medico fordert Paradigmenwechsel in der globalen Gesundheitspolitik
Jahresbilanz vorgestellt
Frankfurt/Main (ots)
Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international präsentierte auf der heutigen Jahrespressekonferenz ihren neuen Jahresbericht und die Bilanz für 2011. Die Spendensumme ging im vergangenen Jahr leicht zurück und belief sich auf insgesamt 4.944.543,19 Euro. Darin enthalten waren auch weitergeleitete Mittel des "Bündnis Entwicklung hilft", die zum großen Teil den Opfern der Hungerkatastrophe in Ostafrika zugute kamen. Die Zuschüsse von öffentlicher Seite stiegen auf über 5 Mio. Euro. Die Erhöhung stand vor allem in Zusammenhang mit der Ausweitung der Projektarbeit in Palästina. Auch in 2011 erhielt medico das Spendensiegel des "Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen" (DZI). Die Aufwendungen für Werbung und Verwaltung lagen bei 8,11 % der Gesamtausgaben. Laut DZI-Kriterien gelten Verwaltungskosten unter 10 % als niedrig.
"Ganz herzlich möchten wir uns bei allen Förderern für ihre Mithilfe bedanken. Es ist gut, dass wir mit dem solidarischen Beistand unserer Spenderinnen und Spender auch im letzten Jahr wieder deutlich machen konnten, dass es auch anders geht. Insgesamt 90 Projekte in über 25 Ländern haben wir 2011 unterstützt. Projekte, die sowohl auf unmittelbare Abhilfe drängten, als auch exemplarisch politische Alternativen aufzeigen", sagt medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer. Zu den medico-Projekten gehören große Programme wie das humanitäre Minenräumen in Afghanistan oder die Fortsetzung der Wiederaufbauhilfen für Pakistan und Haiti. Aber auch viele kleine Projekte, wie z.B. die Kooperation mit ägyptischen Ärzten zur medizinischen Versorgung verletzter Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Nahost-Referent Tsafrir Cohen erläutert: "Auch wenn die jüngsten Wahlen die Hoffnungen der jungen, städtischen Ägypter enttäuscht haben, dürfen diese nicht den Blick auf die eigentliche Revolution verstellen. In der neuen Unübersichtlichkeit hat sich ein zivilgesellschaftlicher Raum geöffnet, in dem sich die Auseinandersetzungen um Demokratisierung und soziale Gerechtigkeit stetig weiterentwickeln."
Neben dem "arabischen Frühling" war 2011 die Diskussion über Möglichkeiten globaler sozialer Sicherungssysteme ein weiterer Schwerpunkt im Bereich der Kampagnen- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Idee, für die medico international seit einigen Jahren wirbt, ist die Einrichtung eines internationalen Fonds für Gesundheit, der für einen global getragenen Ausgleich in der Finanzierung nationaler Gesundheitssysteme sorgt.
"Ausgangspunkt jedweder Neuformulierung globaler Gesundheitspolitik sind die fundamentalen Prinzipien Gleichheit, Solidarität und Demokratie. Alle Überlegungen, wie heute globale soziale Sicherung und damit auch Gesundheit für alle geschaffen werden kann, müssen diesen Prinzipien gerecht werden, sollen die Menschenrechte nicht nur eine schöne Idee bleiben", fordert Gebauer.
Für diese Debatte sei die WHO ein wichtiger Ort. Ihre Rolle müsse gegenüber anderen Akteuren der Weltgesundheit gestärkt werden. Gebauer erläutert: "Voraussetzung für die Stärkung der WHO ist die Verbesserung ihrer demokratischen Kontrolle. Insbesondere gilt es, eine transparente zivilgesellschaftliche Mitsprache zu ermöglichen und zugleich den oft undurchsichtigen Einfluss partikularer Interessengruppen, wie der Pharma-Industrie oder Versicherungswirtschaft, zurückzudrängen. Derzeit befindet sich die WHO an einem Scheideweg: sie ergibt sich entweder voll und ganz den Interessen jener Akteure, die Gesundheit durch die Brille von Konsumismus und Business betrachten, oder sie besinnt sich auf ihren verfassungsgemäßen Auftrag, das Menschenrecht auf Gesundheit durchzusetzen."
Hinweis:
Den medico-Jahresbericht finden Sie auf: http://www.medico.de/material/artikel/medico-jahresbericht-2011/4212/
Für Rückfragen und Interviewwünsche:
Bernd Eichner: eichner@medico.de oder Tel: 069/94438-45
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