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Wie die deutsche Industrie bis 2045 zukunftsfähig werden kann

Gemeinsame Pressemitteilung

Wie die deutsche Industrie bis 2045 zukunftsfähig werden kann

Klimaneutrales Deutschland 2045: Studie bietet schlüssiges Zukunftsbild und kann als Grundlage für eine lösungsorientierte Diskussion dienen

Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise, gleichzeitig verschärft sich die globale Klimakrise. Damit sich die deutsche Industrie zukunftsfähig aufstellen kann, muss ihre Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Dies geht einher mit der Chance, international eine Vorreiterstellung im Bereich der klimaneutralen Zukunftstechnologien einzunehmen. Dafür haben das Wuppertal Institut und die Universität Kassel im Rahmen der Agora-Studie „Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung“ einen Zielpfad für die Transformation des Industriesektors erarbeitet: Die Forschenden skizzieren, wie die Produktion in Deutschland bis 2045 klimapositiv werden kann.

Wuppertal/Kassel, 16. Dezember 2024: Deutschland befindet sich mitten im Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Doch während im Energiesektor in den letzten Jahren schon große Erfolge erzielt werden konnten, steht die Transformation des Industriesektors noch vergleichsweise am Anfang – und findet derzeit in einem herausfordernden Umfeld statt: Infrastrukturen müssen zügig um- und aufgebaut werden, die benötigten öffentlichen Investitionen sind angesichts der angespannten Haushaltslage ungewiss und geopolitische Spannungen sowie Ankündigungen aus den USA zur Einführung von Zöllen, beziehungsweise zu deutlichen Erhöhungen, könnten dazu beitragen, dass der weltweite Handel zukünftig weiter eingeschränkt wird.

Ein Fahrplan, um die deutsche Industrie klimapositiv umzugestalten

Die nun erschienene Vertiefung der Szenariopfade der Agora-Studie „Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung“ zeichnet Wege, wie die deutsche Industrie das Klimaschutzziel für 2030 erreichen kann und gleichzeitig Kurs auf eine klimapositive Produktion bis 2045 nimmt. „Wesentlich für das Gelingen einer industriellen Transformation ist Planungssicherheit und damit ein belastbares Zukunftsbild, das Orientierung bezüglich des notwendigen Wandels bietet – und ein klares Leitbild für Investitionen und politische Rahmenbedingungen,“ sagt Dr. Georg Holtz, Senior Researcher im Forschungsbereich Sektoren und Technologien am Wuppertal Institut, der an der Studie mitgewirkt hat.

In ihrem Studien-Szenario betrachten die Forschenden dafür nicht nur die Produktionsprozesse in der Grundstoffindustrie, sondern auch die gesamten Wertschöpfungsketten und Materialflüsse sowie die Möglichkeiten, Stoffkreisläufe zu schließen, was sowohl einen Beitrag zum Klimaschutz als auch zur Versorgungssicherheit leistet. „Die Potenziale für den zukünftigen Einsatz recycelter Materialien konnten wir durch eine detaillierte Modellierung von Produktionsketten robuster ermitteln als in bisherigen Studien und damit ihren zentralen Beitrag zu Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit aufzeigen,“ ergänzt Dr. Clemens Schneider, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Sustainable Technology Design und im Kassel Institute for Sustainability der Universität Kassel, der ebenfalls an der Studie mitwirkte.

Zu den zentralen Erkenntnissen aus dem Industrie-Szenario zählen:

