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Dieselfilterskandal: Gabriel gesteht Scheitern der Austauschaktion

Berlin (ots)

Vor dem Umwelt- und Verkehrsausschuss gesteht der
Umweltminister, dass die von ihm favorisierte "Kulanzregelung" nicht 
funktioniert und verzichtet dennoch auf konsequente Rückrufaktion und
Widerruf der Betriebserlaubnis für Betrugsfilter - Deutsche 
Umwelthilfe befürchtet nachhaltigen Schaden für Auto-Abgasreinigung 
in Deutschland - Interne Dokumente belegen, dass Staatssekretär und 
Abteilungsleiter im Umweltministerium schon im August 2006 eine 
Veröffentlichung "negativer Prüfergebnisse" bestimmter Filtersysteme 
fürchteten
5. März 2008: Die Ende November 2007 von Bundesumweltminister 
Sigmar Gabriel präsentierte so genannte Kulanzregelung zur 
Aufarbeitung des Skandals um unwirksame Dieselfilter ist gescheitert.
Das geht aus der Erklärung hervor, die der Minister heute vor dem 
Umwelt- und Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestag abgegeben hat. 
Nach Gabriels Angaben sind von den mindestens 40.000 in Diesel-Pkw 
nachgerüsteten Betrugsfiltern in den vergangenen drei Monaten ganze 
1.024 - also etwa 2,5 Prozent - belegbar gegen funktionierende 
Systeme ausgetauscht worden.
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), die den Filterskandal im 
vergangenen Jahr aufgedeckt hatte, wirft der Bundesregierung vor, aus
dem von Anfang an vorhersehbaren und nun offensichtlichen Scheitern 
der Kulanzregelung immer noch keine klaren Konsequenzen zu ziehen. 
Statt die Betriebserlaubnis für die Betrugsfiltersysteme amtlich zu 
widerrufen und so den Filteraustausch zu beschleunigen, verteidigt 
die Bundesregierung weiter einen Steuervorteil für zehntausende von 
Filtern, die zum Gesundheitsschutz der von hohen Feinstaubbelastungen
Betroffenen nichts beitragen. Als einzige zusätzliche Maßnahme soll 
ein Informationsschreiben der Behörden an die betroffenen Autohalter 
dienen, von dem der Minister allerdings eingestehen musste, dass 
seine Versendung möglicherweise aus datenschutzrechtlichen Gründen 
nicht möglich sei.
"Die Botschaft dieses Krisenmanagements ist verheerend", sagte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Übertragen auf eine ertappte
Geldfälscherwerkstatt tritt die Bundesregierung dafür ein, die Blüten
weiter im Geldverkehr zirkulieren zu lassen, mit dem Argument, der 
Austausch von Falschgeld in korrekte Scheine sei den Betroffenen 
nicht zuzumuten. Außerdem würde die Wiedergutmachung des entstandenen
Schadens durch die Geldfälscher die Arbeitsplätze in deren 
Fälscherwerkstatt gefährden."
Die DUH hatte bereits seit November 2006 erste Hinweise auf 
negative Prüfergebnisse eines UBA-Tests von 
Nachrüst-Partikelminderungssystemen erhalten und das 
Bundesumweltministerium daraufhin in insgesamt vier Schreiben 
vergeblich aufgefordert, die Unterlagen der DUH zur eigenen Prüfung 
zur Verfügung zu stellen. Die Veröffentlichung der 
Forschungsergebnisse wurde von der Umweltorganisation schließlich 
nach einjähriger Verweigerung des BMU vor dem Verwaltungsgericht 
Dessau erstritten.
Der DUH vorliegende interne E-Mails aus dem BMU belegen nun, dass 
der verantwortliche Staatssekretär Matthias Machnig bereits am 23. 
August 2006 vom zuständigen Abteilungsleiter Uwe Lahl auf dem 
Umweltbundesamt vorliegende "negative Prüfergebnisse" von 
Filtersystemen aufmerksam gemacht worden war, deren Veröffentlichung 
befürchtet werde. Wörtlich schriebe Lahl damals an den 
Staatssekretär: "Mein Gefühl sagt mir, dass der Plan von Herrn 
Friedrich (d. zuständige Abteilungsleiter im UBA, DUH) der ist, nach 
der Sommerpause vorläufige Daten aus dieser Untersuchung in die 
öffentliche Diskussion zu spielen; sinngemäß: ´Filter im UBA-Test 
durchgefallen´. Damit wäre der sich abzeichnende 
Nachrüstungskompromiss der Länder mehr als fraglich."
Hätte das Umweltbundesamt tatsächlich die Ergebnisse der 
Untersuchungen im Herbst 2006 - und damit sechs Monate vor der 
Entscheidung über die Filterförderung durch Bundestag und Bundesrat -
veröffentlicht bzw. hätte das Umweltministerium diese Ergebnisse dem 
sachlich zuständigen Verkehrsministerium für eine Nachkontrolle zur 
