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Präsenzlehre zu Zeiten der Pandemie: Wie sich infektiöse Aerosole im Hörsaal ausbreiten

Präsenzlehre zu Zeiten der Pandemie: Wie sich infektiöse Aerosole im Hörsaal ausbreiten
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Aerosole – vor zwei Jahren wenig bekannt, ist dieses Wort während der Corona-Pandemie fester Bestandteil unserer Alltagssprache geworden. Wie sich virenbelastete Atem- Aerosole in Innenräumen ausbreiten und welchen Einfluss unterschiedliche Lüftungskonzepte darauf haben, hat jetzt ein gemeinsames Projektteam der Hochschule München und des Wissenschafts- und Technologieunternehmens Dassault Syst èmes am Beispiel eines typischen Hörsaals untersucht und dazu ein Informationsvideo erstellt.

23. Februar 2022 – Was passiert eigentlich beim Fensterlüften und warum funktioniert Fensterlüften im Winter besser als im Sommer? Worauf sollte bei der Verwendung von mobilen Luftreinigern geachtet werden und wie können infektiöse Aerosole möglichst effizient aus der Raumluft entfernt werden? Um diese Fragen zu untersuchen, wurde ein präzises digitales Modell eines typischen Hörsaals in der Hochschule München erstellt. Dazu wurde ein mittelgroßer Hörsaal mit einer Fläche von 115 m2 und einem Volumen 370 m3 ausgewählt und in 3D modelliert. Mithilfe einer Computersimulation (CFD-Strömungssimulation) wurde dann berechnet, wie sich infektiöse Aerosole nach dem Husten im Raum ausbreiten. Dabei wurden insgesamt sechs unterschiedliche Szenarien untersucht.

Husten mit und ohne Maske: Ohne Maske erreichen Aerosole die nächste Sitzreihe

Beim Husten ohne Maske bewegten sich die Atem-Aerosole teilweise mehr als zwei Meter nach vorne und erreichten die nächste Sitzreihe bzw. das Dozentenpult (siehe Abb. 1). Beim Tragen einer medizinischen Maske wurde der Großteil der Aerosole zurückgehalten. Durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit beim Husten wurden die Masken leicht nach vorne gedrückt und ein Teil der Aerosole entwich nach oben (siehe Abb. 2). „Die ausgeatmete Luft ist mit 35 °C deutlich wärmer als die Raumluft. Die Atem-Aerosole steigen deshalb zügig nach oben und sammeln sich zunächst im oberen Bereich des Raumes“ erklärt Christian Schwarzbauer, Professor für Medizintechnik und wissenschaftlicher Leiter der Untersuchung an der Hochschule München.

Fensterlüftung je nach Jahreszeit: Zur kalten Jahreszeit schnellerer Luftaustausch, aber auch mehr Verwirbelung von Aerosolen

„Je größer der Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen ist, umso schneller strömt warme Luft nach draußen und frische in den Innenraum. Der Luftaustausch beim Fensterlüften erfolgt deshalb während der kalten Jahreszeit schneller als während der warmen“, erklärt Jürgen Keitel, Eurocentral Public Services Director, Dassault Systèmes. Aber das Lüften in der kalten Jahreszeit hat nicht nur Vorteile. Zum einen wird es relativ schnell kalt: schon nach 4 min Lüften bei 10 °C Außentemperatur fiel die Temperatur im Raum von 22 auf 14 °C Grad ab. Zum anderen werden die Atem-Aerosole durch die höhere Strömungsgeschwindigkeit der einströmenden Frischluft stärker im Raum verwirbelt (siehe Abb. 3), was zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen kann.

