Biowaffen: Johanniter informieren über Gefährdungspotentiale
Berlin (ots)
Der Bundesarzt der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Katastrophenmediziner, Prof. Dr. Horst Wilms, hat jetzt in einem Schreiben an alle Mitarbeiter der Johanniter über die möglichen Gefährdungspotentiale und entsprechende Schutzmaßnahmen bei der Freisetzung von Bakterien durch terroristische Angriffe informiert. Nach den Erkenntnissen der Katastrophenmedizin sind es im wesentllichen vier bakterielle Erregen, die als biologische Kampfstoffe eingesetzt werden können:
* Anthrax/Milzbrand * Botulismus * Tularämie/Hasenpest * Pest (Beulen- als auch Lungenpest)
"Die Johanniter möchten mit dieser Information zur Versachlichung der Diskussion über biologische Kampfstoffe beitragen," beschrieb Wilms das Anliegen. Viele Erste-Hilfe-Ausbilder und Mitarbeiter im Rettungsdienst würden von der Bevölkerung nach den Vorfällen in den USA nach ihrer Einschätzung gefragt. Eine akute Gefährdung besteht nach Ansicht der Johanniter in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit nicht.
Auf den folgenden Seiten finden Sie die einzelnen Krankheitserreger ausführlich erläutert. Die Informationen sind auch im Internet unter www.johanniter.de verfügbar.
Anthrax / Milzbrand
Erreger Grampositives aerobes sporenbildendes Bakterium
Verbreitung
Spuren im Boden weltweit. Aufnahme durch pflanzenfressende Tiere. Ansteckung des Menschen durch mit Anthrax kontaminierte Tierprodukte möglich (Wolle oder Tierhautverarbeitung). Impfprogramme für Tiere haben das Risiko erheblich gesenkt
Infektionswege mit drei verschiedenen Krankheitsverläufen
Aufnahme über dieHaut Vorgeschädigte Haut ist dafür Voraussetzung. Krankheitsbeginn bis zu 12 Tagen nach Kontakt. Lokales Ödem, Eiterpapel, Ulcus, schwarzer Schorf, heilt in ein bis zwei Wochen ab. Lymphangitis und schmerzhafte Lymphknoten können auftreten. Eine antibiotische Therapie ändert den Verlauf an der Haut nicht, kann aber die Generalisierung verhindern. Ohne antibiotische Therapie Mortalitätsrate 20%, mit antibiotischer Therapie seltene Todesfälle.
Aufnahme über den Gastrointestinaltrakt führt zu Ulzerationen in Mund, Rachen, Oesophagus, regionale Lymphknotenschwellung, Sepsis oder Befall des terminalen Ileums mit Übelkeit, Erbrechen und blutigen Durchfällen, akutem Abdomen, Septis. Frühe Diagnose sehr schwierig, Mortalität nahezu 100%
Aufnahme über die Lunge Krankheitsbeginn 2 - 43 Tage nach Inhalation der Sporen. Führt zu hämorrhagischer thorakaler Lymphadenitis und hämorrhagischer Mediastinitis. Typischerweise nicht zu einer bronchoalveolären Pneumonie.
Krankheitsverlauf in 2 Phasen: 1. Phase unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber, Husten Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwäche, Bauch- und Brustschmerzen (Stunden bis wenige Tage) Kurze Zeit der Besserung möglich. 2. Phase Fieber, Atemnot, Schock, Tod innerhalb weniger Stunden bis zu 3 Tagen. Die Hälfte der Patienten bekommt zusätzlich eine hämorrhagische Meningitis. Die Mortalitätsrate beträgt 90%
Therapie Schnellstmögliche antibiotische Therapie wirksam: Penicillin, Docycyclin, Ciprofloxacin u.a. Bei Hautbefall Penicillin. Bei Lungen- und Darmbefall Ciprofloxacin. Impfstoff steht derzeit nicht zur Verfügung.
Prophylaxe Keine Übertragung von Mensch zu Mensch, Einhaltung der Hygienevorschriften (Schutzbekleidung, Desinfektion der Wäsche, Desinfektion des Fahrzeuges etc.) Im Bedarfsfall die bestellten/beauftragten Hygienefachkräfte oder örtliches Gesundheitsamt befragen.
