Zur verbalen Entgleisung des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) im Wiesbadener Landtag erklärt die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH):
Berlin (ots)
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. ist tief beeindruckt: Als erster Länderregierungschef besteht Volker Bouffier auf Vergleichbarkeit mit der Bundeskanzlerin und nicht mit seinen 15 Kollegen in den Bundesländern, die sämtlich die Daten ihrer Dienstwagen bereitwillig für den DUH-Dienstwagencheck 2012 bereitgestellt haben.
Der hessische Ministerpräsident reagierte dagegen erst, nachdem ihm die Klage auf Herausgabe der Umweltdaten, die die Deutsche Umwelthilfe beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingereicht hatte, zugestellt worden war. Erst danach offenbarte Bouffier wie alle anderen Länderregierungschefs und Minister in Bund und Ländern den Emissionswert von 314 Gramm CO2 pro Kilometer (g/CO2/km). Der Wert bezog sich ausdrücklich auf seine sicherheitstechnisch aufgerüstete Limousine.
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. erklärte daraufhin in weiteren Gesprächen gegenüber der hessischen Staatskanzlei, dass sie - um Vergleichbarkeit herzustellen - den (niedrigeren) Emissionswert des zugehörigen Basismodells benötige. So werde auch bei allen anderen Regierungschefs verfahren. Dies lehnte die Staatskanzlei zunächst mündlich, dann auch schriftlich ab. Erst als am vergangenen Freitag nach einer Indiskretion Dritter der hohe Emissionswert des sicherheitsbewehrten Fahrzeugs an die Öffentlichkeit gelangte, setzte in der Staatskanzlei offenbar ein Umdenken ein. Am Sonntag, dem 6. Mai, erreichte die DUH gegen 17 Uhr ein Fax, in dem die Hessische Staatskanzlei, wie von der DUH zuvor erbeten, den niedrigeren Wert des entsprechenden Basismodells mit gleicher Motorisierung nannte, wiederum ohne das Modell selbst zu offenbaren. Dieser Wert (277 g CO2/km) wurde dann am Dienstag von der DUH, wie gegenüber der Staatskanzlei in Wiesbaden zuvor angekündigt, veröffentlicht.
Gegen die in der Sache unzutreffenden und in der Form peinlichen Ausfälle des Ministerpräsidenten in der heutigen aktuellen Stunde des hessischen Landtags wird die Deutsche Umwelthilfe e.V. rechtliche Schritte einleiten, sollte Bouffier sie so oder ähnlich außerhalb des Landtags wiederholen. Die DUH hat niemals die Unwahrheit gesagt; entsprechende Vorhaltungen Bouffiers sind aus der Luft gegriffen und werden nicht einmal von Herrn Bouffier selbst mit ansatzweise nachvollziehbaren Argumenten unterfüttert. Der Ministerpräsident ist als Abgeordneter des hessischen Landtags nur deshalb vor einer sofortigen gerichtlichen Verfolgung geschützt, weil er die unwahren Äußerungen über die DUH innerhalb des Parlaments tätigte.
In der Sache beschwert sich Bouffier darüber, dass die DUH die Spezialfahrzeuge der Bundeskanzlerin und besonders gefährdeter Bundesminister in diesem wie in den vorherigen Jahren von der Dienstwagenbefragung ausgenommen hat, die mit unterschiedlichen Sicherheitsaufbauten der Regierungschefs der Länder jedoch nicht. Das ist richtig und ergibt sich aus der nach Angaben von Fachleuten praktischen Nicht-Vergleichbarkeit der Spezialfahrzeuge besonders gefährdeter Persönlichkeiten wie der Bundeskanzlerin mit den zugehörigen Basismodellen.
Die Regierungschefs der Länder fahren hingegen zum Teil normale Dienstlimousinen, zum Teil mehr oder weniger sicherheitstechnisch aufgerüstete Fahrzeuge. Dies unterscheidet sie von den Spezialfahrzeugen der Bundeskanzlerin. Die DUH maßt sich als Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation selbstverständlich nicht an, das unterschiedliche Sicherheitsbedürfnis der Regierungschefs oder gar Gefährdungslagen in den Ländern zu bewerten. Die Frage allerdings muss erlaubt sein, ob eine Dienstlimousine mit Sicherheitsaufbauten zwingend eine 500 PS-Motorisierung benötigt. Diese Motorisierung übertrifft die normaler 40-Tonner Lkw, die voll beladen in durchaus zügigem Tempo auch schwere Alpenpässe überwinden können. Ministerpräsident Bouffier gehört zu den drei Länderregierungschefs mit den höchsten CO2-Emissionen seiner Dienstlimousine. Die Vermutung liegt nahe, dass seine denkwürdige Intervention im Parlament von dieser schlichten Tatsache ablenken sollte.
Berlin, 10. Mai 2012
Den DUH-Dienstwagen-Check 2012 und die zugehörige Presseerklärung vom 8. Mai finden Sie hier: http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2846
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