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Erbgut des Auerochsen entschlüsselt

Forschende bestimmen das Genom aller Unterarten des ausgestorbenen Auerochsen und zeigen die Geschichte ihrer Entwicklung bis zum Hausrind / Veröffentlichung in „Nature“

Die Ergebnisse einer internationalen Studie beschreiben die genetische Entwicklung des Auerochsen (Bos primigenius), des wilden Vorfahren des Hausrindes, während und nach der Eiszeit. Die mitteleuropäische Unterart wurde dabei durch Gen-Sequenzierungen bestimmt. Für diese Untersuchung kamen Proben zum Einsatz, die im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Our Way to Europe“ an der Universität zu Köln entnommen wurden. Die Ergebnisse der Studie „The genomic natural history of the aurochs“ wurden nun in Nature präsentiert.

Bereits 2014 ließen Professor Dr. Andreas Zimmermann und seine Mitarbeiterin Dr. Birgit Gehlen vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln zehn Auerochsindividuen am Kölner Accelerator Mass Spectrometer (CologneAMS) datieren. Die Knochen waren in den 1980er Jahren in Bedburg-Königshoven im damaligen Braunkohletagebau ausgegraben worden. „Sie waren durch das damals verwendete Konservierungsmittel verunreinigt, was zu uneinheitlichen und überwiegend falschen Daten geführt hatte“, erklärt Gehlen. „Die Neudatierungen im Rahmen des SFB ergaben ein Alter von etwa 11.700 Jahren. Damit ist Bedburg-Königshoven eine der seltenen Fundstellen des frühesten Holozäns in Mitteleuropa, ein Zeitalter, das von vor 11.700 Jahren bis heute dauert.“

Die Datierung in die früheste Mittelsteinzeit und die verhältnismäßig große Anzahl an Auerochsenknochen – darunter einige größere Schädelfragmente – erregten das Interesse von Dr. Amelie Scheu von der Paläogenetischen Arbeitsgruppe an der Universität Mainz. Sie entnahm Proben von den zehn Auerochsen. Es stellte sich heraus, dass bei zwei Individuen die aDNA (alte DNA) so gut erhalten war, dass sie sich für Tiefensequenzierungen und weiterführende Untersuchungen eigneten. Diese wurden in den darauffolgenden Jahren im Rahmen eines Projektes am Trinity College der Universität Dublin in Irland durchgeführt.

Die Studie deckte insgesamt große genomische Trennungen zwischen dem europäischen Auerochsen, dem nordasiatischen Auerochsen und dem südasiatischen Vorfahren auf, die während der gesamten letzten Eiszeit, mindestens seit dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Ost- und West-Bos primigenius vor ca. 90.000 Jahren, bestehen blieben. Nach dem Höchststand der letzten Eiszeit besiedelten Auerochsen der Iberischen Halbinsel Mitteleuropa wieder. Vor ca. 11.700 Jahren, mit den markanten Klimaverbesserungen am Beginn der Nacheiszeit, begann eine Phase von Migration und Vermischung.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen auch ältere Vermutungen, dass Menschen in der Steinzeit nur bei sehr wenigen Gelegenheiten und innerhalb eines bestimmten historischen Zeitfensters Auerochsen einfingen und isolierten. Zudem geht das europäische domestizierte Hausrind auf eine geringe Anzahl von Individuen der wilden Vorfahren in Vorderasien vor ca. 11.000 Jahren im Nahen Osten zurück. Dieser Befund spricht für eine vom Menschen praktizierte Haltung von Auerochsen, die eine absichtliche Fütterung einschließt. Es handelte sich also nicht um einen passiven, schrittweisen Prozess, sondern um eine gezielte Domestizierung innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne.

„Mithilfe der Proben aus Bedburg-Königshoven konnte das Genom des mitteleuropäischen Auerochsen zum ersten Mal vollständig entschlüsselt und die Geschichte der europäischen und asiatischen Wildrinder und der heutigen Hausrinder besser beschrieben werden“, so Dr. Birgit Gehlen.

Inhaltlicher Kontakt:

Dr. Birgit Gehlen

Universität zu Köln

Institut für Ur- und Frühgeschichte

+49 221 470 6783

bgehlen1@uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:

Robert Hahn

+49 221 470 2396

r.hahn@verw.uni-koeln.de

Veröffentlichung:

https://www.nature.com/articles/s41586-024-08112-6

Verantwortlich: Dr. Elisabeth Hoffmann – e.hoffmann@verw.uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Dr. Elisabeth Hoffmann
+49 221 470-2202 
e.hoffmann@verw.uni-koeln.de 
V.i.S.d.P.: Dr. Elisabeth Hoffmann
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