Vier Pfoten - Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN zum Welttierschutztag am 4. Oktober 2003
Zaghafte tierschutzpolitische Entwicklungen
Hamburg (ots)
Anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober zieht die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN e.V. eine geteilte Tierschutz-Bilanz für das laufende Jahr. Begrüßenswert sind die Bundesratsinitiative Hessens zum Haltungsverbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus und der Verordnungsentwurf zur Haltung von Pelztieren. Bei der Nutztierhaltung wurden dagegen kaum konkrete Fortschritte für den Tierschutz erzielt. Stattdessen werden sogar jüngst verzeichnete Erfolge, wie der Ausstieg aus der Käfighaltung von Legehennen, in Frage gestellt.
Das nimmt VIER PFOTEN zum Anlass, erneut an die Schlüsselrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Haltungsbedingungen unserer Nutztiere zu erinnern.
Der Welttierschutztag lässt sich auf den Todestag des heiligen Franziskus von Assisi, dem Begründer des Franziskanerordens und Schutzpatrons der Tiere, zurückführen. "Die ethische Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe ist seit dem Sommer 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Doch Konsequenzen aus dieser Entwicklung sind bislang leider nur in einigen Bereichen erkennbar", sagt Dr. Marlene Wartenberg, Geschäftsführerin von VIER PFOTEN.
Am 17. Oktober 2003 soll die Bundesratsinitiative Hessens zum Haltungsverbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus im Bundesrat beschlossen werden. Damit wird ein wichtiger Schritt getan, um in Zukunft Tierleid zu verhindern. Auch der Verordnungsentwurf des Verbraucherministeriums zur Pelztierhaltung ist grundsätzlich unterstützenswert. Doch da er bis heute noch nicht zur Abstimmung in den Bundesrat gelangt ist, werden auch in diesem Jahr wieder rund 300.000 Nerze in Deutschland allein für die Mode getötet.
Bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung ist die Bilanz dagegen höchst erschreckend. Das BMVEL hat zwar im April einen Gesetzesentwurf zur Schweinehaltung vorgelegt, doch dieser Vorschlag erfüllt aus Sicht von VIER PFOTEN nicht die Mindestanforderungen des Tierschutzes. Darüber hinaus blockiert eine Ländermehrheit im Bundesrat, unterstützt von der Agrarlobby, selbst diesen Kompromiss und verlangt hartnäckig die 1:1-Umsetzung unzureichender EU- Minimalstandards.
"Sogar bei der Legehennenhaltung besteht die Gefahr, dass in Sachen Tierschutz sogar der Rückwärtsgang eingelegt wird. Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern planen das erst im März 2002 in Kraft getretene Verbot der Käfighaltung wieder aufzuheben und stattdessen die Mogelpackung "ausgestalteter Käfig" zuzulassen. Damit verstoßen sie gegen den erklärten Willen von 90 Prozent der befragten Verbraucher", erläutert Wartenberg.
Und auf europäischer Ebene? Der Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Verordnung zu Tiertransporten erweist sich bei genauerem Hinsehen eher als Rückschritt für den Tierschutz. Es wurden kürzere Transportzeiten von 9 Stunden mit anschließender Pause von 12 Stunden festgelegt, während derer die Tiere auf dem Fahrzeug bleiben müssen. Doch diese Intervalle können beliebig häufig wiederholt werden. Der Forderung von VIER PFOTEN nach einer absoluten Transportzeitbegrenzung auf acht Stunden wurde erneut eine Absage erteilt.
"Es wird deutlich, dass positive Veränderungen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung nicht allein in den Händen von Politikern, Erzeugern und Verbänden liegen", erklärt Wartenberg. "Die Schlüsselrolle kommt letztendlich dem Verbraucher zu: Er kann mit seiner täglichen Kaufentscheidung praktischen Tierschutz betreiben und damit eine wirkliche Agrarwende voran bringen."
Wer weniger oder gar kein Fleisch isst und den Konsum anderer tierischer Produkte einschränkt, trägt aktiv dazu bei, dass weniger Nutztiere gehalten werden. Und nur wenn es deutlich weniger Nutztiere gibt, können die Haltungsbedingungen verbessert werden. Im Vergleich zu ihren Nachbarn in der Europäischen Union geben die Deutschen mit 12,4 Prozent ihres Nettoeinkommens am wenigsten Geld für Lebensmittel aus.
"Heute halten viele Mitbürger Ernährung nach wie vor lediglich für ein Grundbedürfnis, dass möglichst preiswert gestillt werden soll. Um artgerechte Tierhaltung jedoch zu ermöglichen, müssen Verbraucher und Handel bereit sein, angemessene Preise für tierische Produkte zu bezahlen", betont Dr. Marlene Wartenberg abschließend.
Weitere Informationen bei VIER PFOTEN:
Beate Schüler, Pressesprecherin, Tel.: 040 399 249 -31, 01705508261
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