Mobiler Luftreiniger: Bei zu hoher Strömungsgeschwindigkeit werden infektiöse Aerosole verwirbelt

Auch bei der Verwendung von mobilen Luftreinigern kann es zu einer erheblichen Verwirbelung von infektiösen Aerosolen im Raum kommen, wenn diese bei hohem Volumenstrom betrieben werden. Die allgemeine Empfehlung ist, dass pro Stunde etwa das 6-fache des Raumvolumens gereinigt werden sollte. Für den betrachteten Hörsaal mit einem Volumen von 370 m3 ergibt sich daraus ein erforderlicher Volumenstrom von circa 2200 m3/h. „Bei diesem Volumenstrom ist die Strömungsgeschwindigkeit der austretenden Luft schon relativ hoch. Hustet eine infektiöse Person in der Nähe des Luftreinigers, so werden die infektiösen Aerosole in den Jet der ausströmenden Luft hineingezogen und dadurch im ganzen Raum verwirbelt“, erklärt Schwarzbauer (siehe Abb. 4). „Für größere Räume ist es deshalb empfehlenswert zwei oder mehrere Geräte zu verwenden und diese bei einem entsprechend niedrigeren Volumenstrom zu betreiben. Auch große Geräte bringen hier Vorteile, da der Austrittsquerschnitt für die Luft größer ist, was zu einer niedrigeren Strömungsgeschwindigkeit führt.“

Ventilator-Fensterlüftung: Frische Luft von unten, Absaugen ausgeatmeter Aerosole von oben

Bei der ventilatorgestützten Fensterlüftung werden die Atem-Aerosole über einen Abluftventilator im Deckenbereich angesaugt und nach draußen geblasen. Die Frischluft strömt über ein gekipptes Fenster nach. Um Zugluft zu vermeiden, wird die Frischluft über eine geeignete Verkleidung vom gekippten Fenster nach unten geleiten und strömt bodennah in den Raum ein. Im Bereich der sitzenden Personen erwärmt sich die Frischluft durch die Körperwärme und steigt zusammen mit den ausgeatmeten Aerosolen in den oberen Raumbereich auf, wo sie dann vom Abluftventilator abgesaugt wird (siehe Abb. 5). „Die Luftführung folgt also bei dieser Methode dem natürlichen Strömungsverhalten der Luft. Dadurch wird eine Verwirbelung der Atem-Aerosole im Raum weitgehend verhindert und sie bewegen sich zügig in den oberen Bereich des Raumes, was aus der Sicht des Infektionsschutzes vorteilhaft ist“, sagt Schwarzbauer und ergänzt „Diese Art der Luftführung kann auch bei anderen Lüftungssystemen sehr vorteilhaft wirken, wie zum Beispiel bei dezentrale Lüftungsanlagen“.

Diese Studie zur Aerosolausbreitung im Hörsaal ist Teil des Forschungsprojekts „Sicherer Hörsaal“. Bei diesem Projekt wird unter anderem die Luftqualität und das damit verbundene Covid-19-Infektionsrisiko während des realen Lehrbetriebs in insgesamt 50 Hörsälen der Hochschulen München untersucht. Die Ergebnisse dieses Projekts sind auch für die Zeit nach der Covid-19-Pandemie relevant, da luftgetragene Atem-Aerosole auch bei der Übertragung von anderen Infektionskrankheiten eine wichtige Rolle spielen.

Zu den Ergebnissen der Untersuchung gibt es auch einInformationsvideo.

Gerne wenden sich Medienvertreter für ein Interview an Prof. Dr. Christian Schwarzbauer.

Kontakt: Prof. Dr. Christian Schwarzbauer per Mail.

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Unter diesem Motto feiert die Hochschule München (HM) ein doppeltes Jubiläum. 50 Jahre, da die HM im Jahr 1971 aus sieben Münchner Ingenieurschulen und höheren Fachschulen als Fachhochschule München (FH) gegründet wurde. 200 Jahre, weil die Baugewerkschule – mit der Feiertagsschule als Vorgängerin – als Vorläuferinstitution der Fakultäten für Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation vor 200 Jahren ihren regulären Vorlesungsbetrieb aufnahm. Alle Informationen zu Jubiläumsprojekten und -veranstaltungen im Wintersemester 2021/22 sind auf der Jubiläums-Webseite der HM unter hm.edu/jubilaeum zu finden.
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