Botulismus
Erreger Clostridium botulinum (anaerobes Bakterium, was das Botulinus-Toxin produziert) Es gibt 7 Toxin-Typen (a-g)
Verbreitung weltweit
Infektionswege über verdorbene Lebensmittel Toxinaufnahme über die Schleimhäute oder offene Wunden, nicht durch die intakte Haut. Bei terroristischer Anwendung Aufnahme des Toxins durch Inhalation oder durch vergiftete Lebensmittel (Trinkwasservergiftung unwahrscheinlich)
Inkubationszeit 12 - 36 Stunden
Symptomatik Charakteristische Trias: 1. Akute symmetrisch absteigende Lähmungen, die immer im Bereich der Augenmuskulatur beginnen. 2. Afebriler Patient 3. Klares Sensorium 4. Tod durch Atemlähmung
Therapie Antitoxin frühzeitig Unterstützende Therapie Impfung nicht möglich
Prophylaxe Keine Übertragung von Mensch zu Mensch Einhaltung der Hygienevorschriften
Tularämie / Hasenpest
Erreger Francisella tularensis (gramnegatives aerobes Bakterium, nicht sporenbildend)
Verbreitung nördliche Hemisphäre
Natürliche Infektionswege Auge Entwicklung der occulären Tularämie Haut Entwicklung von Ulzerationen mit Lymphknotenschwellung Oropharynx Ulzerationen und Lymphknotenschwellungen Lunge Pleuropneumonie
bei terroristischen Anschlägen zu beachten:
Inhalation der Bakterien: Inkubation 1 - 14 Tage Entwicklung einer Pleuropneumonie (langsamerer Verlauf als bei Test oder Anthrax) Abrupter Beginn mit Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Halsschmerz, trockenem Husten. Dann Zeichen der schweren Bronchopneumonie mit eitrigem Sputum, Dyspnoe, Tachypnoe, Pleuritisschmerzen, Hämoptysen, Übelkeit, Diarrhoe, Sepsis möglich. Mortalitätsrate unbehandelt 30 - 60 %
Therapie Antibiotische Therapie mit Streptomycin, Gentamycin und Doxycyclin oder Ciprofloxacin
Prophylaxe Keine Übertragung von Mensch zu Mensch Keine Isolation, Einhaltung der Hygienerichtlinien
Pest (Beulen- und Lungenpest)
Erreger Yersinia pestis, gramnegatives Bakterium
Verbreitung Asien, Afrika, Amerika
Infektionswege Durch den Stich eines kontaminierten Rattenflohs (selten auch über
Menschenflöhe) Aerogene Übertragung bei der Lungenpest)
Zwei Verlaufsformen
1. Beulenpest 2 - 8 Tage nach Flohstich Fieber, Schüttelfrost, weiche Lymphknoten, Schwellung sehr schmerzhaft, typischerweise in der Leiste, Axilla oder am Hals. In der Folge Sepsis mit intravaskulärer Gerinnung, Nekrose von kleinen Gefäßen und Gangrän der Fingerspitzen (schwarzer Tod). Sekundäre Lungenpest (selten, 12%).
2. Primäre Lungenpest Nach Inhalation der Erreger Inkubationszeit 1 - 6 Tage. Symptomatik mit Fieber, Husten, Dyspnoe mit blutig-wässrigen, selten eitrigem Sputum. Gastrointestinale Symptome. Gramnegative Sepsis. Disseminierte intravaskuläre Gerinnung, Schock, Multiorganversagen
Therapie Antibiotische Therapie: Streptomycin, Gentamycin, Doxycyclin, Ciprofloxacin
Symptomatische unterstützende Therapie Hochansteckende Erkrankung, daher Karanthänebestimmungen beachten Schutzkleidung (Vollschutz) Chemoprophylaxe nach möglichem Hautkontakt, Antibiotikaeinnahme bei med. Personal reduziert die Infektionsgefahr
Quellen Robert-Koch-Institut Katastrophenmedizin, Bundesministerium des Innern
Ansprechpartner: Christoph Ernesti, Pressesprecher Tel: 030 / 26997-185, Fax: 030 / 26997-189 e-mail: christoph.ernesti@juh.de
Kontaktadresse: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Bundesgeschäftsstelle Lützowstr. 94, 10785 Berlin
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