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Giftmüllskandal in Sachsen: Behörden versagen bei Anlagenüberwachung

Berlin (ots)

Sächsischer Umweltminister Kupfer bestätigt fehlende Nachweise zur ordnungsgemäßen Verarbeitung sehr giftiger Schlacken in der Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec - Mehr als 68.000 Tonnen sehr giftige, schwermetallhaltige Abfälle wurden ohne Nachweise behandelt - Deutsche Umwelthilfe erhebt schwere Vorwürfe gegen seit Jahren untätige sächsische Behörden - Landratsamt Nordsachsen ignorierte und verharmloste Hinweise auf Verstöße

Die sächsische Staatsregierung bestätigt die seit Jahren von der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) geäußerte Kritik an der skandalösen "Wegguck-Mentalität" der sächsischen Umweltbehörden bei der Anlagenüberwachung. Der sächsische Umweltminister Frank Kupfer musste im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage fehlende Nachweise des Abfallentsorgers S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH (S.D.R. Biotec) zur ordnungsgemäßen Verarbeitung sehr giftiger Abfälle aus der Metallindustrie bestätigen. Konkret geht es um Schlacken mit der Abfallschlüsselnummer 10 04 01, die aufgrund der sehr giftigen Schwermetalle Arsen, Quecksilber und Cadmium als gefährlicher Abfall gelten. In der Abfallbehandlungsanlage im sächsischen Pohritzsch sollen solche gefährlichen Abfälle angeblich in stabilisierte und damit ungefährliche Abfälle umgewandelt werden (Abfallschlüssel 19 03 05). Für giftige Schlacken mit der Abfallschlüsselnummer 10 04 01 liegen, laut dem Landratsamt Nordsachsen, jedoch überhaupt keine Nachweise zur ordnungsgemäßen Entsorgung vor. Inzwischen hat das Landratsamt Nordsachsen der S.D.R. Biotec die Annahme solcher giftigen Schlacken mit dem Ziel der Stabilisierung sogar verboten. Trotzdem hat die Fa. S.D.R. Biotec seit 2005 insgesamt über 68.000 Tonnen hochgiftiger Schlacken mit der Abfallschlüsselnummer 10 04 01 zur Stabilisierung angenommen. "Es ist ein Skandal, dass die sächsischen Behörden der S.D.R. Biotec die vermeintliche Umwandlung hochgiftiger Schlacken aus der Bleimetallurgie in ungefährliche Abfälle jahrelang ohne Einschränkungen erlaubten und plötzlich feststellen, dass keine Nachweise zu deren erfolgreicher Behandlung vorliegen und die Technologie nicht funktioniert", kritisierte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH forderte Umweltminister Kupfer dazu auf, umgehend zu klären, was mit den vermutlich nicht stabilisierten sehr giftigen Schlacken aus der Metallverarbeitung passiert ist und wo diese abgelagert wurden.

Inzwischen bestehen laut dem Landratsamt Nordsachsen Zweifel an der ordnungsgemäßen Entsorgung aller Outputmaterialien der S.D.R. Biotec. Das Landratsamt geht dabei von der Übertragbarkeit des physikalischen und chemischen Verhaltens behandelter sehr giftiger Schlacken auch auf andere Outputmaterialien der Abfallbehandlungsanlage aus. Trotz der von den Behörden geäußerten Zweifel verarbeitet die Abfallbehandlungsanlage weiterhin täglich hunderte Tonnen giftigen Abfalls. "Den Behörden liegen für sehr giftige, schwermetallhaltige Schlacken mit dem Abfallschlüssel 10 04 01 keine Nachweise für die Verarbeitung zu stabilisierten Abfällen vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Anlage auch andere sehr giftige Abfälle, die z.B. Schwermetalle wie Arsen, Quecksilber und Cadmium enthalten, nicht stabilisiert werden können" erklärte Maria Elander, Leiterin des Bereiches Kreislaufwirtschaft der DUH.

Bei der Ablagerung von Outputmaterialien der S.D.R. Biotec kam es auf insgesamt sechs Deponien in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten in Form von Zurückweisungen und Lieferstopps. Häufig stimmten die von der S.D.R. Biotec angegebenen Deklarationswerte nicht mit den Werten der Eingangsanalysen auf den Deponien überein. Der angeblich ungefährliche Abfall stellte sich in diesen Fällen als noch gefährlich heraus. Es wurden auch Annahmegrenzwerte für Schwermetalle und toxische organische Stoffe überschritten. Der Betreiber der Deponie Weißer Weg beendete nach Unregelmäßigkeiten die Annahme solcher Outputmaterialien der S.D.R. Biotec. "Falsch deklarierte Abfälle oder überschrittene Annahmegrenzwerte von Outputmaterialien der S.D.R. Biotec scheinen bei der Ablagerung auf Deponien keine Ausnahme zu sein. Dies deckt sich mit den vom Landratsamt Nordsachsen geäußerten Zweifeln an der ordnungsgemäßen Entsorgung aller Outputmaterialien der S.D.R. Biotec und vergrößert das Fragezeichen hinter der dort verwendeten Abfallbehandlungstechnologie" sagte Maria Elander.

In der Beantwortung einer kleinen Anfrage im Landtag teilte der sächsische Umweltminister Frank Kupfer auch mit, dass den Behörden keine Angaben über Menge und Art der Zuschlagstoffe bei der chemischen Behandlung gefährlicher Abfälle durch die S.D.R. Biotec vorliegen würden. Die Verwendung der Zuschlagstoffe sei ein Betriebsgeheimnis. "Die Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec ist für die sächsischen Behörden eine Art Black Box, in welche giftige Abfälle hinein gehen und wie durch ein Wunder als nicht gefährliche Abfälle heraus kommen. Dabei sind für eine hinreichende Kontrolle der Anlage Kenntnisse über den Einsatz der Zuschlagschlagstoffe unerlässlich. Die Behörden müssen endlich die Vorgänge um den Skandalbetrieb S.D.R. Biotec grundsätzlich überprüfen und bis auf weiteres den Betrieb untersagen" sagte Jürgen Resch. "Es stelle sich die Frage, wie ernst die Kontrollbehörden vor Ort ihre Arbeit wirklich nehmen und ob der sächsische Umweltminister Frank Kupfer seine Behörden überhaupt im Griff hat - oder ob er deren Wegguck-Mentalität billigend in Kauf nimmt".

Die DUH fordert im Sinne des Umweltschutzes und des Vorsorgeprinzips die sächsischen Behörden auf, der S.D.R. Biotec mit sofortiger Wirkung die Annahme von sehr giftigen Abfällen mit dem Ziel der Stabilisierung (AVV 19 03 05) zu untersagen. Zudem müssen personelle Konsequenzen aus der geradezu fahrlässigen Kontrolle der Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch gezogen werden.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel: 0171 3649170, Fax: 030
2400867-19, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-21, Fax:
030 2400867-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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