VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V.
Zeitbombe Generationenwechsel
Hannover/Düsseldorf (ots)
- Neue VDI/IW-Studie: Ingenieurlücke 2008 bei 64.000 - Kosten 6,6 Mrd. Euro - Demografie verschärft Ingenieurengpass - Jedes fünfte Unternehmen setzt bereits gezielt auf ältere Ingenieure
2008 konnten mindestens 64.000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden. Knapp die Hälfte des Mangels betraf Fachkräfte aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau. VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs sprach am ersten Tag der Hannover Messe von "einem immer noch stabilen Arbeitsmarkt für technisch Hochqualifizierte, der bis heute der Finanzkrise standhält. Allerdings spüren auch wir die Krise. Die Ingenieurlücke sank im Monat März auf 44.000. Bei einer Arbeitslosenquote von rund zwei Prozent sprechen wir aber nach wie vor von Vollbeschäftigung." Im vergangenen Jahr kostete der Mangel an Ingenieuren die deutsche Volkswirtschaft laut Fuchs erneut 6,6 Milliarden Euro. Die im Februar 2009 vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befragten 3.900 Unternehmen erwarten trotz aktueller Wirtschaftskrise in den kommenden fünf Jahren eine stabile Ingenieurbeschäftigung. Demnach plant lediglich jedes 14. Unternehmen Ingenieurstellen abzubauen. Zwei Drittel wollen die Ingenieurbeschäftigung konstant halten und sogar jedes vierte Unternehmen beabsichtigt aufzustocken. "Das ist die einzig richtige Strategie", bewertete Fuchs die Aussagen. "Denn nach dieser Krise kommt garantiert der nächste Aufschwung. Und wer dann die Auftragseingänge auf Grund fehlender Spezialisten nicht bedient, wird der Konkurrenz nicht standhalten können und deutliche Wettbewerbsnachteile haben."
Demografiefaktor von Unternehmen häufig unterschätzt
Jedes fünfte Unternehmen muss in den kommenden fünf Jahren Ingenieure ersetzen, die altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Die Besetzung neuer Ingenieurstellen droht zu scheitern, denn die Zahl der Ingenieurabsolventen wird bestenfalls reichen, um den entstehenden Ersatzbedarf zu decken. Die VDI/IW-Studie zeigt allerdings, dass 75 Prozent der Unternehmen diesen Effekt bisher gering einschätzen. "Insbesondere kleinere Unternehmen müssen stärker für die demografische Herausforderung sensibilisiert werden", verdeutlichte Dr. Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des IW Köln.
Erfreulich ist, dass ältere Ingenieure schon heute ein wichtiges Beschäftigungspotenzial darstellen. "Bereits jedes fünfte Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren gezielt ältere Ingenieure eingestellt", sagte Klös. "Die Arbeitslosigkeit älterer Ingenieure ist zwischen den Jahren 1999 und 2008 von 42.400 auf 8.900 gesunken." Darüber hinaus greifen knapp 20 Prozent der Unternehmen auf die Expertise von bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Ingenieuren zurück.
Förderung älterer Ingenieure zahlt sich für Unternehmen aus
Wer sich um seine älteren Ingenieure bemüht, wird dafür belohnt. Dies ist ein Fazit der VDI/IW-Studie: "In Unternehmen, die viele Maßnahmen zur Förderung älterer Ingenieure durchführen, scheiden diese um 2 Jahre und 4 Monate später aus dem Erwerbsleben aus als in Unternehmen, die keine oder nur wenige Anstrengungen tätigen", betonte Klös. Neben der Nachwuchsförderung ist die Beschäftigung älterer Fachkräfte ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Ingenieurmangel.
Politische Handlungen gefragt
In der VDI/IW-Studie des Vorjahres wurden die Unternehmen nach politischen Maßnahmen gegen den Ingenieurmangel befragt. Die Umsetzung der von den Unternehmen favorisierten Forderungen durch die Politik blieb weitgehend aus. Eine Stärkung des technisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (fast 75 Prozent Zustimmung) ist bislang nicht erfolgt. Verbesserte Bedingungen an technischen Hochschulen wünschten sich im Jahr 2008 über die Hälfte der befragten Firmen. "Hier wird heute lediglich in Infrastruktur investiert, nicht in qualifiziertes Personal oder eine Überarbeitung der Lehrpläne", kritisierte Fuchs das ausbleibende Handeln der Politik. Knapp 45 Prozent hielten vergangenes Jahr öffentliche Stipendienprogramme für Ingenieurstudierende für sinnvoll. Der Einführung eines Technikrats standen zwei Drittel der Unternehmen mit hoher bis mittlerer Priorität gegenüber. "Die derzeitig von der wirtschaftlich kritischen Lage bestimmte Situation zeigt einmal mehr, dass die getätigten politischen Aktivitäten mehr von Aktionismus als von weitsichtiger Planung bestimmt sind. Gerade deshalb bleiben unsere Forderungen bestehen. Wir erwarten von der Politik mit Nachdruck weitsichtige Entscheidungen, auch wenn Wahlkampf angesagt ist", verdeutlichte Fuchs.
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