EnBW Energie Baden-Württemberg AG
90 Milliarden Kilowattstunden emissionsfreier Strom in über 36 Jahren
Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim markiert Umbruch im Erzeugungs-Mix
Abbaukonzept sichert Beschäftigung und ist umweltschonend
Karlsruhe (ots)
Anfang April 1969 begann das Kernkraftwerk Obrigheim seinen kommerziellen Leistungsbetrieb. Heute, 36 Jahre später, naht das Ende des Kraftwerks. Ende April bzw. Anfang Mai 2005 wird das Kernkraftwerk entsprechend der gesetzlichen Vereinbarung zum Kernenergieausstieg vom Netz gehen. "Mit der abgearbeiteten Reststrommenge von insgesamt 14,2 Milliarden KWh geht eine für das Land, die Region und für die Gemeinde Obrigheim prägende Ära zu Ende. Insgesamt wurden in Obrigheim sicher und zuverlässig mehr als 90 Milliarden KWh emissionsfreier Strom erzeugt und damit der Umwelt im Vergleich zu einem modernen Braunkohlekraftwerk rund 90 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Emissionen erspart", so Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartkopf, Technikvorstand der EnBW Energie Baden-Württemberg AG anlässlich einer Pressekonferenz am Kraftwerkstandort.
Der Blick der EnBW richtete sich aber auch in die nahe Zukunft, denn nach dem Abschalten wird die Anlage in einer zwei Jahre dauernden Nachbetriebsphase auf die Stilllegung vorbereitet. "In dieser Zeit sind die im Reaktorzyklus eingesetzten Brennelemente in das Standortzwischenlager zu überführen und die für den Leistungsbetrieb erforderlichen Betriebsstoffe zu entsorgen", so Hartkopf. Im Anschluss daran erfolgt der Abbau des Kraftwerks, der ab 2021 mit dem möglichen Abriss der Anlage voraussichtlich im Jahr 2023 abgeschlossen sein könnte. Begleitend zum Abbau der Anlage wird die EnBW auch ein Wissensmanagement-Projekt auflegen, welches die im Abbau gewonnenen spezifischen Kenntnisse optimal nutzt und auch für künftige Stilllegungsvorhaben sichert. "Mit diesem Pilotprojekt werden wir einen wichtigen Beitrag zum Kompetenzerhalt in der EnBW und im Land Baden-Württemberg leisten können", so Hartkopf.
Investitionen von über 300 Millionen Euro garantierten stets hohes Sicherheitsniveau
Wenngleich das Kernkraftwerk Obrigheim das älteste der derzeit im Betrieb befindlichen kommerziellen Leistungsreaktoren ist, zählt es mit einer Verfügbarkeit zwischen 88 und 96 Prozent in den letzten fünf Jahren unverändert zu den zuverlässigsten Kernkraftwerken. "Auf diese Leistung kann man stolz sein. Ohne eine hoch motivierte, sehr gut ausgebildete und verantwortungsvoll handelnde Mannschaft sowie erhebliche Investitionen in die Sicherheit der Anlage wäre dieses gute Ergebnis nicht möglich", so Hartkopf. Im Zuge eines über 200 Projekte umfassenden technischen Nachrüstprogramms wurden über 300 Millionen Euro in die Sicherheit der Anlage investiert. Dank dieser Investitionen weist das Kraftwerk bis zum heutigen Tag ein am aktuellen Stand der Technik orientiertes hohes Sicherheitsniveau auf, das auch mit neueren deutschen wie auch internationalen Anlagen vergleichbar ist. "Technisch betrachtet müsste das Kernkraftwerk Obrigheim seinen Betrieb nicht einstellen. Wir respektieren jedoch den politisch gewollten und gesetzlich festgeschrieben Ausstieg aus der Kernenergie und erfüllen mit dem Abschalten unseren Teil der Vereinbarung", so Hartkopf.
Umbruch im Erzeugungs-Mix - Investitionen in konventionelle Kraftwerke und Erneuerbare Energien
Die Abschaltung des Kernkraftwerks Obrigheim markiert daher auch einen Umbruch in Richtung verändertem Energie- bzw. Erzeugungs-Mix. Um die Erzeugungskapazitäten, die mit dem Abschalten von Kernkraftwerken wegfallen, zu kompensieren, analysiert und bewertet die EnBW derzeit mögliche Standorte und mögliche Energieträger für zwei neue größere Kraftwerksinvestitionen in Baden-Württemberg. Eine Grundsatzentscheidung bezüglich Kraftwerkstypen bzw. Standorte soll zwischen Sommer 2005 und Sommer 2007 getroffen werden. Darüber hinaus hofft die EnBW, dass in diesem Jahr die Erweiterung des Laufwasserkraftwerks Rheinfelden beschlossen werden kann. Mit dieser Entscheidung und dem geplanten Neu- bzw. Erweiterungsbau soll die durchschnittliche Jahresproduktion im Vergleich zum Altkraftwerk von derzeit 185 Millionen kWh auf 600 Millionen kWh erhöht und damit der Stromertrag aus grundlastfähiger erneuerbarer Energie mindestens verdreifacht werden.