Verfügung gestellt, hätte es zu dem Dieselfilterskandal gar nicht 
kommen können. Resch: "Wir wären heute viel weiter. Voraussichtlich 
wären hunderttausende funktionierende Nachrüstfilter in Pkw eingebaut
worden, mit dem Effekt einer messbaren Verbesserung der Luftqualität 
in den hauptbetroffenen Belastungszonen." Außerdem wäre der nun 
entstandene Schaden von etwa 40 - 60 Millionen Euro nicht entstanden,
von dem noch niemand wisse, wer am Ende dafür aufkomme.
Die E-Mails aus dem Umweltministerium belegten eindeutig, "dass 
sich die zuständige Fachabteilung und der beamtete Staatssekretär 
frühzeitig des Risikos bewusst waren, dass nicht funktionierende 
Filtersysteme massenhaft auf den Markt zu kommen drohten. Aus welchen
Beweggründen heraus die Verantwortlichen die ihnen vorliegenden 
Prüfergebnisse rechtswidrig der Deutschen Umwelthilfe vorenthielten 
und nicht einmal das zuständige Verkehrsministerium beziehungsweise 
das Kraftfahrtbundesamt (KBA) informierten, muss lückenlos aufgeklärt
werden", forderte Resch.
Der Bundesregierung warf Resch vor, das seit mehr als zwanzig 
Jahren aufgebaute Vertrauen in die amtliche Abgasreinigungspolitik 
mit ihrem andauernden "dilettantischen Krisenmanagement" zu 
zerstören. Kein Mensch könne akzeptieren, dass die aus dem Verkauf 
unwirksamer Filtersysteme erzielten Gewinne bis heute nicht für den 
entstandenen Schaden und Austausch mit wirksamen Filtern eingesetzt 
werden. Bereits seit November 2007 kündige das Unternehmen GAT in 
regelmäßigen Abständen für die jeweils nächsten Wochen die 
Auslieferung eines neuen, verbesserten Partikelfilters an. Doch 
ebenso wie das Unternehmen zuvor Messprotokolle und Antragsunterlagen
bisheriger Filtersysteme gefälscht habe, setze es nun von der 
Bundesregierung ungestört seine Verbrauchertäuschung fort.
In der vergangenen Woche hatte die DUH aufgedeckt, dass GAT bisher
dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) noch nicht einmal den mit der 
Zulassungsprüfung betrauten "technischen Dienst" bzw. den Zeitpunkt 
des beabsichtigten Beginns der Prüfungen mitgeteilt hat. Ein solcher 
Filtertest dauert üblicherweise allein acht bis zehn Wochen. Nach der
DUH-Veröffentlichung behauptete GAT unter der Überschrift "Prüfungen 
laufen" (Pressemitteilung vom 29. Februar 2008): "Die Zulassung der 
neuen Partikelminderungssysteme der GAT-Gruppe wird in wenigen Wochen
erfolgen. Nach erfolgreichen internen Tests laufen derzeit die 
Prüfungen zur Erlangung der ABE unter Aufsicht des 
Kraftfahrt-Bundesamtes." Das KBA hat dies auf Nachfrage der DUH 
vehement bestritten. Niemand im Hause wisse etwa von der angeblichen 
Aufsicht über GAT-Tests. Pressesprecher Stephan Elsner erklärte am 3.
März 2008: "Laufende Untersuchungen oder auch nur die Ankündigung, 
dass solche geplant seien, sind dem KBA unbekannt. Das KBA kann nur 
etwas begleiten, was es kennt. GAT hat nichts an das KBA 
herangetragen. Es gibt niemanden beim KBA, der die GAT-Entwicklungen 
begleitet."
"Die Bundesregierung kann vor dem andauernden Desaster um die 
Betrugsfilter nicht länger den Kopf in den Sand stecken", mahnte 
Resch. "Die DUH hält den Entzug der Betriebserlaubnis für alle 
Betrugsfilter zum 31. März 2008 für den einzig gangbaren Weg, den 
betroffenen Autohaltern zu helfen." Wenn die Bundesregierung weiter 
versuche, das Filterdesaster auszusitzen, halte nicht nur die 
Verunsicherung der Autofahrer an. Darüber hinaus komme der zur 
Entlastung der Ballungszentren von tödlichem Feinstaub notwendige 
massenhafte Einbau von Nachrüstfiltern nicht in Gang. Resch: "Die 
Nachrüstung der Dieselfilter wird als ein Tiefpunkt der Umweltpolitik
in Deutschland in die Annalen eingehen und mit dem Namen des 
Bundesumweltministers verbunden bleiben, wenn es jetzt nicht gelingt,
das Vertrauen in die Filternachrüstung wiederherzustellen."

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin;Mobil.: 0171 / 3649170, Fax.: 030 / 2400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 / 2400867-21, Mobil: 0171 / 5660577, Fax: 030 /
2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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