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Kein Vergleich der Bezüge: Interview mit Klöckner drehte sich um Zuverdienstgrenzen

Berlin (ots)

In sozialen Netzwerken kursiert ein Post, dem zufolge in Deutschland Asylbewerber mit angeblich mehr als 1100 Euro im Monat mehr Geld zur Verfügung hätten als Rentner mit "ca 600 Euro". Dies habe Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner in einem Fernseh-Interview "offiziell zugegeben", heißt es in dem Post von 3. April 2020 (https://perma.cc/E5ZT-9BYQ).

BEWERTUNG: Klöckner sprach über Zuverdienstgrenzen. Sie hat die Leistungen für Rentner und Asylbewerber nicht verglichen. Auch die genannten Summen erwähnte die Ministerin nicht.

FAKTEN: Der Post nimmt Bezug auf ein Interview mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am 1.4.2020 in der ARD. (http://dpaq.de/yzvd3)

Thema des Interviews ist der Mangel an Saisonkräften wie Erntehelfer wegen der Corona-Krise. Damit für diese Arbeit auch Leistungsbezieher wie Vorruheständler oder Kurzarbeiter eingesetzt werden können, hat das Landeswirtschaftsministerium für diese Gruppen die Zuverdienstgrenzen ändern lassen.

Vorruheständler durften mit einem Job bisher höchstens 6300 Euro pro Jahr zusätzlich zu ihrer Rente einnehmen, damit diese nicht gekürzt wird. Die Grenze wurde für dieses Jahr auf 44 590 Euro angehoben. (http://dpaq.de/meBvX)

Klöckner wird im Interview gefragt, ob Asylbewerber als Saisonkräfte arbeiten können. Die Ministerin räumt daraufhin ein: "Bei denjenigen, die eine Arbeitserlaubnis haben, ist natürlich die Hinzuverdienstgrenze sehr unattraktiv, was dann abgezogen wird."

Asylbewerber bekommen in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts in Deutschland in der Regel dann Geld, wenn sie in einer Wohnung und nicht in einer Sammelunterkunft leben. Laut Asylbewerberleistungsgesetz gibt es dann maximal 198 Euro für notwendigen Bedarf (etwa Ernährung und Kleidung) und maximal 153 Euro für notwendigen persönlichen Bedarf (darunter ÖPNV und Telefon). Insgesamt fließen also maximal 351 Euro. (http://dpaq.de/1UWRR)

Laut Asylbewerberleistungsgesetz liegt die Hinzuverdienstgrenze bei einem Wert von höchstens 50 Prozent des ihnen zustehenden Bedarfs - aktuell also bei maximal 175,50 Euro. (http://dpaq.de/ZZnUM)

Nach 18 Monaten Aufenthalt in Deutschland haben Asylbewerber Anspruch auf Leistungen in Höhe der Sozialhilfe. Der Hartz-IV-Regelsatz ist zum 1. Januar 2020 auf 432 Euro gestiegen. (http://dpaq.de/vKKY3) In diesem Fall dürfen Asylbewerber höchstens Einnahmen in Höhe der Hälfte des Regelbedarfs haben, damit ihre Leistungen nicht gekürzt werden; aktuell also höchstens 216 Euro. (http://dpaq.de/I5VcU)

Hätte ein Asylbewerber als Saisonkraft mehr als 175,50 Euro verdient, hätten seine Leistungen gekürzt werden müssen. Hätte es sich um einen Asylbewerber gehandelt, der schon 18 ganze Monate in Deutschland lebt, hätte die Grenze bei 216 Euro gelegen. Darauf bezog sich Klöckner im Interview.

Allerdings erlaubt die Bundesagentur für Arbeit mittlerweile, möglichst unbürokratisch bestimmte Gruppen von Flüchtlingen bis Ende Oktober in der Landwirtschaft einzusetzen. (http://dpaq.de/GeMH1)

Ebenso falsch wie die angeblichen monatlichen 1100 Euro für Asylbewerber ist auch die Angabe für Rentner. Ruheständler mit geringer Rente haben Anspruch auf die Grundsicherung im Alter. (http://dpaq.de/jHSjV)

Wer unter 892 Euro Rente im Monat erhält, kann den Anspruch prüfen lassen und aufstocken. Wie hoch die Grundsicherung ausfällt, ist regional unterschiedlich und hängt von weiteren Einkommen ab. Im Durchschnitt liegt der Grundsicherungsbedarf für Ruheständler in Deutschland bei 813 Euro (Stand Dezember 2019; http://dpaq.de/YxXyR).

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/ludger.reich/posts/2956913294391944 (archiviert: https://perma.cc/E5ZT-9BYQ)

Interview mit Julia Klöckner: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-682687.html (archiviert: http://dpaq.de/WvRVy)

Grundsicherung im Alter (mit noch altem Grenzwert bei der Faustformel): https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/In-der-Rente/Grundsicherung/grundsicherung_node.html (archiviert: http://dpaq.de/jHSjV)

Durchschnittswerte des Grundsicherungsbedarfs: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Sozialhilfe/Tabellen/list-grundsicherung-durschnittliche-bedarf-3bl-bq-2015.html (archiviert: http://dpaq.de/YxXyR)

Deutsches Asylbewerberleistungsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html (archiviert: http://dpaq.de/ZZnUM)

https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg_3aabs4bek/----.html (archiviert: http://dpaq.de/1UWRR)

Regelsatz Hartz IV 2020: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/anlage.html (archiviert: http://dpaq.de/vKKY3)

Neue Hinzuverdienstgrenzen: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/In-der-Rente/Hinzuverdienst-und-Einkommensanrechnung/hinzuverdienst-und-einkommensanrechnung_node.html (archiviert: http://dpaq.de/meBvX)

Erleichterung des Einsatzes von bestimmten Flüchtlingsgruppen: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Globalzustimmung-f%C3%BCr-Arbeitserlaubnisse.pdf (archiviert: http://dpaq.de/GeMH1)

Hinzuverdienstgrenze für Asylbewerber, die sich mehr als 18 Monate lang in Deutschland aufhalten und auch Leistungen erhalten: https://dejure.org/gesetze/SGB_XII/82.html (archiviert: http://dpaq.de/I5VcU); https://www.einwanderer.net/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/einkommensanrechnung.pdf (noch mit alten Leistungssätzen)(archiviert: http://dpaq.de/yY7AJ)

Faktencheck von Correctiv: https://correctiv.org/faktencheck/2020/04/03/coronavirus-nein-aussagen-zu-erntehelfern-belegen-nicht-dass-asylbewerber-mehr-geld-bekommen-als-rentner

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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