahr nicht denkbar", so Steffi Neu. Dieser Dialog und der Blick auf die Arbeit der jeweils anderen Seite seien für gegenseitiges Verständnis deshalb enorm wichtig.
War meine Botschaft verständlich?
Die persönlichen Erfahrungen der Milcherzeuger Cornelia Flatten aus Mömerzheim, Paul-Christian Küskens aus Niederkrüchten und Benedikt Langmeyer aus Mettingen mit Medienvertretern und Journalisten waren durchweg positiv. Benedikt Langemeyer verwies aber auf einen aus seiner Sicht sehr wichtigen Punkt: "Nach meinen Erfahrungen müssen Journalisten aus den Informationen, die sie auf den Betrieben bekommen, eine Story machen können." Für ihn sei deshalb entscheidend, sich im Vorfeld eines Gesprächs mit Journalisten Gedanken darüber zu machen, welche Botschaften zu einen Thema wichtig seien. Bei dem Gespräch sei auf jeden Fall zu prüfen, ob die eigene Botschaft verständlich gewesen und angekommen sei.
Digitalisierung setzt auch die Medien enorm unter Druck
Mit Blick auf die Printmedien machte Konstantin Neven DuMont, ehemaliger Verleger, Aufsichtsrat der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und des Deutschen Presserats e.V., deutlich, dass bei Journalisten und Medien ein enormer Kostendruck herrsche. Einerseits würde eingespart, andererseits müsse alles schnell gehen - und in der Konsequenz leide die Qualität. "Eine wichtige Aufgabe der Medien muss es sein, klarzumachen, dass Qualität ihren Preis haben muss - bei Medien wie bei Lebensmitteln."
Vorurteile nicht verstärken
Die Darstellung der Landwirtschaft in den Medien bediene mit Formaten wie "Bauer sucht Frau" vielfach Vorurteile, stellte die Milchbäuerin Cornelia Flatten fest. Sie hat bislang allerdings auf dem elterlichen Betrieb durchweg gute Erfahrungen mit Medienvertretern gemacht und betont: Man muss diese Vorurteile nicht bedienen, sondern im Dialog richtigstellen." Dafür sei das offene Hoftor eine entscheidende Voraussetzung, denn "wenn Du die Tür zuschiebst statt sie aufzumachen, machen sich die Menschen Gedanken. Wenn sie aber sehen, wie es ist, kann man auch darüber reden!"
Zitate vor Druck vorlegen lassen
Auch die Journalistin Anke Gellert-Helpenstein verweist auf den Druck, unter dem Medienvertreter im Alltag vielfach stehen. Allerdings könne man sich im Bereich der Printmedien doch etwas mehr Zeit lassen, als dies bei TV-Journalisten der Fall sei. Für sie ist im Alltag das Vertrauensverhältnis zu dem Gesprächspartner enorm wichtig: "Was vertraulich und 'off the records' gesagt wird, muss vertraulich bleiben." Und natürlich habe der jeweilige Gesprächspartner das Recht, sich wörtliche Zitate vor Drucklegung zur Freigabe vorlegen zu lassen. Aus ihrer Sicht dürften sich Journalisten aber nicht vor den Karren etwa der Landwirtschaft spannen lassen; eine eigene Recherche sei unverzichtbar.
Frage nach "Probestücken" und Formaten
Der Filmemacher und Kameramann Rüdiger Spott hatte eine Reihe von Tipps für Landwirte, die Anfragen von Fernsehteams erhalten. "Wenn Sie eine Anfrage bekommen, fragen Sie zurück, für welches Format der Beitrag vorgesehen ist." Außerdem bestehe etwa bei Teams vom WDR die Möglichkeit, nach Probestücken zu fragen. "Lassen Sie sich in der Mediathek ein paar bisherige Beiträge dieses Journalisten nennen. So bekommen Sie einen ersten Eindruck von seiner Arbeit." Ganz wichtig sei, sich im Vorfeld Gedanken dazu zu machen, wie die wichtigsten eigenen Botschaften in nur 20 Sekunden Redezeit gepackt werden könnten.
Langfristige Beziehung aufbauen
Paul-Christian Küskens hat mit Besuchen von Journalisten auf seinem Milchviehbetrieb bislang ebenfalls positive Erfahrungen gemacht. "Ich sehe diese Medienkontakte als Chance, um landwirtschaftliches Wissen zu vermitteln, und speichere die Kontaktdaten. Wenn dann von demjenigen eine erneute Anfrage kommt, kann ich das gleich richtig einordnen." Solche wiederholten Anfragen kämen durchaus häufiger vor, berichtet Küskens, der im Übrigen sehr schätzt, wenn Journalisten ihm die Texte vor der Veröffentlichung zur sachlichen Prüfung und Freigabe vorlegen.
Die Moderatorin des Scheunengesprächs, Steffi Neu, zeigte sich von diesem Dialog-Format überzeugt. "Skandale schlagen auf das Verhältnis von Landwirten und Verbrauchern zurück, und die schwarzen Schafe nehmen in der Berichterstattung überhand." Bestehende Vorurteile hielten sich so über Jahrzehnte, auch wenn das Thema lange erledigt sei. Vor diesem Hintergrund sei der Dialog miteinander unverzichtbar.
DIALOG MILCH lebt den Dialog
Die Initiative DIALOG MILCH bietet unter www.dialog-milch.de ein Forum für Informationen, Hintergründe, Argumentationen und Diskussionen zu allen wichtigen Themen rund um Milch, Milchprodukte und die Milchwirtschaft. Die Dialoginitiative wird von den Landesvereinigungen der Milchwirtschaft in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen getragen und soll unter anderem komplexere Sachverhalte verständlich aufbereiten. Ziel ist es, bei kontrovers diskutierten Fragen unterschiedliche Argumente zu Wort kommen zu lassen, Kritisches aufzunehmen und Klischees auszuräumen.
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