Hessen und Rheinland-Pfalz gehen bei der konsequenten Marktüberwachung von Umwelt- und Klimaschutzvorschriften mit gutem Beispiel voran
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Berlin (ots)
Seit Jahren existieren in Deutschland EU-weit verbindliche Vorgaben für die Bundesländer zur Durchsetzung von Verbrauchskennzeichnungsvorschriften bei Energiefressern - das jährliche Ranking der Deutschen Umwelthilfe zum Marktüberwachungsverhalten der Bundesländer zeigt erfreuliche Entwicklungen im Vergleich zum Vorjahr - deckt jedoch auch Missstände bei inhaltlichen Kontrollen auf
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) bewertet jährlich die tatsächliche Marktüberwachung der Landesbehörden von Energieverbrauchsangaben bei Pkw, Haushaltselektronik und Reifen und vergibt dafür die "Grüne", "Gelbe" und "Rote Karte". Die neuen Ergebnisse sind jetzt veröffentlicht.
Zehn Bundesländer überprüfen zwischenzeitlich immerhin die Einhaltung von Energieverbrauchsvorschriften, ahnden aber die Verstöße nicht mit Ordnungsgeldern. Vier Bundesländer verweigern weiterhin die Erfüllung ihres hoheitlichen Auftrags und erhalten dafür von der DUH die "Rote Karte".
Mit gutem Beispiel voran gehen die beiden Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz. Sie führen nicht nur formale und inhaltliche Kontrollen durch, sondern ahnden festgestellte Verstöße auch durch die Verhängung von Bußgeldern. Dafür erhalten sie eine "Grüne Karte". Besonders erfreulich ist die Verbesserung von Hessen, das sich gegenüber der letztjährigen Umfrage um zwei Stufen von "Rot" auf "Grün" verbessert hat. Vorbildlich entwickelt hat sich gegenüber den Vorjahren auch die Marktüberwachung in Baden-Württemberg. Eine neu eingerichtete Behörde startete mit mehreren tausend Überprüfungen von Produkten sowohl bezüglich der formalen Kennzeichnungsvorschriften als auch der inhaltlichen Vorgaben. Da sich Baden-Württemberg aber bisher weigert, festgestellte Verstöße mit Bußgeldern zu ahnden, reichte es trotzdem nur für eine "Gelbe Karte". Auch am Ende der Bewertungsskala gibt es Bewegung: Verteilte die DUH in 2013 noch neun "Rote Karten" für Bundesländer, die keine ernstzunehmende Marktüberwachung durchführen, sind es dieses Jahr nur noch vier Länder (Hamburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein), die für Ignoranz in der Marktüberwachung stehen und gegen geltendes Recht verstoßen.
Die Kriterien zur Vergabe der "Grünen", "Gelben" und "Roten Karten" richten sich nach Art, Umfang und Konsequenz der behördlichen Maßnahmen. In den ersten Jahren des Bestehens der Energieverbrauchs-Kennzeichnungsvorschriften gab es weder zuständige Kontrollbehörden noch amtliche Überprüfungen. Industrie und Handel sahen dies als Einladung zur Missachtung bzw. großzügigen Interpretation der Kennzeichnungsvorschriften an. Entsprechend verärgert reagierten Elektrohandel, Automobilindustrie und KFZ-Handel auf die Kontrolle durch klageberechtigte Verbraucherschutzorganisationen wie die DUH. Von stichprobenartigen Kontrollen und rechtlicher Verfolgung von Verbrauchertäuschung bis hin zu gerichtlich verfügtem Stopp grober Verbrauchertäuschung zeigt sich die Notwendigkeit behördlicher Kontrollen. Ein Beispiel sind die falschen Spritverbrauchsangaben bei der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz.