  • Die Prozesswärme-Bereitstellung kann und sollte weitgehend elektrifiziert werden, insbesondere durch den Einsatz von Wärmepumpen für niedrige Temperaturbereiche. Der Stromverbrauch der Industrie würde sich so zwar verdoppeln, aber gleichzeitig ließe sich der Erdgasverbrauch bis 2040 auf nahezu Null senken.
  • Biomasse sollte vor allem stofflich genutzt werden – oder, zur Sicherung von Negativemissionen, in Kombination mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS). Für die Chemieindustrie bietet Biomasse als Kohlenstoffträger eine Alternative zu fossilen Rohstoffen.
  • Kunststoffabfälle und Nebenprodukte aus Chemieparks können verstärkt recycelt werden und so ebenfalls fossile Rohstoffe der Chemieindustrie ersetzen.
  • Der Ausstieg aus der traditionellen Hochofen-Technologie in der Stahlindustrie könnte durch eine Umstellung auf Direktreduktionsanlagen bereits bis 2035 erreicht werden.
  • Die Verwendung von CO2-intensivem Zementklinker kann gemäß der Studienergebnisse langfristig um mehr als 40 Prozent reduziert werden.
  • CCS leistet einen notwendigen Beitrag zur Klimaneutralität und sollte primär im Verbund mit technisch unvermeidbaren CO2-Strömen in der Zement- und Kalkindustrie sowie der Abfallwirtschaft zur Anwendung kommen. Auch bei einzelnen Punktquellen der Stahl- und chemischen Industrie kann CCS mittelfristig zur schnellen CO2-Minderung beitragen – sowie langfristig, in Kombination mit Biomasse, zur Sicherung von Negativemissionen. Ein zu starker Fokus auf fossiles CCS in diesen Branchen birgt jedoch Risiken für Lock-In-Effekte und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Agora Think Tanks werden die Studie als Grundlage für weitere Untersuchungen sowie für die Diskussion politischer Strategien und Maßnahmen nutzen. Sie kann einen wichtigen Beitrag zur Orientierung für die laufenden Strategieprozesse auf Bundesebene leisten: zur Kreislaufwirtschaft, zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse, zum Carbon Management, zu negativen Emissionen – und nicht zuletzt auch für die wettbewerbsfähige und versorgungssichere Aufstellung der deutschen Industrie.

Weitere Informationen:

Studie: Klimaneutrales Deutschland

https://www.agora-energiewende.de/publikationen/klimaneutrales-deutschland-szenariopfade

Projekt: KNDE-Update 2024

https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/2384

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Gemeinsame Pressemitteilung

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

VisdP: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer

Kontakt: Luisa Lucas, stellvertretende Pressesprecherin

Tel: +49 202 2492-292

E-Mail: luisa.lucas@wupperinst.org

Wissenschaftliche Ansprechperson

Dr. Georg Holtz

E-Mail: georg.holtz@wupperinst.org

Tel: +49 202 2492-313

Universität Kassel

Pressekontakt: Sebastian Mense, Kommunikation und Marketing

Tel: +49 561 804-1961

E-Mail: presse@uni-kassel.de

Wissenschaftliche Ansprechperson:

Dr. Clemens Schneider

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E-Mail: clemens.schneider@uni-kassel.de

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Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

Das Wuppertal Institut ist ein umsetzungsorientiertes Forschungsinstitut für Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung. Kernauftrag des 1991 gegründeten Wuppertal Instituts ist es, auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse einen Beitrag dafür zu leisten, die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Transformationspfaden in eine klimagerechte und ressourcenschonende Zukunft. Dafür entwickeln die Wissenschaftler*innen System-, Ziel- und Transformationswissen und erforschen praxisnahe Leitbilder und Strategien für die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – auf lokaler Ebene, in Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt. wupperinst.org

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Die Universität Kassel ist mit rd. 22.000 Studierenden eine der mittelgroßen Universitäten Deutschlands. Mehr als 300 Professuren sind in elf Fachbereichen organisiert – zahlreiche weitere Professuren richtet die wachsende Universität derzeit ein, nicht zuletzt für das Kassel Institute for Sustainability. In diesem neuen Wissenschaftlichen Zentrum setzen sich Studierende und Forschende mit den Nachhaltigkeits-Zielen der Vereinten Nationen auseinander und prägen damit auch das Profil der Universität. Zahlreiche neue Studiengänge entstehen in den kommenden Jahren in diesem Bereich der Nachhaltigen Transformationen. Daneben stellen Materialien der Zukunft einen weiteren Schwerpunkt in Forschung und Lehre dar. Rund ein Fünftel aller Immatrikulierten studiert auf Lehramt. https://www.uni-kassel.de/uni/

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Sebastian Mense
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