Rechtsanwälte Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann
Wirecard Anlegerskandal: Startschuss für Sammelklage gegen EY
Das Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen EY im Wirecard-Finanzskandal steht unmittelbar bevor und wird vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) in München stattfinden. Das Landgericht München I hat am 14. März 2022 seinen bindenden Beschluss verkündet, das Verfahren der nächsten Instanz vorzulegen (Az. 3 OH 2767/22 KapMuG). Auf diese Nachricht zur Eröffnung einer „Sammelklage“ gegen EY im Wirecard-Finanzskandal haben viele Geschädigte sehnlich gewartet. Die Frist zur Anmeldung wird sechs Monate ab Eröffnung betragen. „Wir rechnen ab Mitte 2022 mit der Möglichkeit, Ansprüche von Wirecard-Geschädigten anmelden zu können“, sagt Georgios Aslanidis, Partner und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von AKH-H. Geschädigte sollten sich jetzt bereits kostenfrei registrieren. Eine Anmeldung der Ansprüche ohne Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin sieht das Gesetz nicht vor, es herrscht Anwaltszwang. Aufgrund der deutlich vierstelligen Zahl von Mandanten und Mandantinnen, welche eine Anmeldung Ihrer Ansprüche wünschen und der knapp bemessenen Frist zur Anmeldung der Ansprüche von sechs Monaten ab Eröffnung des Sammelverfahrens, halten wir eine frühzeitige Registrierung bei AKH-H für sinnvoll.
Der Vorlagebeschluss wirkt sich auch auf alle bereits anhängigen Verfahren gegen EY im Wirecard-Skandal aus, denn diese werden nun ausgesetzt. Unsere Kanzlei hatte ebenfalls Anträge auf Eröffnung eines Musterverfahrens gegen EY beim Landgericht München I gestellt und ein entsprechender Vorlagebeschluss stand kurz vor Verkündung (Az. 27 O 6417/21). Wir haben von Anfang an die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als den erfolgversprechendsten Anspruchsgegner für geschädigte Anleger und Anlegerinnen angesehen. Unsere Experten für Bank- und Kapitalmarktrecht sind der festen Überzeugung, dass sich die EY-Wirtschaftsprüfer gegenüber den Wirecard-Anleger und Anlegerinnen wegen falscher öffentlicher Kapitalmarktinformation i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG schadensersatzpflichtig gemacht haben. Denn die Geschädigten hatten Aktienkäufe im Vertrauen darauf getätigt, dass die Jahres- und Konzernabschlüsse und andere Angaben zutreffend sind und gewissenhaft geprüft wurden.
Ein KapMuG-Verfahren bündelt insbesondere komplexe Verfahren von ein und demselben Sachverhalt, damit Geschädigte nicht jeweils einzeln klagen müssen. Im Jahr 2005 geschaffen war es der erste Ansatz kollektiven Rechtsschutzes in Deutschland. Vor allem Geschädigte ohne Rechtsschutzversicherung und Kleinanleger und -anlegerinnen mit einer geringeren Aktienzahl profitieren aus Kostengründen von einer Anmeldung im Musterverfahren – aber auch jene, die generell die Risiken eines Verfahrens scheuen. Über eine Anmeldung im Musterverfahren sind Geschädigte nicht direkt am Verfahren beteiligt, werden aber über alle Schritte informiert und können einem möglichen Vergleich mit EY beitreten.
Das Procedere für ein KapMuG-Verfahren sieht vor, dass dem zuständigen Oberlandesgericht durch ein Landgericht ein KapMuG-Verfahren vorgelegt wird. In Bayern wurde diese Aufgabe dem Bayerischen Obersten Landesgericht zugeteilt. Dies ist mit dem gestern erlassenen Vorlagebeschluss geschehen. Dieser fasst die sogenannten Feststellungsziele, die gemeinsamen Fragen, die alle Verfahren betreffen, und den Sachverhalt zusammen. Der Beschluss ist unanfechtbar und für das Bayerische Oberste Landesgericht bindend. Das BayObLG mit Sitz in München wird im weiteren Verlauf ebenfalls durch unanfechtbaren Beschluss einen Musterkläger oder eine Musterklägerin bestimmen. Für die Kanzlei AKH-H bestehen sehr gute Chancen, zum Musterklägervertreter ernannt zu werden. Anschließend wird das Gericht die Eröffnung des KapMuG im Klageregister öffentlich bekannt geben. Dieser Zeitpunkt ist für geschädigte Wirecard-Aktionäre und Aktionärinnen wichtig, denn damit beginnt die 6-Monatige Frist für die Anmeldung zu laufen. Durch eine Anmeldung wird die Verjährung der Ansprüche bis zum Abschluss des Musterverfahrens gehemmt. Ohne Anmeldung oder andere verjährungshemmende Maßnahmen wie Klageerhebung drohen Ansprüche der Geschädigten im Wirecard-Skandal Ende des Jahres 2023 zu verjähren.
Geschädigte sollten die wichtige Frist ab Veröffentlichung im Bundesanzeiger nicht versäumen. Betroffene, die bislang keine Einzelklage eingereicht haben, können sich jetzt schon registrieren und so sichergehen, keine wichtige Fristen zu versäumen. „Noch können Anfragen entgegengenommen werden, wir rechnen aber mit großem Andrang und raten zur frühzeitigen Registrierung“, sagt Christopher Kress, Partner und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von AKH-H.
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