Asset Management in der Schweiz vor großen Herausforderungen
Studie von zeb und SFI zeigt unterschiedliche Wahrnehmung von Eigen- und Fremdbild bei Asset Managern
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Münster/Zürich (ots)
Das Asset Management in der Schweiz steht trotz hoher Kompetenzzuschreibung, aussichtsreicher Marke und ansprechender Performance vor großen Herausforderungen. So sind Optimismus und Selbstbewusstsein der Anbieter zwar stark ausgeprägt. Andererseits schwindet das Vertrauen der Investoren in die Branche zunehmend, echte Alleinstellungsmerkmale/USP fehlen und das aktuelle Stärken-/Schwächen-Profil im Schweizer Asset Management entspricht nur eingeschränkt den Schlüsselerfordernissen der Branche. Dies sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen "Asset Management Studie Schweiz 2015", die zeb, spezialisiert auf die Beratung der europäischen Financial Services Industrie, und Swiss Finance Institute (SFI) gemeinsam in Zürich vorgestellt haben.
Basis der "Asset Management Studie Schweiz 2015" ist eine umfangreiche Online-Befragung mit über 500 Branchenteilnehmern. Abgefragt wurden die Einschätzungen zum gegenwärtigen sowie mittelfristig erwarteten Entwicklungsstand des eigenen Unternehmens sowie der Industrie insgesamt im internationalen Vergleich. Hintergrund der Untersuchung war der Anspruch wesentlicher nationaler Akteure, das Schweizer Asset Management angesichts eher mäßiger Wachstums- und Profitabilitätsaussichten insbesondere im Private und Investment Banking zu einer tragenden Säule des Finanzplatzes Schweiz auszubauen.
Das Gesamtergebnis der Studie bietet zunächst ein relativ positives Selbstbild des Schweizer Asset Managements in Bezug auf seine Wettbewerbsfähigkeit und geht von wachsenden Vorsprüngen gegenüber der internationalen Konkurrenz aus. Dabei fällt aber zum einen auf, dass die Hauptstärke im Bereich der Infrastruktur gesehen wird, die vor dem Hintergrund der Globalisierung und Digitalisierung aus Sicht von zeb und SFI allerdings nicht anhalten dürfte und keinen zentralen Erfolgsfaktor darstellt. Zum anderen sind insbesondere die Investoren als Schlüsselgruppe nicht nachhaltig von den Zukunftsaussichten des Schweizer Asset Managements überzeugt.
Die Innovationskraft bzgl. geeigneter AM Solutions und Produkte wird vom Gesamtmarkt eher kritisch eingeschätzt, die Qualität international akzeptierter Investmentlösungen nur als mittelmäßig beurteilt. Dagegen werden die Schweizer Asset Manager von der Gesamtheit der Teilnehmer aktuell als international überlegen bewertet, wobei sich dieser Vorsprung nach Ansicht der Studienteilnehmer noch weiter vergrößern dürfte. Das positivste Urteil zur Qualität der Asset Manager stammt bezeichnenderweise von diesen selbst - und liegt deutlich über den Einschätzungen anderer Teilnehmergruppen, insbesondere der Investoren.
Bei der Analyse des Outsourcing-Verhaltens fällt auf, dass von niedriger Basis ausgehend eine deutliche Tendenz zur Auslagerung von Aktivitäten ins Ausland - auch in Bezug auf Kernfunktionen wie Produktentwicklung, Asset Allocation und Risikomanagement - gesehen wird. Dabei spielen nicht nur Kosten-, sondern auch aus Qualitätsüberlegungen eine Rolle. Dieses Phänomen ist insbesondere bei Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von weniger als CHF 20 Mrd. zu beobachten.
Die aktuelle Regulatorik für die Branche wird unisono als wenig hilfreich eingestuft. Die Branche fühlt sich durch die geltenden Vorschriften international deutlich benachteiligt. Erfreuliche Resultate fördern Fragen zum "Branding" zutage. Die Investoren sind mit den Investmentergebnissen durchaus zufrieden, und die entstehende Markenwahrnehmung des "Swiss Asset Management" ist deutlich positiv. Auch im Hinblick auf die finanziellen Standortanreize für Investoren und Asset Management-Unternehmen sowie deren Belegschaft gibt es gute Nachrichten. Zwar schwindet die traditionell sehr hohe Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz nach Meinung der Teilnehmer, aber auch mittelfristig sollte ein spürbarer Vorteil gegenüber konkurrierenden Märkten fortbestehen. Die technische und Service-Infrastruktur werden bereits heute deutlich überdurchschnittlich eingeschätzt - bei weiter steigender Tendenz.
Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung wurden die Teilnehmer auch um Einschätzungen der wichtigsten und dringlichsten Aspekte ihrer Branche gebeten. Hier wird deutlich, dass nach Betrachtung aller Einzelthemen das Stärken-/ Schwächen-Profil des Schweizer Asset Managements insgesamt nicht hinreichend den tatsächlichen Erfordernissen und Prioritäten der Branche entspricht.
Zusammenfassend zeigen sich auf einem guten Fundament ernste Herausforderungen, die deutliche Anstrengungen für das Schweizer Asset Management nach sich ziehen. Obwohl Regulierer, Politik und Lobbyisten aufgefordert sind, zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Asset Managements deutliche Unterstützung und Erleichterungen für die Branche zu erwirken, liegt die Hauptverantwortung bei den Asset Management-Unternehmen. Diese sind angehalten, echte Alleinstellungsmerkmale/USP auszuarbeiten und ihre Innovationskraft zu stärken, ihre Geschäfts- und Organisationsmodelle zu überprüfen und sich auf profitable Aktivitäten zu konzentrieren.
Carsten Wittrock, Partner von zeb: "Oberflächlich betrachtet muten die Einschätzungen der Industrie hinsichtlich der Positionierung des Schweizer Asset Management positiv an. Der konstatierte gute Durchschnitt insbesondere aus der Sicht der Investoren reicht angesichts innovativer internationaler Wettbewerber und fortschreitender Digitalisierung zukünftig aber nicht mehr aus, um ein nachhaltig profitables Wachstum im Asset Management zu gewährleisten. Alleinstellungsmerkmale und eine starke Client Proposition sind mehr denn je gefragt, gerade auch für die bis dato eher in der Rolle als Produzent agierenden Asset Manager."
Gabriela Maria Payer, Head Education SFI: "Die hohe Wertschätzung der Infrastruktur im Schweizer Asset Management könnte eine gefährliche "Scheinsicherheit" vermitteln, die nötige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft behindert."
Heinz Rubin, Managing Partner von zeb: "Das Asset Management in der Schweiz steht vor großen Herausforderungen, ein Umbruch deutet sich an. Treiber des Wandels sind die Investoren der Branche. Aus ihrer Sicht hat die Schweizer Asset Management-Industrie in den letzten Jahren an Attraktivität eingebüßt. Will man in den kommenden Jahren die passable Position halten, wird eine deutliche Frischzellenkur an Innovationen und neuen Ideen nötig sein. Unternehmen, die sich proaktiv diesem Wandel stellen, werden die Chance haben, nicht nur in der Schweiz sondern weltweit das Asset Management-Geschäft entscheidend zu gestalten."
Die Studie
Das Themenspektrum der "Asset Management Studie Schweiz 2015" basiert u.a. auf dem "Grundlagenpapier Asset Management in der Schweiz", das im November 2012 von der Swiss Banking Association ("SBA") und der Swiss Funds Association ("SFA") zur Förderung des Asset-Management-Standorts Schweiz veröffentlicht wurde. Die SBA ist einer der Mitbegründer des SFI. Die Untersuchungsfelder der Studie werden in einem Swiss Asset Management-Index (SAM-X) zusammengefasst und zukünftig periodisch erhoben, um die Entwicklung der Stimmungslage und die Einschätzung von Marktteilnehmern zur Schweizer Asset Management Branche kontinuierlich zu verfolgen. Die zentralen Schlüsselfaktoren werden über Sub-Indices Regulatorik und Standards, Infrastruktur, Kompetenz, Produkte, finanzieller Standortanreiz und Marke abgebildet. Zielgruppen der Umfrage sind Investoren, Asset-Management-Gesellschaften, regulatorische und akademische Einrichtungen sowie Administratoren von Assets und der Management und Beratungsunternehmen für die Branche.
zeb
zeb ist Europas führende auf den Finanzsektor spezialisierte Managementberatung und berät seit seiner Gründung 1992 Banken, Versicherungen, Asset Manager und Investoren in Fragen der Unternehmensstrategie und -profitabilität, Vertrieb und Organisation/IT. zeb baut für die Analyse des Schweizer Asset Managements auch auf seine starke akademische Tradition.
SFI
Das SFI ist der führende Träger von Research und Wissenstransfer sowie Aus- und Weiterbildung für die Schweizer Finanzindustrie sowie ein Bindeglied zwischen Finanzmarktforschung und -praxis. Seit seiner Gründung 2006 ist das SFI für Asset Management in Forschung und Bildung führend. Themen wie bspw. Asset Pricing und Risk Premia oder Behavioural Investing sind Schlüsselthemen für Professoren und Doktoranden des SFI und in der praktischen Umsetzung. Auf Basis dieser spezifischen Stärken hat das SFI seine Aktivitäten in 2015/16 dem Thema Asset Management gewidmet.
Weitere Informationen: https://www.zeb.eu/about-us/markets#switzerland
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Thomas Becker
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