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Von "Nirgendwo" nach "Überall":
Zentralasien rückt immer näher an Europa
Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und geostrategische Veränderungen bringen Dynamik in die Beziehungen

Von "Nirgendwo" nach "Überall": / Zentralasien rückt immer näher an Europa / Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und geostrategische Veränderungen bringen Dynamik in die Beziehungen
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Berlin (ots)

"Wenn wir vor ein paar Jahren über Zentralasien sprachen, konnte man sagen, dass es nirgendwo war. Aber heute ist es überall!" Das Zitat des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, das er jüngst auf der EU-Zentralasien-Konferenz im usbekischen Samarkand von sich gab [1], illustriert die Wende in der Entwicklung der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen. Die Dynamik der beidseitigen Annäherung nimmt zu - gerade vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise und der geopolitischen Veränderungen.

Obwohl das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens auf die aktuelle geopolitische Lage mit einer geschickten "multivektoralen Außenpolitik" antwortet und dank seiner geografischen Lage gezwungen ist, mit seinen Nachbarn und Partnern, von China bis Russland, zusammenzuarbeiten, ist Usbekistan trotzdem an einer engeren Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und an einem verstärkten Engagement in der EU interessiert. Es sucht seine Rolle als Plattform für den Dialog zwischen Europa und Asien - und steht damit in der Tradition der jahrtausendealten Geschichte der Seidenstraße.

Auf der anderen Seite schenkt auch der Westen Usbekistan als größtem Land und geografischem Zentrum der Region besondere Aufmerksamkeit, sowohl in politischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht. Die EU bewertet die geostrategische Bedeutung Zentralasiens mit seinen reichen natürlichen Ressourcen neu. Usbekistan gewinnt an Gewicht, man kommt an Taschkent nicht mehr vorbei. Die Stärkung der außenpolitischen Rolle seines Landes auf der internationalen Bühne gehört zur Reformpolitik von Präsident Shavkat Mirziyoyev.

Dass Usbekistan die Vertiefung der Zusammenarbeit mit der EU anstrebt, wird auf europäischer Seite erwidert. Das zeigt die dichte Serie von Besuchen europäischer Politiker in Taschkent. Allein im November kamen Charles Michel, der Präsident des Europäischen Rates, EU-Außenchef Josep Borrell sowie Außenministerin Annalena Baerbock nach Usbekistan. In Samarkand befasste sich die erste Ministerkonferenz zwischen der EU und Zentralasien mit gemeinsamen Projekten im Rahmen des Global-Gateway-Programms. Aus Taschkent schrieb Charles Michel auf seinem Twitter-Account: "Unsere Beziehungen werden immer enger." Zentralasien und die EU bereiten ein Abkommen über erweiterte Partnerschaft und Zusammenarbeit vor.

Niels Annen, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, stellte bei seinem jüngsten Besuch mehr finanzielle und technische Entwicklungshilfe der deutschen Regierung und Unterstützung für Usbekistans Reformkurs in Aussicht. Außenministerin Baerbock, begleitet von einer Wirtschaftsdelegation, kündigte Investitionspläne europäischer Unternehmen in Zentralasien und Usbekistan an.

Sicherheitspolitisch ist es Usbekistan gelungen, als wichtigster Partner der EU in Zentralasien anerkannt zu werden. Vor allem während des Afghanistan-Einsatzes war Usbekistan eine wichtige logistische Drehscheibe für Deutschland. Taschkent unterstützte die Bundeswehr bei der Evakuierung von Deutschen und anderen Europäern sowie afghanischen Flüchtlingen aus Kabul. Viele Tausend Menschen wurden über den Flughafen von Taschkent und andere usbekische Flughäfen evakuiert.

Dies war möglich, weil die usbekische Führung eine der wenigen ist, die offiziell mit den Taliban verhandelt und im Dialog mit ihnen steht, um so die afghanische Bevölkerung zu unterstützen. Sie ist der Ansicht, dass die isolationistische Politik gegenüber Afghanistan in der Vergangenheit die Gefahr für die gesamte Region nur noch vergrößert habe und daher ein Dialog mit den Taliban geführt werden sollte. In dieser Frage verfolgen Taschkent und Berlin unterschiedliche Ansätze. Die Bundesregierung stellt in ihrer Afghanistan-Politik die Menschenrechte in den Vordergrund.

Während Europas Beziehungen zu Russland zum Stillstand gekommen sind und China zunehmend als Systemgegner wahrgenommen wird, gewinnt die Partnerschaft mit Zentralasien an Bedeutung. Es ist freilich nicht zu erwarten, dass Moskau und Peking ihren Einfluss auf Zentralasien lockern und einer verstärkten Partnerschaft mit dem Westen gleichgültig zusehen werden.

[1] 17. November 2022, Pressekonferenz in Samarkand: https://www.eeas.europa.eu/eeas/eu-central-asia-ministerial-remarks-high-representativevice-president-josep-borrell-joint_en

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