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Keine längeren Laufzeiten ohne Endlager

Berlin (ots)

Geplante Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke
verstoßen gegen Grundgesetz - Wegen ungelöster Entsorgung darf nicht 
mehr Atommüll erzeugt werden, als im Rahmen des Atomausstiegs 
festgelegt wurde - Längere Reaktorlaufzeiten verletzen 
verfassungsrechtliche Schutzpflichten des Staates
Längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke, wie sie die 
schwarz-gelbe Bundesregierung derzeit vorbereitet, wären wegen der 
nicht im Ansatz geklärten Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle 
rechts- und verfassungswidrig. Das ist das Ergebnis eines 
Rechtsgutachtens, das die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) heute in 
Berlin vorgestellt hat. Die Expertise kommt zu dem Ergebnis, dass die
Nutzung der Atomenergie dann in einen eklatanten Widerspruch zu den 
verfassungsrechtlichen Schutzpflichten des Staates gerät, wenn die 
2002 mit dem Atomausstiegsgesetz festgelegte Mengenbegrenzung der 
Atommüllproduktion aufgehoben wird. Dies wäre bei einer 
Laufzeitverlängerung der Fall.
"Wir erleben in diesen Wochen eine merkwürdig eindimensionale 
Debatte über die angebliche Notwendigkeit längerer Reaktorlaufzeiten,
während gleichzeitig das grandiose Scheitern des Versuchs, schwach- 
und mittelaktive Atomabfälle im Salzbergwerk Asse II dauerhaft zu 
entsorgen, eingestanden werden muss", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer
Rainer Baake. Für die Entsorgung des um Größenordnungen brisanteren 
hochradioaktiven Abfalls gebe es mehr als dreißig Jahre nach dem 
Start der Erkundung des Salzstocks Gorleben keine belastbare 
Perspektive. Nicht einmal die wissenschaftlichen Kriterien für die 
Auswahl eines Endlagers seien abschließend geklärt. Die Frage, ob in 
den 1970er Jahren nicht gänzlich sachfremde Erwägungen für die 
Auswahl des Standorts Gorleben entscheidend waren, werde 
voraussichtlich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des 
Bundestages klären müssen. Im Ergebnis sei die Endlagerfrage in 
Deutschland heute noch offener als zu der Zeit, als das 
Atomausstiegsgesetz 2002 im Bundestag verabschiedet wurde.
Baake erläuterte, dass die 2001 zwischen der damaligen rot-grünen 
Bundesregierung und den Atomkraftwerksbetreibern ausgehandelte 
Vereinbarung über den Atomausstieg auch die Konsequenz aus der 
Tatsache zog, dass für die Entsorgung der abgebrannten Brennelemente 
trotz jahrzehntelanger Bemühungen kein Endlager zur Verfügung stand. 
Mit dem Atomausstiegsgesetz habe der Gesetzgeber damals die 
Konsequenzen gezogen. In einer Abwägung zwischen den Schutzpflichten 
des Staates für das Leben und die Gesundheit seiner Bürgerinnen und 
Bürger einerseits und den verfassungsrechtlich geschützten 
Eigentumsrechten der AKW-Betreiber andererseits habe das Parlament 
gesetzliche Regelungen getroffen, mit denen der Betrieb von 
Atomkraftwerken nur noch für einen begrenzten Zeitraum hingenommen 
wurde. Die Reaktorbetreiber hätten die Laufzeitbeschränkung 
akzeptiert und in der mit der Bundesregierung abgeschlossenen 
Vereinbarung vom 14. Juni 2000 den Atomkonsens "als einen wichtigen 
Beitrag zu einem umfassenden Energiekonsens" bezeichnet. Baake: "Wenn
der Staat jetzt unter dem Druck der Konzerne aber ohne Not eine 
Laufzeitverlängerung beschließt, verletzt er seine Schutzpflichten, 
indem er die Produktion von zusätzlichem Atommüll ohne geeignete 