"Leider verweigern die meisten Bundesländer ihren Bürgern auch weiterhin einen wirksamen Verbraucherschutz. Während Autofahrer selbst bei geringfügigen Parkvergehen zur Kasse gebeten werden, haben die Landesbehörden ein großes Herz für Industrie und Handel, selbst bei vorsätzlichen Verstößen", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "In mehreren Fällen haben wir die Aufsichtsbehörden über massive Verstöße offiziell informiert und die Verhängung von Ordnungsstrafen gefordert - bisher ohne Erfolg. Wir werden diese Fälle nun der EU-Kommission zur Prüfung vorlegen, da wir hier klare Verstöße gegen EU-Recht sehen."
Die heute veröffentlichte Umfrage bringt einen weiteren Missstand zutage: Es findet nahezu keine Überprüfung von Herstellerangaben bezüglich Inhaltsstoffen, Energie- und Spritverbrauch oder Umwelteigenschaften von Produkten durch die Marktüberwachungsbehörden statt. In der Folge sind vor allem bei besonders günstigen Aktionsprodukten die Überschreitungen von Grenzwerten bzw. Abweichungen zu den Energieverbrauchsangaben auffällig hoch und führen zu einer unmittelbaren Schädigung des Verbrauchers, beispielsweise durch Schadstoffe oder entstehende Mehrkosten. Auch Wirtschaftsunternehmen, die ehrliche (und somit in der Herstellung teurere) Produkte anbieten, erleiden dadurch einen Nachteil. Bei der Umfrage gaben nur vier Bundesländer (Bremen, Hessen, Niedersachsen und Thüringen) an, Produkttests zu Umwelteigenschaften bzw. Inhaltstoffen von energieverbrauchsrelevanten Produkten durchgeführt zu haben.
Die Wirksamkeit umweltrechtlicher Regelungen hängt maßgeblich von ihrem ordnungsgemäßen Vollzug ab. Mit der Verweigerung der untätigen Bundesländer, ihre Kontrollaufgaben nachzukommen, ermutigen sie Unternehmen zu Rechtsverstößen. Hinzu kommt, dass mit einer Marktüberwachung ohne Sanktionsdrohung kein Anreiz für Verbesserungen geschaffen wird. Vielmehr öffnet sie einer bewussten Irreführung der Verbraucher sowie Wettbewerbsverzerrungen die Tür.
"Der Verbraucher vertraut darauf, dass die Produkte, die in Deutschland vertrieben werden, die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, kauft sie und schädigt damit die Umwelt und seinen Geldbeutel" fasst Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz bei der DUH, zusammen. "Die Kennzeichnungsvorschriften dienen sowohl dem Klima- als auch dem Verbraucherschutz. Sie sollen nachhaltige Kaufentscheidungen des Verbrauchers ´in voller Sachkenntnis´ ermöglichen und ihn auf Produkte lenken, die bei ihrem Gebrauch am wenigsten Energie und andere Ressourcen verbrauchen," so Sauter weiter. Die Verbraucher seien die Leidtragenden einer unzureichenden Marktüberwachung, weil sie ihr Kaufverhalten nicht am tatsächlichen Energieverbrauch und der Umwelteigenschaft der Produkte ausrichten können.
Die DUH nimmt dies zum Anlass, im nächsten Jahr bei der Umfrage die inhaltlichen Kontrollen in den Vordergrund zu stellen und die Kriterien bei der Vergabe der Karten an die längst überfälligen Produkttests zu knüpfen.
Die klaffenden Lücken bei der staatlichen Marktüberwachung verzerren nach Meinung der DUH indirekt auch den Wettbewerb zwischen Unternehmen. Neuansiedelungen von Unternehmen könnten sich an der (Nicht-)Wahrnehmung der Kontrollaufgaben orientieren. Dadurch entstehen Kommunen und Landkreisen Nachteile, die sich um einen effektiven Klima- und Verbraucherschutz bemühen.
Die Ergebnisse der Umfrage sowie das Hintergrundpapier zum Thema "Marktüberwachung umweltbezogener Verbraucherschutzregelungen" finden Sie auch unter: http://l.duh.de/5h3xl#download
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de
Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz, Tel.: 07732 9995 11,
E-Mail: sauter@duh.de
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