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Verstoß gegen EU-Umweltrecht: Deutschland verzichtet auf Kontrolle der Energieverbrauchs-Kennzeichnung für Pkw

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Berlin (ots)

Autokäufer werden nicht korrekt über den Spritverbrauch informiert
- Deutsche Umwelthilfe fordert von EU-Kommission Einleitung eines 
Vertragsverletzungsverfahrens - Bundesregierung und Landesregierungen
ignorieren Verstöße gegen Kennzeichnungspflicht  und beschneiden das 
Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger - DUH-Geschäftsführer 
Resch fordert angesichts immer neuer Ölpreisrekorde "flächendeckende 
Kontrollen der Spritverbrauchsangaben" durch die Bundesländer und 
"sofortiges Ende der einseitigen Schutzpolitik für die Autoindustrie 
zu Lasten der Verbraucher"
12. März 2008: Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat erneut 
festgestellt, dass geltendes europäisches Umweltrecht in Deutschland 
faktisch nicht umgesetzt und dessen Anwendung nicht kontrolliert 
wird. So verzögerte sich die Umsetzung der EU-Richtlinie zur 
Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen neuer 
Pkw in deutsches Recht wegen des Widerstandes der Automobilindustrie 
um mehrere Jahre. In den fast vier Jahren seit Inkrafttreten der so 
genannten Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) 
wird ihre Umsetzung in den Bundesländern praktisch nicht 
kontrolliert.
Nach Recherchen der DUH wurde bisher nicht ein einziges 
Ordnungswidrigkeitsverfahren mit einem Bußgeld abgeschlossen. Acht 
der 16 Bundesländer benannten bis heute nicht die zuständigen 
Vollzugsbehörden. "Es kann nicht sein, dass jeder Falschparker 
zuverlässig ein Knöllchen kassiert und gleichzeitig der Staat im 
Umwelt- und Verbraucherschutzrecht faktisch auf jede Kontrolle 
verzichtet", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
"In Deutschland können Pkw-Hersteller und Autohandel unter den 
zugekniffenen Augen der Behörden durch nicht korrekte oder ganz 
fehlende Verbrauchsangaben den Autokäufer zum Kauf spritdurstiger 
Fahrzeuge verführen. Damit unterläuft Deutschland eine der Säulen der
europäischen Klimapolitik: Die korrekte Auszeichnung von 
Spritverbrauch und CO2-Ausstoß soll den Autofahrer in die Lage 
versetzen, durch bewusstes Verhalten beim Neuwagenkauf die späteren 
Kosten für den Spritverbrauch zu senken und so auch den Ausstoß der 
klimarelevanten Abgase zu reduzieren", kritisierte Resch.
Angesichts eines zwischenzeitlich auf fast 110 US $ pro Barrel 
gestiegenen Rohölpreises wiegt für die DUH der fortgesetzte Verstoß 
der Bundesrepublik Deutschland gegen die Klimapolitik der 
EU-Kommission besonders schwer. Die EU-Klimapolitik sieht 
ausdrücklich vor, dass Unternehmen die Verbraucherinnen und 
Verbraucher über die Klimarelevanz von langlebigen Wirtschaftsgütern 
informieren müssen, um ihnen eine umweltbewusste Entscheidung zu 
ermöglichen. Umweltinformationen gehören zu den zentralen Säulen der 
EU-Klimapolitik, weil letztlich bewusste Kaufentscheidungen der 
europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher die Wirksamkeit der 
Klimaschutzanstrengungen bestimmen. "Im Europarecht gilt der 
Grundsatz der praktischen Wirksamkeit, das heißt, dass die 
Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen ergreifen müssen, um dem 
europäischen Recht zur Durchsetzung zu verhelfen", sagte Dr. Cornelia
Nicklas, Leiterin Recht der DUH. "Die jahrelange faktische 
Nicht-Umsetzung der EU-Richtlinie 1999/94/EG bedeutet das genaue 
Gegenteil und verlangt nach rechtlichen Konsequenzen. Wenn die 
deutschen Behörden vor Ort nichts unternehmen, sollte die Europäische
Kommission einschreiten."
In Zeiten ständig steigender Energiepreise hat die deutliche und 
vor allem nachzuvollziehende Kennzeichnung des Spritverbrauchs von 
Autos auch eine soziale Komponente: Nur wer beim Neukauf die später 
zu erwartenden Betriebskosten des Autos überblicken kann, behält die 
privaten Haushaltskosten im Griff. Resch fordert daher, dass auch für
Autos schnellstmöglich ein optisch einprägsames Energielabel 
eingeführt wird und Pkw nach Energieeffizienzklassen eingeteilt 
werden. Ein eindeutiges Energielabel hat sich bereits bei großen 