Entsorgungsmöglichkeit zulässt". Weil die erneuerbaren Energien Strom
aus Atomkraftwerken Schritt für Schritt ersetzten und Deutschland in 
den vergangenen Jahren Rekordstrommengen ins Ausland exportierte, 
seien auch keine "überragenden Gemeinwohlgründe" erkennbar, die gegen
die Vorsorge- und Schutzpflichten des Staates in Stellung gebracht 
werden könnten.
Die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH und Autorin des 
Rechtsgutachtens, Cornelia Ziehm, sagte, eine Laufzeitverlängerung 
wäre auf Grund der auch in absehbarer Zeit ungelösten 
Entsorgungsfrage für hochradioaktive Abfälle rechts- und 
verfassungswidrig. Sie stünde im Widerspruch zur Nichterfüllung der 
staatlichen Schutzpflichten aus Artikel 2, Absatz 2 (Recht auf Leben 
und körperliche Unversehrtheit) und Artikel 14, Absatz 1 (Recht auf 
Eigentum) Grundgesetz  sowie dem gemäß Art. 20a Grundgesetz gebotenen
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch für künftige 
Generationen.
"Der Staat ist bis heute weit davon entfernt, seiner Schutzpflicht
genüge zu tun. Über 50 Jahre nach Schaffung der gesetzlichen 
Grundlagen für die kommerzielle Nutzung der Atomenergie in 
Deutschland ist ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nicht nur 
nicht verfügbar. Es fehlt nach wie vor bereits an einer realen 
Endlagerperspektive für hochradioaktive Abfälle", sagte Ziehm. Damit 
die Entsorgungsvorsorgepflicht des Bundes als erfüllt angesehen 
werden könne, bedürfe es mindestens belastbarer Indizien, die auf die
Realisierung und Verfügbarkeit eines Endlagers in absehbarer Zeit 
schließen lassen. Der Bund müsste zur Erfüllung der ihm obliegenden 
Entsorgungsvorsorgepflicht eine realistische Planung über ein 
bedarfsgerecht zur Verfügung stehendes Endlager für hochradioaktive 
Abfälle sowie deren Realisierbarkeit darlegen. Das wiederum setze 
einen positiven Eignungsnachweis sowie eine Aussage zur Auswahl des 
bestmöglichen Standortes voraus. An beidem fehle es für den Standort 
Gorleben. Mit einer - positiven oder negativen - Eignungsaussage für 
den Standort Gorleben sei frühestens in 15 Jahren zu rechnen. Um eine
Aussage über die Auswahl des bestmöglichen Standortes treffen zu 
können, sind zudem noch nicht einmal die ersten dafür notwendigen 
Schritte durch ein Standortauswahlverfahren eingeleitet worden.
Sollte es jetzt ohne Vorliegen so genannter überragender 
Gemeinwohlgründe zu einer Laufzeitverlängerung kommen, verletze der 
Staat seine verfassungsrechtlichen Vorsorge- und Schutzpflichten, 
indem er die Produktion von zusätzlichem Atommüll ohne geeignete 
Entsorgungsmöglichkeit zulasse. "Die Bundesregierung kann nicht 
länger so tun, als hätten Laufzeitverlängerungen und die über 
Jahrzehnte verdrängten und unterschätzten Probleme bei der 
Atommüll-Entsorgung nichts miteinander zu tun.Tut sie es doch, müssen
die Gerichte entscheiden", schloss Ziehm.
Hinweis: Das Rechtsgutachten "Ohne Endlager keine 
Laufzeitverlängerung - zur Rechts- und Verfassungswidrigkeit einer 
Laufzeitverlängerung" von Dr. Cornelia Ziehm können Sie unter 
www.duh.de 
hhttp://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2135
herunterladen.

Pressekontakt:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0151 55 01 69 43, Tel.: 030 2400867-0,
E-Mail: baake@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0160 94182496;
Tel.: 030 2400867-0, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

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