Neben ihren ambitionierten Zielen beim Neubau von Wasserkraft-, Kohle- und/oder Gaskraftwerken investiert die EnBW gezielt in ihre Bestandsanlagen. So soll beispielsweise durch neue und weiterentwickelte Turbinenschaufeln mit einem höheren Wirkungsgrad die installierte technische Leistung am Kraftwerksstandort Altbach-Deizisau dauerhaft erhöht werden. Ohne zusätzlichen Brennstoffverbrauch bei gleichzeitiger Reduktion des spezifischen CO2-Ausstoßes kann auf diese Weise umweltfreundlich eine so genannte "Grüne Megawatt (MW)" hinzugewonnen werden. Eine ähnliche Maßnahme wurde für das Rheinhafen-Dampfkraftwerk Karlsruhe sowie die Reaktivierung von Kraftwerksblöcken in Marbach und Walheim beschlossen. Mit dieser Modernisierungsmaßnahme setzt die EnBW ihre Aktivitäten zum Erhalt und Ausbau ihrer Kraftwerkskapazitäten und damit zur Stärkung des Energiestandorts Baden-Württemberg und zur Arbeitsplatzsicherung konsequent fort. Die Aktivitäten der EnBW zielen auf eine auch langfristig zuverlässige und effiziente Stromversorgung. "Hierzu setzten wir auf einen ausgewogenen Energiemix, der wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten gleichermaßen Rechnung trägt. Klar ist aber auch, dass trotz unserer Anstrengungen im Bezug auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien künftig allein durch die notwendige Fokussierung auf konventionelle Kraftwerke wie Kohle oder Gas die CO2-Emissionen zunehmen werden", erläutert Hartkopf.
In drei Schritten zum Abriss des Kraftwerks
Im Jahr 2007 wird die Nachbetriebsphase des Kernkraftwerks Obrigheim beendet sein, auf die dann der Abbau der Anlage in drei Phasen erfolgt. "Das von uns entwickelte Konzept sieht durchgängige Arbeitsabläufe bis zum Abschluss des Abbaus im Jahr 2023 vor und berücksichtigt damit die Interessen der Beschäftigten und der Politik gleichermaßen", erläutert Konrad Schauer, Geschäftsführer des Kernkraftwerks Obrigheim GmbH. Von 2007 bis 2010 soll der Überwachungsbereich, von 2011 bis 2018 der Kontrollbereich und in den Jahren 2019 sowie 2020 die Restsysteme abgebaut werden. Zum Überwachungsbereich zählen beispielsweise der Generator, der Turbosatz, Speisewasserpumpen sowie Frischdampf- und Speisewasserleitungen im Maschinenhaus. Der Kontrollbereich umfasst kontaminierte Anlagenbereiche. Neben leichtkontaminierten Anlagenkomponenten wie Frischdampf- und Speisewasserleitungen sowie lufttechnische Anlagen im Reaktorgebäude werden in einem zweiten Schritt in dieser Abbauphase auch die nicht aktivierten Hauptkomponenten Dampferzeuger und Hauptkühlmittelpumpe sowie in einem dritten Schritt der aktivierte Reaktordruckbehälter und das ihn umgebende so genannte "biologische Schild" abgebaut. In der Zeit von 2019 bis 2020 folgen dann die restlichen Anlagenteile wie Lüftungskanäle, Reaktorgebäudekran und weitere lufttechnische Anlagen. Nach Abschluss dieser Abbauphase ist das Kraftwerk "entkernt". Damit endet die atomrechtlichte Überwachung. Ab 2021 könnte dann - sofern keine Nachnutzung in Erwägung gezogen wird - der konventionelle Abriss erfolgen.
Um diesen Zeitplan einhalten zu können, ist die Räumung des als Nasslager betriebenen Standort-Zwischenlagers notwendig. Ein Antrag zur Trockenlagerung der Brennelemente wird voraussichtlich in diesem Jahr beim Bundesamt für Strahlenschutz gestellt.
Abbaukonzept sichert Beschäftigung und ist umweltschonend "Die durchgängigen Arbeitsphasen des entwickelten Abbauplans bietet vielen der Mitarbeiter des Kraftwerks die Chance auf Beschäftigung bis zum Abschluss des Abbaus in rund 20 Jahren", so Schauer. Bis zum Ende der Nachbetriebsphase soll die Zahl der Beschäftigten von heute 290 feste Stellen auf etwa 180 bis 160 absinken. Mitarbeitern, die nicht altershalber aus dem Unternehmen ausscheiden, werde ein adäquates Stellenangebot innerhalb der EnBW Kraftwerke AG gemacht.
Neben dem Aspekt der Beschäftigungssicherung, räumt die EnBW dem umweltschonenden Abbau oberste Priorität ein. "Eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung , die den gesamten Abbau analysiert, hat bestätigt, dass das Vorhaben keine relevanten Auswirkungen auf Menschen und Umgebung hat", so Schauer. Auch die Summe der Strahlungsdosis, die während des Abbaus innerhalb der Kraftwerksanlage auftreten kann, wird unterhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes für die effektive Dosis liegen. Insgesamt fällt beim Abbau der Kraftwerksanlage eine Abbaumasse von insgesamt rund 275.000 Tonnen an. Die als radioaktiver Abfall zu entsorgende Masse beträgt mit rund 2.500 Tonnen weniger als 1 Prozent der Gesamtabbaumasse. "Unser Ziel ist, die radioaktiven Reststoffe möglichst gering zu halten und den Abbau so umweltschonend wie möglich durchzuführen. Bei allen Abbauarbeiten hat die nukleare Sicherheit und die Arbeitssicherheit Vorrang. Unsere Handlungsmaxime der letzten Jahrzehnte - Sicherheit hat Vorrang vor Wirtschaftlichkeit - gilt unverändert, auch während der kommenden Abbauphasen", so Schauer.
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