DIB Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie
Bundesregierung legt ohne Grund Rückwärtsgang bei der Biotechnologie ein
Frankfurt am Main (ots)
Während sich die Biotech-Branche in Deutschland wirtschaftlich auf gutem Weg befindet, drohen sich die politischen Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verschlechtern. "Die Realpolitik der Bundesregierung steht für uns in den letzten Monaten deutlich unter dem Zeichen Rückschritt statt Fortschritt", betonte der Vorsitzende der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), Dr. Bernward Garthoff, vor Journalisten in Frankfurt. Probleme bereiten der Biotech-Branche vor allem die Auswirkungen der Steuerreform auf forschende Unternehmen und die Novelle des Gentechnik-Gesetzes.
Nach fast zwei Jahren intensiver Diskussion hat das Bundeskabinett einen Vorschlag für die Novellierung des Gentechnikgesetzes vorgelegt. "Mit diesen Regelungen haben wir im Rennen um die internationale Innovationsführerschaft in der Pflanzenbiotechnologie keinerlei Chancen auf die ersten Plätze", stellte Garthoff fest. Forschung, Entwicklung und Anwendung würden künftig noch stärker eingeschränkt als bisher. Der DIB-Vorsitzende kritisierte insbesondere, dass die Bundesregierung die Haftung nicht präzisiert habe. Es sei immer noch nicht klar, ob die Haftung auf den bewährten Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches beruhen werde.
Garthoff forderte außerdem, dass sich Landwirte mit konventionellen und gentechnisch optimierten Maiskulturen, die direkt aneinander grenzen, vertraglich auf geringere Abstände als die von Bundesminister Seehofer geplanten 150 Meter einigen können. "Das halten wir für eine unverzichtbare Ergänzung. Denn diese Option bietet auch Landwirten in den eher klein strukturierten Höfen in Westdeutschland dann die Möglichkeit, den biotechnischen Fortschritt für den Maisanbau zu nutzen. Sonst können nur die großen Landwirtschaftsbetriebe in Ostdeutschland in Zukunft auf gentechnische optimierte Pflanzen setzen." Der wissenschaftlich unbegründete Abstand von 300 Metern zu Öko-Maisflächen sei völlig inakzeptabel.
Unzufrieden ist die DIB außerdem mit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen. Mit diesem Gesetz versucht die Bundesregierung, unerwünschte Auswirkungen ihrer Gegenfinanzierung für die Reform der Unternehmenssteuern auf die forschungsintensive Hightech-Industrie abzufedern: Mit der Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Verlustvorträgen ab 2008 verschlechtern sich die Renditen von Biotech-Firmen deutlich gegenüber Unternehmen mit Geschäftsfeldern, die keine so langfristig angelegte und kapitalintensive Produkt- und Technologieentwicklung betreiben. Die Wirkung dieses Versuches der Bundesregierung, den finanziellen Schaden für forschungsintensive Unternehmen wieder gut zu machen, stuft Garthoff als "kläglich" ein.
Entwicklungs-Pipeline für Biopharmazeutika gut gefüllt
Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland mit Arzneimitteln auf biotechnologischer Basis ein Umsatz von 3,2 Milliarden Euro erzielt. Damit stieg der Absatz der so genannten Biopharmazeutika gegenüber 2005 um 12 Prozent. Diese Gruppe hat inzwischen einen Anteil von 12 Prozent am gesamten Pharmamarkt in Deutschland erreicht. Bei den in Deutschland zugelassenen Medikamenten mit neuen Wirkstoffen beruhen bereits über 30 Prozent auf biotechnischen Entwicklungsmethoden oder Produktionsverfahren.
Der positive Trend bei Biopharmazeutika wird durch die gut gefüllten Entwicklungs-Pipelines der Biotech-Unternehmen unterstrichen: 2006 befanden sich 321 Wirkstoffe in einer der drei klinischen Phasen. Dies entspricht einer Zunahme um exakt ein Viertel gegenüber 2005. "Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt und in den nächsten Jahren weitere Biopharmazeutika auf den Markt kommen werden", betonte Garthoff. Derzeit sind in Deutschland 127 Arzneimittel mit insgesamt 95 verschiedenen Wirkstoffen, die gentechnisch hergestellt werden, auf dem Markt. Davon stammen 16 aus deutscher Produktion.
Auch bei den Diagnostika spielt die Biotechnologie eine wichtige Rolle: Der Umsatz mit biotechnisch hergestellten Diagnostika erreichte 2006 rund 820 Millionen Euro. Das entspricht rund 35 Prozent des gesamten deutschen Marktes für Reagenzien zu diagnostischen Zwecken.
In der Weißen Biotechnologie gut aufgestellt
Im internationalen Vergleich ist Deutschland in der Weißen Biotechnologie nach wie vor sehr gut aufgestellt. Dabei geht es um effizientere Verfahren auf mikrobiologischer Basis für industrielle Prozesse - zum Beispiel für die Herstellung von Vitaminen oder Antibiotika - oder um die Entwicklung leistungsfähigerer Enzyme - zum Beispiel für den Einsatz in Waschmitteln. "Unser Land verfügt mit seiner starken chemisch-pharmazeutischen Industrie und der Lebensmittelwirtschaft über Abnehmer", so der DIB-Vorsitzende Garthoff, "die Innovationen anstoßen und die Nachfrage beleben." Die Bundesregierung müsse aber die in der Novelle des Gentechnikgesetzes vorgesehene Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für bestimmte gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen umsetzen. Zu diesen Anlagen zählen zum Beispiel Labore. Gerade für die industrielle Biotechnologie und die pharmazeutische Industrie hätten Verfahrensvereinfachungen im internationalen Wettbewerb um Innovationen eine große Bedeutung, unterstrich Garthoff.
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