Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte
Abgasskandal: Kauf nach ad-hoc-Meldung
OLG Köln gibt Klage statt
Köln (ots)
Die Kölner Kanzlei Rogert & Ulbrich hat vor dem 20. Senat des Oberlandesgerichts Köln ein spektakuläres Urteil erstreiten können (OLG Köln vom 18.12.2020, Az. 20 U 288/19).
Der 20. Senat des Oberlandesgerichts Köln folgte der Argumentation des Klägers und wies trotz der aktuellen Rechtsprechung des BGH die Berufung der in der ersten Instanz unterlegenen Volkswagen AG ab und zeigte einmal mehr, wie wichtig eine Differenzierung gerade bei auf den ersten Blick gleich gelagerten Fällen ist.
In diesem Verfahren ging es um die Klage eines Tiguan-Fahrers, der sein Auto zwar nach der sog. "ad-hoc-Meldung", jedoch bereits mit Software-Update gekauft hat.
Unter Berücksichtigung aller Umstände könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beklagte Volkswagen AG ihre zuvor getroffene strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das Kraftfahrtbundesamt und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, durch die Strategie ersetzt hatte, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrtbundesamt Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen.
Mit anderen Worten - die Wandlung der Volkswagen AG vom Saulus zum Paulus fand nach Ansicht des Senats nicht ohne weiteres statt.
Der Senat ging in seinem Urteil davon aus, dass das Software-Update nicht zu einem gesetzeskonformen Zustand des Fahrzeugs geführt und die Volkswagen AG dies durch eine Manipulation des "On Board Diagnosis-Systems" - und damit ununterbrochen fortgesetzte Täuschung - zu verschleiern versucht habe. Daher sei das von VW an den Tag gelegte Verhalten weiterhin als sittenwidrig zu bewerten.
Anders als bei dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt, könne der Ad-hoc-Mitteilung von VW vom 22. September 2015 nur scheinbar die Eignung zugesprochen werden, das Vertrauen potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören und diesbezügliche Arglosigkeit zu beseitigen.
Im Gesamtzusammenhang des Verhaltens von Volkswagen zielte die ad-hoc-Mitteilung tatsächlich im Gegenteil objektiv darauf ab, soviel wie möglich von dieser Arglosigkeit zu erhalten und mit der Zusage eines vom KBA genehmigten Updates, welches angeblich alle Unstimmigkeiten beseitigen würde, zu nähren. Auf diesem Boden sei es möglich gewesen, die Erwartung zu begründen, mit dem Software-Update würden die öffentlich eingeräumten "Unregelmäßigkeiten" endgültig beseitigt und ein gesetzmäßiger Zustand hergestellt sein.
Bei dieser Bewertung komme der ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 nicht die Zäsurwirkung zu, die sie nach dem Sachverhalt des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2015 - VI ZR 5/20 - hatte. Die für das Sittenwidrigkeitsurteil erforderliche umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck ihres Handelns fällt daher hier auch für den Zeitpunkt des in Rede stehenden Fahrzeugkaufs im Dezember 2016 zulasten von Volkswagen aus.
"Der BGH schien die Tür für Ansprüche von Spätkäufern zugemacht zu haben. Nachdem wir die Behauptungen der Beklagten zur Abkehr vom sittenwidrigen Handeln seziert und ad absurdum geführt haben, ist uns das OLG Köln erfreulicherweise gegen die allgemeine Tendenz der Obergerichte, die BGH-Rechtsprechung ohne Berücksichtigung des konkreten Vortrags zu übernehmen, gefolgt. Das muss Schule machen, denn das BGH-Urteil beruht auf einem unzutreffenden aber unstreitig gebliebenen Sachverhalt. Wir kämpfen weiter für die Rechte der Betroffenen", versichert Rechtsanwalt Dr. Marco Rogert von der Kanzlei Rogert & Ulbrich.
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