Haushaltsgeräten wie zum Beispiel Kühlschränken bewährt und 
ermöglicht es Verbrauchern, die Energieeffizienz auf einen Blick 
einzuschätzen. "Hierzulande jedoch wird das gesetzlich verankerte 
Recht auf Verbraucherinformation vom offensichtlich verbrieften Recht
der deutschen Autoindustrie auf Verschleierung ausgehebelt", sagte 
Resch und erinnerte daran, dass die Autohersteller schon im Jahr 2004
bei der rechtlichen Umsetzung der EU-Richtlinie im 
Bundeswirtschaftsministerium alles daran setzten, die 
Kennzeichnungspflicht zu kippen.
Resch fordert von den Bundesländern ein "sofortiges Ende der 
einseitigen Schutzpolitik für die Autoindustrie  zu Lasten von 
Verbrauchern und des Klimaschutz." Die DUH fordert in allen 16 
Bundesländern die Benennung zuständiger Behörden, eine sofortige 
flächendeckende Kontrollen bei den Autohäusern und die 
Veröffentlichung von Verstößen im Internet. "Wir erwarten von den 
Vollzugsbehörden eine gründliche Überprüfung der Pkw-Kennzeichnung in
den Autohäusern", sagte Resch. "Es kann nicht sein, dass der 
Autofahrer regelmäßig und zu Recht beim Falschparken belangt wird, 
der Staat bei ungleich schwereren Verstößen der Autohersteller und 
des Handels aber wegschaut."
Die Ergebnisse der DUH Recherche in den Bundesländern
Nach einer bundesweiten Umfrage unter den 16 Bundesländern (Stand 
Dezember 2007) hat die Hälfte aller Bundesländer vier Jahre nach 
Inkrafttreten der Verordnung noch nicht einmal die zuständigen 
Vollzugsbehörden für die Pkw-EnVKV benannt. Von diesen acht Ländern 
streiten Bayern und Schleswig-Holstein ab, dass es die Notwendigkeit 
zur Benennung überhaupt gibt. In Bremen und Sachsen-Anhalt ist nicht 
absehbar, wann die Benennung von Behörden stattfindet, 
beziehungsweise ob diese überhaupt angestrebt wird. In Berlin ist man
sich über die prinzipielle Zuordnung zu einem Ressort unklar. 
Niedersachsen und das Saarland planen die Benennung von Behörden, 
diese hat bisher jedoch nicht stattgefunden. In 
Mecklenburg-Vorpommern sollte die Zuständigkeit im Rahmen der 
Funktionalreform geregelt werden, die jedoch vom 
Landesverfassungsgericht im Juli 2007 für verfassungswidrig erklärt 
wurde. Von den anderen acht Bundesländern liegen im Falle 
Baden-Württembergs noch keine Vor-Ort-Ergebnisse vor. Jedoch blieb 
die Frage ungeklärt, ob überhaupt Vollzugskontrollen stattfinden. 
Ähnlich ist dies in Hamburg. In Hessen ist seitens der Landkreise und
kreisfreien Städte keine Rückmeldung an die Landesbehörde vorgesehen.
Nordrhein-Westfalen konnte ebenfalls keine Ergebnisse vorweisen und 
strebt eine Selbstverpflichtung mit dem Kfz-Gewerbe an. Auch aus 
Thüringen gibt es keinerlei Informationen über Ergebnisse der 
Vollzugsbehörden. Stichprobenhafte Kontrollen finden nach der 
Recherche der DUH überhaupt nur in drei von 16 Bundesländern statt: 
in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen, in keinem Fall kam es zu
einem Bußgeldbescheid.
Angesichts zahlreicher Programme für mehr Umwelt- und Klimaschutz 
sieht Resch eine deutliche Ambivalenz zwischen Worten und Taten auf 
Länder-Ebene: "Wenn zuständige Stellen ihren Verpflichtungen nicht 
nachkommen, verwundert es nicht, dass die Umsetzung gesetzlicher 
Regelungen vor Ort lückenhaft ist. Die Pkw-EnVKV gilt seit fast vier 
Jahren. Es ist völlig unverständlich, weshalb es den Ländern in 
dieser Zeit nicht gelungen ist, den Vollzug vor Ort sicherzustellen".
Es könne nicht sein, dass die DUH, die seit Jahren stichprobenartige 
Kontrollen durchführt, dauerhaft Aufgaben des Staates übernehme. Die 
DUH habe daher am 18. Februar 2008 Beschwerde bei der Europäischen 
Kommission eingelegt und Kommissionspräsident José Manuel Barroso zur
Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland 
aufgefordert (siehe Brief in der Anlage).

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 240 08 67-10, Mobil: 0171
364 91 70, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 240 08 67-18, Mobil: 0162
63 44 657, E-Mail: nicklas@duh.de

Ulrike Fokken, Politik&Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 240 08 67-22, Mobil: 0151 55 01 70
09, E-Mail: fokken@duh.de

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