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Allianz Pro Tempolimit": Raserei in Deutschland beenden, bevor die EU es tut

Berlin (ots)

Bündnis der Tempolimit-Verfechter erwartet ab 2010
mehr Druck der EU für Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen 
Autobahnen - Verkehrsminister Tiefensee scheut bei nationaler 
Kampagne "Runter vom Gas!" vor entscheidender Sofortmaßnahme zurück 
und verweigert Forschung zum Tempolimit - Hochgeschwindigkeitswahn 
kostet täglich Menschenleben - Tempolimit würde CO2-Ausstoß des 
gesamten deutschen Busverkehrs kompensieren
26. März 2008: Der deutsche Sonderweg unbegrenzter Raserei auf 
Autobahnen neigt sich dem Ende zu. Wenn Politik und 
Automobilindustrie nicht aus eigener Einsicht zur Räson kommen, wird 
die EU-Kommission ab 2010 die "Initiative zur Harmonisierung der 
Höchstgeschwindigkeiten auf Europas Straßen ergreifen". Davon geht 
die im November 2007 gegründete "Allianz pro Tempolimit - Für 
Verkehrssicherheit und Klimaschutz" aus. Begründet wird die Erwartung
mit Klimaschutznotwendigkeiten, aber auch mit dem Ziel der 
EU-Kommission, die Zahl der Verkehrstoten in allen Mitgliedstaaten 
bis zum Jahr 2010 gegenüber 2000 zu halbieren. Dies sei in 
Deutschland kaum zu erreichen, ganz sicher nicht ohne allgemeine 
Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Initiative kündigte an, alle Parteien
im Bundestagswahlkampf 2009 mit dem Thema zu konfrontieren.
Trotz der in den letzten Jahren gesunkenen Zahl im Straßenverkehr 
getöteter Menschen bleibe "die von der EU bis 2010 geforderte 
Halbierung der Opferzahlen ohne eine konsequente 
Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen Straßen pure Illusion", erklärte
der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen 
Resch. Im Jahr 2000 habe die Zahl der Getöteten auf deutschen Straßen
bei 7.487 gelegen, im Jahr 2007 immer noch bei 4.970. Sie müsse 
jedoch bereits in zwei Jahren auf unter 3.750 zurückgehen, um das 
EU-Ziel zu erfüllen. Zwischenzeitlich gebe es in der Bevölkerung eine
Mehrheit für ein Tempolimit, sagte Resch und forderte die Politik 
auf, "nun endlich ihre andauernde Angststarre vor der Macht der 
Autolobbyisten und der Bleifuß-Minderheit zu überwinden". Solange 
Deutschland als einziges EU-Land auf ein allgemeines Tempolimit auf 
Autobahnen verzichte, werde keine Bundesregierung behaupten können, 
alles Erdenkliche für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger 
getan zu haben. "Der EU wird unter diesen Umständen gar nichts 
anderes übrig bleiben, als gegen Deutschland vorzugehen". Darauf 
müsse sich auch die deutsche Autoindustrie einstellen. Statt immer 
mehr Mittelklasselimousinen auf die Straße zu bringen, die bei Tempo 
250 km/h elektronisch abgeregelt werden, gehe es "auch im ureigenen 
Eigeninteresse der Hersteller darum, Autos herzustellen, die einen 
zivilen Umgang miteinander ermöglichen und die die Welt ökologisch 
verkraftet".
Polizeidirektor Martin Mönnighoff von der Deutschen Hochschule der
Polizei in Münster kritisierte die kürzlich von Verkehrsminister 
Wolfgang Tiefensee gestartete nationale Kampagne "Runter vom Gas!" 
als "halbherzig und nicht zu Ende gedacht", solange der SPD-Minister 
der entscheidenden Frage von Geschwindigkeitsbegrenzungen ausweiche 
und damit nicht nur die eigene Partei brüskiere. Die SPD hatte sich 
beim Parteitag in Hamburg erst vor wenigen Monaten mit klarer 
Mehrheit für ein Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. Eine 
Analyse der Verkehrsopferzahlen des Jahres 2007 bestätige erneut, 
dass "zu hohe Geschwindigkeiten auf allen Straßen das mit Abstand 
