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Wohnmobil-Abgasskandal: Das müssen betroffene Fahrzeughalter aktuell wissen

Berlin-Schönefeld (ots)

Die Campingsaison 2023 neigt sich langsam dem Ende entgegen. Doch Reisemobile könnten in diesem Jahr auch noch im Herbst und im Winter im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Zehntausende Wohnmobile mit Fiat-Motoren stehen nämlich vor einem möglichen Rückruf wegen des Abgasskandals. Gleichzeitig droht betroffenen Fahrzeughaltern schon bald die Verjährung bestehender Schadensersatzansprüche. Rechtsanwalt Claus Goldenstein beantwortet nachfolgend die wichtigsten Fragen zum Thema. Seine gleichnamige Kanzlei vertritt bereits mehr als 50.000 Mandanten im Abgasskandal und ist in der Sache unter anderem für das erste Grundsatzurteil am Bundesgerichtshof verantwortlich.

Welche Wohnmobile sind vom Abgasskandal betroffen?

Der Wohnmobil-Dieselskandal betrifft Reisemobile, die auf Basis des Fahrzeugmodells Fiat Ducato in Verkehr gebracht und unter den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 zugelassen wurden. Da etwa zwei Drittel aller Wohnmobile auf dem Ducato aufbauen, betrifft der Abgasskandal somit einen großen Teil der Camping-Szene.

Entsprechende Ermittlungsergebnisse veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Frankfurt im Jahr 2020 im Rahmen einer Pressemitteilung. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt geht aufgrund von Untersuchungen derartiger Wohnmobile davon aus, dass Fiat unzulässige Abschalteinrichtungen in Fiat Ducato-Modellen mit Diesel-Motoren eingesetzt hat.

Wie wurden die Wohnmobile manipuliert?

Unabhängige Abgastests im Realbetrieb belegen einerseits, dass Wohnmobile auf Ducato-Basis die Abgasreinigung bei Außentemperaturen unterhalb von 20 Grad sukzessive verringern. Andererseits hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Messungen auf dem Prüfstand festgestellt, dass auch eine zeitabhängige Reduzierung bzw. Abschaltung der Abgasreinigung erfolgt, die etwa 22 Minuten nach dem Start des Motors einsetzt. Im Rahmen von Verfahren, die wir von Goldenstein Rechtsanwälte führen, hat Fiat die Verwendung von zeit- und temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen zwischenzeitlich schriftlich eingeräumt.

Da amtliche Abgastests im Normalfall bei Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad durchgeführt werden und nur etwa 20 Minuten andauern, erhielten die manipulierten Fahrzeuge trotz dieser illegalen Abschalteinrichtungen die Typgenehmigung. Fiat konnte durch diesen Betrug auf den teuren Einbau einer dauerhaft effizienten Abgasreinigung verzichten und die eigenen Margen optimieren.

Wurden die betroffenen Wohnmobile wegen des Abgasskandals zurückgerufen?

Obwohl der Wohnmobil-Abgasskandal bereits seit Jahren bekannt ist, wurden die betroffenen Fahrzeuge bislang nicht zurückgerufen. Das liegt daran, dass das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt formell nicht für die Erteilung der Typgenehmigung bei dem Fahrzeugmodell Fiat-Ducato zuständig ist. Diese werden in Italien typgenehmigt. Obwohl das Kraftfahrt-Bundesamt die italienischen Behörden über die auffälligen Abgaswerte von Fiat-Fahrzeugen informierte, blieben diese in der Sache bislang untätig. Aufgrund der ausbleibenden Rückrufe schwebt bis heute sogar ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien.

