Parlamentarischer Abend des EAC zum Thema "nachhaltige und bezahlbare Mobilität"
EAC fordert Technologieoffenheit und Lösungen für die Bestandsflotte
Brüssel (ots)
Ab 2035 sollen alle in Europa neu zugelassenen Pkw emissionsfrei sein, bis 2050 sollen schließlich alle Fahrzeuge emissionsfrei sein. Da sich die derzeitige EU-Verordnung ausschließlich auf die Auspuffemissionen konzentriert, bedeutet dies ein Verbot des Verbrennungsmotors und die Fokussierung auf elektrische Fahrzeuge. Im Jahr 2026 soll diese Entscheidung überprüft werden.
Was bedeutet das Verbrenner-Aus für die individuelle Mobilität?
Wie kann nachhaltige Mobilität für alle bezahlbar sein?
Wie erreichen wir die ambitionierten Klimaziele im Verkehr?
Welche Rolle spielen dabei alternative Kraftstoffe?
Um diese Fragen ging es bei einem Parlamentarischen Abend, den die Interessengemeinschaft EAC European Automobile Clubs (kurz: EAC) am 06. März 2024 in Brüssel veranstaltet hat.
In der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union diskutierte EAC-Präsident Holger Küster mit MdEP Jan Christoph Oetjen (RENEW), MdEP Thomas Rudner (S&D), Algara Caste (eFuel Alliance e.V.) und Mitja Schulz (Verband der Automobilindustrie - VDA) ob die ambitionierten Ziele mit einer ausschließlichen Fokussierung auf Batterie-Elektrofahrzeuge erreicht werden können.
Ulrich Selzer, Automobil-Experte und Mitglied der Kommission, stellte in einem Eingangsimpuls die Ergebnisse einer unabhängigen Mobilitätsstudie der Kommission Mobilität des Senats der Wirtschaft vor. Die Expertenstudie hat auf Grundlage der gefahrenen Kilometer die realen Möglichkeiten der CO2-Reduktion im Straßenverkehr bis 2035 evidenzbasiert berechnet und analysiert. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Reduktion der CO2-Emissionen von bis zu 68 Prozent bis zum Jahr 2035 möglich ist. Gelingen kann dies allerdings nur mit einem Mix aus unterschiedlichen Antriebsarten wie Elektro, Wasserstoff, E-Fuels und Mineralöl.
In der anschließenden konstruktiven und lebhaften Debatte darüber, welchen Weg es in Europa einzuschlagen gilt, um die Klimaziele im Verkehrssektor erreichen zu können, zeigten sich unterschiedliche Positionen und Ansätze. Jan-Christoph Oetjen plädierte für Technologieoffenheit im Verkehrssektor, Thomas Rudner trat diesbezüglich eher auf die Bremse. In Einem waren sich alle einig: Es besteht dringender Handlungsbedarf.
"Wir verlieren unsere Ziele aus den Augen, wenn wir keine Lösungen für die Bestandsflotte finden. Auf Europas Straßen fahren über 280 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor, weltweit ca. 1,5 Milliarden. Bei einer jährlichen weltweiten Fertigungskapazität von knapp 90 Millionen Fahrzeugen und einem sofortigen Verkaufstopp von Verbrennern würde der Austausch der gesamten Fahrzeugflotte über 16 Jahre benötigen. Realistisch betrachtet wird die Elektrifizierung der weltweiten Fahrzeugflotte jedoch sehr viel länger dauern, da bis 2035 weiterhin Verbrenner produziert und verkauft werden, die bei einer europaweiten Durchschnittslebensdauer von über 12 Jahren erst sehr viel später ersetzt werden. Wir brauchen daher alle Antriebstechnologien und Optionen für die Bestandsflotte, um die ambitionierten Klimaziele erreichen zu können. Klimaneutrale Mobilität ist ohne Technologieoffenheit nicht zu erreichen, erklärt EAC-Präsident Holger Küster.
"Mobilität muss auch in Zukunft bezahlbar sein. Eine erfolgreiche Transformation des Verkehrssektors erfordert gesellschaftliche Akzeptanz. Deswegen brauchen wir Lösungen statt Verbote für eine nachhaltige und bezahlbare Transformation, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte in ausgewogener Weise berücksichtigt, um Vertrauen und Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern. Ansonsten verlieren wir die Menschen, ohne die diese Transformation nicht möglich ist," fordert Holger Küster.
Zitate:
MdEP Jan-Christoph Oetjen:
"Klimaneutralität und Technologieoffenheit geht nur zusammen. Wir benötigen alternative Kraftstoffe zur Dekarbonisierung der Bestandsflotte und sollten bereits am Markt existierende klimaneutrale Kraftstoffe nutzen, um im Straßenverkehr Klimaeffekte und CO2-Reduktion zu erreichen. Die Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen muss im Rahmen eines Life Cycle Assessment ganzheitlich betrachtet und bewertet werden, anstatt sich ausschließlich auf die Auspuffemissionen zu konzentrieren. Eine dementsprechende Kategorisierung von Fahrzeugen nach ihrer jeweiligen Umweltbilanz könnte hier Klarheit für die Verbraucher schaffen."
MdEP Thomas Rudner:
"E-Fuels sollten vorrangig dort eingesetzt werden, wo keine anderen Optionen eingesetzt werden können, wie im Flug- oder Schiffsverkehr. Nach jetzigem Stand sehe ich E-Fuels nicht als Lösung, um den Straßenverkehr CO2-neutral zu machen. Die Rücknahme des Verbrenner-Aus wäre eine fatale Entscheidung für die Automobilindustrie, die sich auf die Umstellung auf Elektromobilität vorbereitet und könnte Unternehmen und Verbraucher verunsichern. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist entscheidend um die Klimaziele zu erreichen."
Mitja Schulz, Verband der Automobilindustrie (VDA):
Der Hauptbeitrag für klimaneutrale Mobilität erfolgt über die Elektrifizierung der Antriebe. Neben der Elektromobilität benötigen wir für die Bestandsflotte - aktuell weltweit um die 1,5 Mrd. Fahrzeuge - synthetische Kraftstoffe, also E-Fuels - und fortschrittliche Biokraftstoffe (alternative Kraftstoffe), damit diese klimaneutral unterwegs sein kann. Die EU-Kommission muss einen rechtssicheren und technisch umsetzbaren Rahmen entwickeln, damit Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betankt werden, auch nach 2035 zugelassen werden können."
Algara Castle, eFuel Alliance e.V.:
"Den Straßenverkehr als Zugpferd zu nutzen, um nachhaltige Kraftstoffe ressourcen- und kosteneffizient herzustellen, käme dem gesamtem Verkehrssektor zugute. Einnahmen aus dem Verkauf erneuerbarer Kraftstoffe im Straßenverkehr führen reinvestiert zum Ausbau entsprechender Produktionsanlagen. Das würde nicht nur die Verfügbarkeit erneuerbarer Kraftstoffe für den Luft- und Seeverkehr fördern, sonderlich gleichzeitig dank Skaleneffekte zu sinkenden Produktionskosten führen. Bislang fehlen hierzu allerdings die politisch notwendigen Anreize."
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