größte Verkehrssicherheitsproblem in Deutschland darstellen". Für ihn
sei unverständlich, dass Tiefensee weiter vor den Tatsachen den Kopf 
in den Sand stecke. Ein Tempolimit auf Autobahnen sei geeignet, die 
beispiellosen Geschwindigkeitsdifferenzen zu begrenzen und 
gleichzeitig das Verkehrsklima insgesamt zu entspannen. Mönnighoff: 
"Die Erfahrung zeigt: Wer auf Autobahnen rasen darf, hält sich auch 
auf Landstraßen an keine Geschwindigkeitsbegrenzung."
Auf deutschen Autobahnen sterben wegen überhöhter Geschwindigkeit 
jedes Jahr immer noch über 300 Menschen, davon mehr als 200 auf 
Streckenabschnitten ohne Tempolimit. Daran erinnerte der 
verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclub Deutschland (VCD), Gerd 
Lottsiepen. Darüber hinaus spreche sich mittlerweile auch in 
Deutschland herum, dass die grenzenlose Raserei auf kaum einem 
Promille des weltweiten Straßennetzes nicht nur Sofortopfer fordert. 
Eine unmittelbare Folge des Tempowahns bestehe darin, dass 
hierzulande neben Schweden die europaweit klimaschädlichsten Pkw 
gebaut und in alle Welt verkauft werden - was wiederum die 
Klimaerwärmung anheize. Auf Basis vorliegender Daten ergebe sich 
rechnerisch bei einem Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h eine 
kostenfreie CO2-Minderung von rund 3,4 Millionen Tonnen pro Jahr. Das
entspreche der CO2-Last, die der gesamte Busverkehr in Deutschland 
verursache.
Lottsiepen nannte es "einen Skandal, dass die zuständigen 
Bundesminister bis zum heutigen Tag keinen einzigen neuen 
Forschungsauftrag zu den Effekten von Tempolimits erteilt haben." 
Verkehrsminister Tiefensee weigere sich sogar, die derzeit auf den 
Autobahnen tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten zu erfassen und 
zu veröffentlichen. Daraus könnte jedoch das Umweltbundesamt 
zumindest die Umweltfolgen der Raserei ermitteln. "Wolfgang Tiefensee
will kein Tempolimit, also wird auch nicht geforscht. Rabiater kann 
man die Wünsche der Bevölkerungsmehrheit und die Entscheidung der 
eigenen Partei kaum mit Füßen treten", kritisierte Lottsiepen. Die 
Verkehrssicherheitskampagne "Runter vom Gas!", die sich um die 
Sofortmaßnahme Tempolimit herumdrücke, habe Feigenblattcharakter. "Es
ist so hart wie es klingt: Tiefensee verweigert sich einer Maßnahme, 
die geeignet wäre, ab sofort jedes Jahr etwa 200 Menschen das Leben 
zu retten und tausende schwere Verletzungen zu verhindern."
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, der inzwischen den 
Tempolimit-Beschluss seiner Partei nach einigen Pirouetten öffentlich
vertritt, forderte die "Allianz pro Tempolimit" auf, den 
"Umwelteffekt einer Geschwindigkeitsbegrenzung nicht länger klein zu 
reden". In den Spritspartipps des Volkswagenkonzerns könne er 
nachlesen, dass Tempo 130 km/h im Vergleich zu 150 km/h zwei Liter 
Kraftstoff pro hundert Kilometer spart - das entspricht etwa 50 g CO2
pro Kilometer.

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e. V., Bundesgeschäftsführer,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0171 3649170, Tel. Büro 030
2400867-0; Fax.: 030 2400867-19, E-Mail: resch@duh.de

Gerd Lottsiepen, Verkehrsclub Deutschland e. V., Verkehrspolitischer
Sprecher, Kochstraße 27, 10969 Berlin; Mobil: 0171 8824449, Tel: 030
280351-11; Fax: 030 280351-10; E-Mail: gerd.lottsiepen@vcd.org

Martin Mönnighoff, Deutsche Hochschule der Polizei, Polizeidirektor
Lehrstuhl für Polizeiliche Verkehrslehre; Zum Roten Berge 18-24,
48165 Münster; 01606919765; Tel.: 02501806277; E-Mail:
martin.moennighoff@dhpol.de

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