Aktuell kommt jedoch Bewegung in die Sache, denn das Kraftfahrt-Bundesamt gab auf Rückfrage unserer Kanzlei vor wenigen Wochen bekannt, aufgrund der vorhandenen Abschalteinrichtungen mit Fiat in Kontakt zu stehen. Das ist sehr wahrscheinlich ein Indiz dafür, dass das KBA bald aktiv wird und Rückrufe veranlasst. Dies könnte auch vor dem Hintergrund geschehen, dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wegen der ausbleibenden Rückrufe im Wohnmobil-Abgasskandal vor ein paar Monaten juristische Schritte gegen die Flensburger Behörde eingeleitet hat und diese somit unter Druck setzt.

Können betroffene Fahrzeughalter Schadensersatzansprüche geltend machen?

Ja. Die Richter am Bundesgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof haben entschieden, dass die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen Anspruch auf Schadensersatz haben. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Schädigung lediglich auf fahrlässige Weise erfolgte. Zudem können Schadensersatzansprüche auch erfolgreich durchgesetzt werden, wenn bislang noch kein amtlicher Rückruf in der Sache erfolgte.

Während deutsche Zivilgerichte im Wohnmobil-Abgasskandal vor wenigen Jahren in der Regel zugunsten des verantwortlichen Herstellers entschieden haben, zeichnet sich mittlerweile eine Trendwende ab. Allein wir von Goldenstein Rechtsanwälte erwirken momentan quasi wöchentlich verbraucherfreundliche Urteile zugunsten unserer Mandanten. Zudem regen viele Gerichte aktuell Vergleichsgespräche an. Eine ähnliche Entwicklung haben wir vor Jahren auch schon im VW-Abgasskandal registriert.

Welche Fristen gelten bezüglich der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Wohnmobil-Abgasskandal?

Da die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Öffentlichkeit im Jahr 2020 ziemlich eindeutig über die Manipulationen von Fiat informierte, könnten zivilrechtliche Ansprüche in der Sache bereits am 01. Januar 2024 verjähren. Demnach können betroffene Fahrzeughalter lediglich bis zum 31. Dezember 2023 um 23:59 Uhr Schadensersatzansprüche in der Sache geltend machen, ohne eine Verjährung zu riskieren.

Warum besteht im Wohnmobil-Abgasskandal Anspruch auf Schadensersatz?

Die betroffenen Fahrzeuge können wegen des Skandals unter anderem Wertverluste und Folgeschäden erleiden und im schlimmsten Fall sogar stillgelegt werden. Letzteres würde bedeuten, dass die illegal manipulierten Wohnmobile nicht länger auf europäischen Straßen gefahren oder geparkt werden dürften. Generell hätten betroffene Fahrzeug-Besitzer ihre Wohnmobile wohl nicht oder zumindest nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn der Wohnmobil-Abgasskandal zum Kaufzeitpunkt schon bekannt gewesen wäre. Unter anderem deshalb besteht in der Sache Anspruch auf Schadensersatz.

Welche Rechtsansprüche haben betroffene Wohnmobil-Besitzer?

Im Rahmen einer Schadensersatzklage können die Halter von illegal manipulierten Wohnmobilen juristisch gegen den verantwortlichen Motorenhersteller - also Fiat - vorgehen. Die Unternehmen, die die Fiat-Fahrzeuge zu Wohnmobilen ausgebaut haben, müssen sich hingegen nicht deswegen verantworten. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass Wohnmobil-Hersteller wie Hymer, Carthago oder Dethleffs von den illegalen Manipulationen bei Fiat wussten.

Grundsätzlich besteht wegen des Abgasskandals die Möglichkeit, das eigene Fahrzeug an den verantwortlichen Fahrzeughersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Wohnmobil zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrags des eigentlichen Kaufpreises durchzusetzen. Selbst für bereits verkaufte Fahrzeuge können teilweise Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Sollte ein Verfahren unerwarteterweise verloren gehen, übernimmt der Prozesskostenfinanzierer hingegen sämtliche Verfahrenskosten und sogar die Anwaltskosten der Gegenseite. Die Kläger müssen in diesem Fall keinen Cent bezahlen.

Pressekontakt:

Nils Leidloff | nils.leidloff@golden-tech.de | +49.1603624735

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